Sind die Kostenangaben in Offerten verbindlich?

Das Gesetz sieht für die Auftragsvergabe im Wesentlichen zwei Möglichkeiten vor: Bei der einen richtet sich die Abrechnung nach dem Wert der Arbeit, also nach Aufwand, nach Mengen und Flächen der Bodenbeläge, Wandanstriche usw. Bei dieser Variante ist der offerierte Preis nicht wirklich bindend, am Schluss rechnet der Unternehmer nach seinem effektiven Aufwand ab. In der Baubranche spricht man auch von «Regiearbeiten». Ist nichts anderes abgemacht, wird in der Regel nach dieser Methode abgerechnet – natürlich auf das Risiko hin, dass es am Ende teurer wird als angenommen. Die andere Variante lautet «feste Übernahme»: Die Offerte ist verbindlich, und der Unternehmer muss die Arbeit zum offerierten Preis ausführen.

Wie kann man sich gegen Mehrkosten absichern?

Wünscht der Bauherr einen fixen Pauschalpreis, muss er dies klipp und klar abmachen – am besten mit einer schriftlichen Bestätigung bzw. mit einem Vertrag. Dabei ist an alle Details zu denken: Material- und Wegkosten, Vorbereitungsarbeiten, Mehrwertsteuer usw. Hilfreich sind bei diesem Vorgehen Musterverträge für Handwerkeraufträge, etwa diejenigen des Hauseigentümerverbandes (HEV).

Klare Vertragsgrundlagen und detaillierte Beschreibungen von Leistungen bieten mehr Sicherheit und Klarheit als mündliche Abmachungen. Wichtig ist auch, dass der Bauherr seine Vertragspartner oder den Architekten über seinen finanziellen Spielraum orientiert: maximal tragbares Budget, mit der Bank abgesprochene Limiten usw.

Was ist bei der Offerte zu beachten?

Die Offerte sollte möglichst detailliert sein. Selbst bei kleineren Aufträgen lohnt es sich, vor der Auftragsvergabe eine Besichtigung vor Ort durchzuführen. So ist der Handwerker oder Unternehmer in der Lage, die besonderen Bedingungen richtig einzuschätzen. Ausserdem kann er nicht im Nachhinein geltend machen, dass wegen besonderer Umstände Zusatzaufwendungen nötig gewesen seien. Pavlo Stathakis, Rechtsanwalt beim Hauseigentümerverband Schweiz (HEV), hält dazu fest: «Üblich ist es, dass man mehrere Offerten einholt und einer der Handwerker danach den Zuschlag erhält.» Dabei empfiehlt er, eine schriftliche Auftragsbestätigung zu verfassen und darin die bestellten Leistungen und den Preis noch einmal festzuhalten.

Woher kommt die 10-Prozent-Regel?

In einem oft zitierten Leiturteil des Bundesgerichts (BGE 122 III 61) wurde ein Fall von gravierenden Kostenüberschreitungen von Handwerkern behandelt. Das Gericht kam zum Schluss, dass sich der Bauherr auf die Kostenschätzungen eines Architekten verlassen können muss. Akzeptabel ist demnach eine Toleranz in einer Grössenordnung von 10 Prozent. In der Praxis ist daher oft die Rede davon, dass Abweichungen in diesem Bereich toleriert werden müssen – es sei denn, der Bauherr hat klipp und klar etwas anderes oder eine Pauschale vereinbart. In den Normen des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) wird Architekten eine klar umschriebene Toleranzgrenze zugestanden: für Vorprojekte mit Kostenangabe eine Toleranz von +/- 20 Prozent, bei detailliert ausgearbeiteten Bau- oder Umbauprojekten +/- 10 Prozent.

Wo kann sich ein Hauseigentümer im Streitfall beraten lassen?

Eine erste Anlaufstelle sind die Rechtsberatungen der regionalen Sektionen des Hauseigentümerverbandes (HEV). Für Mitglieder sind Rechtsberatungen in einem gewissen Umfang kostenlos. Ausserdem kann man sich an andere Verbände und Organisationen, an unabhängige Bauherrenberater oder sonstige Experten wenden, die den Sachverhalt prüfen und je nachdem einen Kompromissvorschlag unterbreiten. Im Übrigen finden Bauherren bzw. Hauseigentümer auch über Fachverbände wie den Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverband (SIA), den Maler- und Gipserverband (SMGV) oder andere Verbände Experten, die solche Fälle prüfen und Lösungsvorschläge unterbreiten. Ab einer gewissen Streitsumme ist der Beizung eines Bauanwalts zu prüfen. Pavlo Stathakis vom HEV sagt dazu: «Entgegen einer weitverbreiteten Meinung lassen sich nicht immer Anwaltskosten sparen, indem der Anwalt möglichst spät beigezogen wird – sondern oftmals dadurch, dass der Anwalt möglichst früh als Vertrauensperson involviert wird.» Im Nachhinein betrachtet wäre es oft klüger gewesen, den Rat eines Anwalts schon zu Beginn der Verhandlungen und bei Vertragsabschluss einzuholen und nicht erst, wenn grössere Probleme auftauchen.

Darf ich Zahlungsrückbehalte machen, um etwas gegen den Unternehmer in der Hand zu haben?

Auch bei den Zahlungsmodalitäten gilt der Grundsatz, dass die vertraglich getroffenen Vereinbarungen einzuhalten sind. Oft ist es sinnvoll, sich mit seinen Baupartnern auf eine Finanzierung in mehreren Etappen zu einigen. Ist eine Etappe noch nicht fertiggestellt oder weist sie Mängel auf, kann auch die Teilzahlung bis zur Fertigstellung zurückbehalten werden. Den geleisteten Zahlungen sollten auf der Baustelle im selben Umfang fertiggestellte Arbeiten, Materiallieferungen oder ein sichtbarer Baufortschritt gegenüberstehen.

Kontaktieren Sie uns