Pandemie, Lieferengpässe und Energiesicherheit – die grossen Herausforderungen der letzten Jahre – haben 2023 deutlich an Bedeutung verloren. Das macht den Blick der Schweizer Unternehmen für zwei wichtige langfristige Herausforderungen frei: ihre Innovationsfähigkeit und den Arbeitskräftemangel. Zusammen mit dem Marktforschungsinstitut Intervista haben die Ökonomen des UBS Chief Investment Office Global Wealth Management (UBS CIO GWM) 2500 Firmen zu diesen beiden Themen befragt.

Fokus auf Mitarbeitende

Trotz der zahlreichen Herausforderungen konnten Schweizer Unternehmen ihre Innovationsfähigkeit in den letzten drei Jahren im Durchschnitt halten. Nur jede zehnte Firma sagt, gegenüber Wettbewerbern bei der Innovationsfähigkeit an Boden verloren zu haben, während jede Dritte diese weiter verbessern konnte.

Zentral bei der Stärkung der Innovationsfähigkeit sind einerseits die Kooperation mit Kunden sowie anderen Unternehmen und andererseits die Mitarbeitenden. Fast zwei Drittel der Unternehmen wollen ihre Innovationsfähigkeit durch deren Aus- und Weiterbildung stärken, die Hälfte der Firmen durch neue Formen der Zusammenarbeit, z.B. das «agile Arbeiten».

Arbeitnehmende leiden unter Arbeitskräftemangel

Die Umfrage belegt, dass die Schweizer Wirtschaft über alle Branchen und Firmengrössen hinweg mit einem ausgeprägten Arbeitskräftemangel konfrontiert ist. Nur ein Viertel der befragten Unternehmen kann offene Positionen problemlos füllen; bei 22 Prozent ist das nur mit Abstrichen bei der Qualifikation möglich. Mehr als die Hälfte der Firmen bekunden Mühe, offene Positionen zu besetzen oder sind dazu gar nicht in der Lage.

Die Hälfte der Firmen gibt an, dass der Arbeitskräftemangel zu einer Überlastung ihrer Mitarbeitenden führt. «Dieses Umfrageergebnis alarmiert. Wenn die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden abnimmt, leidet darunter die Innovationsfähigkeit der Firmen», befürchtet Alessandro Bee, Ökonom bei UBS CIO GWM.

Der Arbeitskräftemangel dürfte sich in den Augen der befragten Unternehmen weiter zuspitzen. Fast 40 Prozent der Firmen erwarten, dass sie sich in den kommenden fünf bis zehn Jahren mit einem noch stärkeren Mangel an Arbeitskräften konfrontiert, sehen werden als heute. Lediglich 16 Prozent sehen eine Entlastung.

Unternehmen setzen auf Ältere und Teilzeitarbeitende

Bei den Gegenmassnahmen hat die bessere Ausnutzung des eigenen Arbeitnehmenden-Potenzials die grösste Priorität. Die Hälfte der Firmen setzt darauf, die Attraktivität des Unternehmens für Arbeitnehmende zu steigern. Ebenfalls will fast die Hälfte der Firmen ältere Arbeitnehmende länger im Arbeitsprozess halten und gut ein Drittel möchte ein Umfeld schaffen, das Teilzeitarbeitenden eine Erhöhung ihrer Pensen ermöglicht.

Angesichts der heute starken Zuwanderung wird von den Unternehmen erstaunlich selten die Möglichkeit erwähnt, vermehrt auf ausländische Arbeitskräfte zurückzugreifen. Nur 15 Prozent nennen eine stärkere Rekrutierung im Ausland als Möglichkeit.

Konjunkturrisiken lichten sich

Nach dem Ende der Pandemiemassnahmen dürfte China die globale Wirtschaft unterstützen. Gleichzeitig sind Versorgungsschwierigkeiten im Energiebereich in Europa unwahrscheinlich geworden. Belastet wird die globale Wirtschaft jedoch von den Auswirkungen des starken Zinsanstiegs der US-Notenbank. Daniel Kalt, Chefökonom UBS Schweiz, rechnet deshalb mit einem unterdurchschnittlichen Wachstum der Schweizer Wirtschaft in diesem Jahr und erst im Verlauf des nächsten Jahres wieder mit einer deutlichen Erholung (Prognosen BIP 2023: 0,8%, 2024: 1,3%; Inflationsprognosen 2023: 2,5%, 2024: 1,7%).

Die Gesamtinflation hat in der Schweiz den Zenit überschritten. Die Kerninflation zeigt sich hingegen hartnäckiger als erwartet. Aus diesem Grund dürfte die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihren Leitzins nochmals anheben – auf 1,75 Prozent im Juni. Die UBS-Ökonomen erwarten letztendlich aber nur moderate Zweitrundeneffekte, sodass die SNB ihren Leitzins in der zweiten Jahreshälfte konstant lassen dürfte.

Der Franken dürfte weiterhin zur Stärke neigen, profitiert er doch immer noch davon, dass die deutlich höhere Inflation in der Eurozone und in den USA dem Franken Aufwertungspotenzial beschert haben. Potenzial hat der Franken vor allem gegenüber dem US-Dollar (USDCHF-Prognose in 12 Monaten: 0.84), aber kaum mehr gegenüber dem Euro (EURCHF-Prognose in 12 Monaten: 0.97).

 

UBS Switzerland AG

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