Dividenden für Bauch und Gemüt

An rund 700 Generalversammlungen (GV) von Schweizer Aktiengesellschaften hat Hermann Struchen in den letzten 50 Jahren teilgenommen. Ganz genau kann er die Anlässe des vergangenen Jahres aufzählen. «21 waren es. Früher besuchte ich manchmal zwei an einem Tag», erzählt der 86-jährige Pensionär aus Zürich. «So komme ich in der ganzen Schweiz herum.»

GV-Redner

Vom Genfersee bei Nestlé nach Winterthur zu Rieter oder nach Schaffhausen zu Georg Fischer: Überall ist der ehemalige Kaufmann ein bekanntes Gesicht. Er scheut sich nämlich nicht, ans Mikrofon zu treten und nötigen-falls den Verwaltungsräten die Meinung zu sagen. Oft geht es dann um das Dividendenpaket. Dazu gehören für Hermann Struchen ein feines Essen, ein attraktives Rahmenprogramm und eine Tasche mit Naturalgaben.

Denn Unternehmen zahlen Dividenden nicht nur in Form von Geld aus. Einige setzen noch heute auf Naturaldividenden. Berühmt ist etwa der vier Kilogramm schwere Schokoladenkoffer von Lindt & Sprüngli. Allerdings muss tief in die Tasche greifen, wer in dessen Genuss kommen will. Eine Aktie des Konzerns aus Kilchberg kostet etwa 60 000 Franken. Aber auch die Valoren der Swatch Group (rund 320 Franken) sind beliebt. Für jeden Aktionär gibt es an der GV neben der Dividende (7.50 Franken) eine Swatch-Uhr im Wert von circa 100 Franken. Die Brauerei Falken dagegen tischt Ochsenmaulsalat à discrétion auf und schenkt Bier aus. Anschliessend folgen Aufschnitt und Käse, gegen Mitternacht heisse Würstli – und auf den Heimweg ein Sixpack Bier. Beliebt sind solche Zusatzvergütungen auch bei Bergbahnen und Institutionen wie dem Zoo Zürich.

Marketingmix

«Beim Investitionsentscheid sollte die Naturaldividende nicht im Vordergrund stehen», erklärt UBS-Analyst Stefan R. Meyer. Bei Grossaktionären wie Fonds und Pensionskassen haben sie ohnehin keine Bedeutung. Für Kleinaktionäre stellt eine vielseitige Dividendenpolitik aber einen Mehrwert dar. «Die Generalversammlung ist ein wertvolles Marketingtool. Sie hilft, Aktionäre zu begeistern, die an der langfristigen Entwicklung der Firma interessiert sind.» Früher waren Aktien mit attraktiven Naturaldividenden – im Jargon «Fressaktien» genannt – noch weiter verbreitet als heute.

Weniger Wein

Hermann Struchen bedauert, dass die Generalversammlungen an Bedeutung verlieren. Mancherorts werde man am Ausgang mit einer Tasche mit Softdrink und Sandwich abgefertigt. Wein ist nicht mehr selbstverständlich. «Es ärgert mich, dass Novartis keinen Apéro mehr offeriert. Das habe ich an der GV auch laut und deutlich ins Mikrofon gesagt», erinnert sich Struchen. Wie früher gehe es noch an der Generalversammlung bei der EMS-Chemie zu und her. «Das ist jeweils ein riesiges Fest.» Auch der Anlass bei Georg Fischer in Schaffhausen liegt hoch in seiner Gunst. Die Reise an den Rheinfall lohne sich allein schon wegen des «heissen Beinschinkens und der legendären Erdbeertorte». Und zum Schluss erhalten alle Aktionäre eine Tasche mit «feinen Schaffhauser Spezialitäten» auf den Heimweg.

Das Eierprinzip

Naturalgaben haben ihren Reiz. Die goldene Regel beim Anlegen bleibt aber: «Nicht alle Eier in denselben Korb legen». Wer in verschiedene Märkte, Branchen und Länder investiert, senkt die Risiken. Einfach geht das beispielsweise mit UBS Strategiefonds. Sie bilden die solide Basis eines Portfolios.

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