Sanierung von Immobilien Energetische Sanierungen: Minergie, GEAK oder GEAK Plus?
Als CEO von Minergie und GEAK kennt Andreas Meyer Primavesi die Stärken der Labels und sagt im Interview, was wichtig ist.
Wie für biologische Lebensmittel oder für den Stromverbrauch von Elektrogeräten gibt es auch für die Energieeffizienz von Gebäuden verschiedene Labels. Für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen haben in der Schweiz die Labels GEAK und GEAK Plus sowie Minergie die grösste Bedeutung. Als Einstieg in das Interview mit Andreas Meyer Primavesi, Geschäftsleiter des Vereins Minergie wie auch des Vereins GEAK, finden Sie hier eine Beschreibung der wichtigsten Labels.
GEAK – das Ampelsystem der Kantone
GEAK – das Ampelsystem der Kantone
Die Abkürzung GEAK steht für Gebäudeenergieausweis der Kantone. Er ist schweizweit einheitlich und bewertet die Qualität der Gebäudehülle sowie die Gesamtenergieeffizienz der Gebäudetechnik. Der GEAK bildet die Grundlage für Sanierungsentscheide und auch für einen allfälligen Antrag für Fördergelder. Ähnlich wie das Label für Elektrogeräte funktioniert der GEAK wie ein Ampelsystem und stuft Gebäude in eine von sieben Energieklassen ein: von A für hervorragende Wärmedämmung und hocheffiziente Gebäudetechnik bis G für Altbau ohne Dämmung und mit veralteter Gebäudetechnik.
Übersicht von GEAK A bis G (Gesamtenergieeffizienz)
Ein Gebäudeenergieausweis wird von einer GEAK-Expertin oder einem GEAK-Experten erstellt. Diese finden Sie auf der Website von GEAK – wie auch den folgenden Tipp: «Verlangen Sie von mehreren Experten eine unverbindliche Offerte.» Die meisten Kantone sowie einzelne Gemeinden beteiligen sich finanziell an der Erstellung des GEAK wie auch des GEAK Plus, vielfach beläuft sich die Subvention auf etwa die Hälfte der Kosten. Wichtig dabei: Förderbeiträge müssen immer vor Baubeginn beantragt werden.
GEAK Plus – ergänzt mit konkreten Handlungsempfehlungen
GEAK Plus – ergänzt mit konkreten Handlungsempfehlungen
Der GEAK Plus beinhaltet zudem einen Beratungsbericht mit zwei bis drei Varianten für die energetische Sanierung als Empfehlung. Da eine der Varianten eine Gesamterneuerung abbilden muss, ergänzen sich der GEAK Plus und die Minergie Systemerneuerungen optimal – mehr dazu im Interview.
Minergie – ein Qualitätslabel für Niedrigenergiehäuser
Minergie – ein Qualitätslabel für Niedrigenergiehäuser
Minergie ist der höchste Energiestandard in der Schweiz für Niedrigenergiehäuser und eine geschützte Marke für nachhaltiges Bauen. Das Label wird für Wohn- und Geschäftsgebäude vergeben, die aufgrund ihrer hohen Wärmedämmung und spezieller Bauweise keine mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizung benötigen (Ausnahme Fernwärme). Sie sind somit sehr energieeffizient. Je nach Kanton werden Minergie-Projekte entweder direkt finanziell unterstützt oder indirekt, etwa wie im Kanton Wallis, mit einer grösseren Ausnützungsziffer.
Sowohl für Neubauten als auch für Sanierungen bietet Minergie verschiedene Labels an. Anträge dafür können bei den regionalen Zertifizierungsstellen eingereicht werden. Die verschiedenen Labels wie auch die Zertifizierungsstellen sind auf der Website des Vereins MinergieKlicken Sie hier, um zur Website des Vereins Minergie zu gelangen. aufgeführt.
Weitere Labels im Überblick
Weitere Labels im Überblick
Relativ neu ist der Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz SNBS, den das Bundesamt für Energie 2016 veröffentlicht hat. Er ist interessant für Investoren, die Immobilien entwickeln und dabei nachhaltige Investitionen tätigen wollen. Ebenfalls relevant für Investoren, die energetisch nachhaltige Neubauprojekte suchen, sind das internationale Label LEED, das britische Label BREEAM und das DGNB Swiss von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen.
Minergie Systemerneuerung ist perfekt auf GEAK Plus abgestimmt
Minergie Systemerneuerung ist perfekt auf GEAK Plus abgestimmt
Zurück zu den beiden Labels, die für Einfamilienhäuser und Stockwerkeigentum in der Schweiz die grösste Bedeutung haben, zu GEAK und Minergie. Beide Labels werden von Vereinen getragen und beide Vereine werden seit 2020 von Andreas Meyer Primavesi geleitet. Dieser Umstand sorgt dafür, dass sich die Labels nicht unnötig konkurrenzieren. Und sie machen Meyer Primavesi zum geeigneten Interviewpartner für umweltfreundliche Sanierungen von Wohnbauten.
Herr Meyer Primavesi, wem empfehlen Sie, umweltfreundlich zu sanieren?
Herr Meyer Primavesi, wem empfehlen Sie, umweltfreundlich zu sanieren?
Ein heutiger Neubau erreicht bei der Gesamtenergieeffizienz die Klasse B des GEAK. Mit einer Gesamtsanierung eines bestehenden Gebäudes, zum Beispiel einem Fensterersatz kombiniert mit einer Dachsanierung inklusive Fotovoltaikanlage und einem Umstieg auf eine Wärmepumpe, landet man sicher in der Klasse C. Wenn man zumindest teilweise auch die Fassade dämmt, in der Klasse B. Wer also nicht mindestens in Klasse C ist, hat ein grosses ungenutztes Potenzial. Eine Mehrheit der bestehenden Schweizer Gebäude ist aber in den Klassen E, F und G. Schaffen wir es nicht, die meisten davon in den nächsten 10 bis 20 Jahren in die Klassen C und besser zu bringen, sind die Schweizer Energie- und Klimaziele nicht erreichbar.
Schaffen wir es nicht, die meisten bestehenden Gebäude in die Klassen C und besser zu bringen, sind die Schweizer Energie- und Klimaziele nicht erreichbar.
Die Mehrheit der Liegenschaftsbesitzenden sollte demnach eine umweltfreundliche Sanierung durchführen. Dabei gibt es verschiedene Optionen. Was ist eine «Minergie Systemerneuerung» und was ist der Unterschied zum Vorgehen mit GEAK Plus?
Die Mehrheit der Liegenschaftsbesitzenden sollte demnach eine umweltfreundliche Sanierung durchführen. Dabei gibt es verschiedene Optionen. Was ist eine «Minergie Systemerneuerung» und was ist der Unterschied zum Vorgehen mit GEAK Plus?
Die Minergie Systemerneuerung ist perfekt auf den GEAK Plus abgestimmt – in der Regel zeigt die GEAK-Expertin in einer Variante auf, welche Massnahmen für eine Minergie-Gesamtsanierung nötig sind. Man landet damit bei der Gesamtenergieeffizienz mindestens in der Klasse B, muss aber noch ein paar weitere Anforderungen erfüllen, um den Komfort und den Werterhalt sicherzustellen. Dazu gehört vor allem auch der Einbau einer einfachen Lüftungsanlage, der sogenannten Grundlüftung. Für die Hauseigentümerinnen respektive Hauseigentümer wertvoll ist sicherlich die mit der Minergie-Zertifizierung verbundene Qualitätssicherung in der Planung, der Ausführung und der Inbetriebsetzung. Meist baut man ja einmal im Leben, Bauen ist also für die meisten von uns Neuland.
Nur noch selten werde ich gefragt, ob man bei Öl oder Gas bleiben soll, das scheint langsam klar zu sein.
Was sind die häufigsten Fragen von Personen, die umweltfreundlich sanieren möchten?
Was sind die häufigsten Fragen von Personen, die umweltfreundlich sanieren möchten?
Welche Wärmepumpe soll ich wählen: Erdsonden oder Luft-Wasser? Was spricht für Erdsonden? Oder doch besser Holz als Energieträger, oder womöglich ein Fernwärmeanschluss? Nur noch selten werde ich gefragt, ob man bei Öl oder Gas bleiben soll, das scheint langsam klar zu sein. Oft wird auch gefragt, ob sich eine Fotovoltaikanlage wirklich lohnt, und wie gross sie sein sollte. Und ob man sich neben dem Fensterersatz auch an die Dämmung der Fassade wagen soll. Ich könnte keine der Fragen generell beantworten – dafür braucht es eine Fachperson, die sich das Objekt vor Ort anschaut und die finanziellen Möglichkeiten und Präferenzen der Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer abklärt.
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für die Schweiz, um den Gebäudepark umweltfreundlich zu machen?
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für die Schweiz, um den Gebäudepark umweltfreundlich zu machen?
Bei der Dämmung der Fassaden. Ich gehe davon aus, dass die fossilen Feuerungen nun relativ rasch flächendeckend ersetzt werden, der Ukrainekrieg hat da nochmals viel bewirkt. Auch der Fotovoltaik gebe ich viel Kredit, aus politischen Gründen und weil sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Fotovoltaikanlagen und die Einspeisung von Eigenstrom rasch verbessern.
Für die Effizienz von Wärmepumpen ist die Qualität der Gebäudehülle entscheidend.
Bei der Fassadendämmung sehe ich jedoch momentan nicht, dass sich rasch viel zum Besseren wendet. Da müssten die Rahmenbedingungen vom Staat nochmals attraktiver gestaltet werden. Wichtig wäre dies schon: Wenn wir die AKW abschalten, auf Elektromobilität umsteigen und fast alle fossilen Feuerungen durch Wärmepumpen ersetzen, haben wir im Winter ein Problem mit der Versorgungssicherheit. Und für die Effizienz von Wärmepumpen ist die Qualität der Gebäudehülle entscheidend.
Was müsste in Bezug auf den Schweizer Gebäudebestand passieren, damit die Klimaziele des Bundes erreicht werden können? Was kann jede einzelne Person dafür tun?
Was müsste in Bezug auf den Schweizer Gebäudebestand passieren, damit die Klimaziele des Bundes erreicht werden können? Was kann jede einzelne Person dafür tun?
Wir sind heute in der privilegierten Situation, dass alle für die Transformation des Gebäudebestands nötigen Technologien reif sind – das war vor 10 Jahren noch nicht so. Es braucht nun gleichzeitig den Staat, der die Rahmenbedingungen nochmals leicht verbessert – einzelne Kantone wie Basel-Stadt zeigen, wie das geht. Und auch ganz, ganz viele Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer, die ihre Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft wahrnehmen und ihr Haus endlich sanieren. Das Schöne ist: Es lohnt sich auch für jene, die investieren und in diesen Häusern leben!
Zum Interviewpartner
Zum Interviewpartner
Andreas Meyer Primavesi, dipl. Forstingenieur, befasst sich seit seinem MBA mit erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz von Gebäuden. Den Verein Minergie leitet er seit 2016 und zusätzlich den Verein GEAK seit 2020.
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