Zürich, 9. November 2021 – Der Franken ist für Schweizer Unternehmen zentral. Das Herunter- und später Herauffahren der Weltwirtschaft hat den Einfluss des Schweizer Frankens seit März 2020 aber in den Hintergrund gedrängt. Je weniger die Pandemie das öffentliche Leben und die globale Wirtschaft behindert, umso mehr dürfte die Währungsentwicklung wieder an Interesse gewinnen.

UBS hat zusammen mit dem Marktforschungsinstitut Intervista rund 800 aussenhandelsorientierte Unternehmen nach ihren Einschätzungen zu Konjunktur und Risiken sowie was dies für die Währungen im Jahr 2022 bedeutet, befragt.

Produktions- und Lieferketten-Engpässe grösstes Konjunkturrisiko vor Coronamassnahmen

Über 60 Prozent der Firmen erwarten, dass das Weltwirtschaftswachstum in den nächsten zwölf Monaten im langjährigen Durchschnitt oder leicht darüber liegen wird. Gleichzeitig ist bei den Firmen Vorsicht zu spüren. Nur 3 Prozent rechnen für das nächste Jahr nicht mit bedeutenden Konjunkturrisiken. Fast 70 Prozent der Firmen sehen die Engpässe in den globalen Produktions- und Lieferketten als bedeutendes Konjunkturrisiko. Die Rückkehr von strikten Coronamassnahmen folgt an zweiter Stelle mit fast 60 Prozent. Die Sorge vor einer beständig hohen Inflation ist deutlich weniger ausgeprägt (36 Prozent). Die französischen Wahlen, ein wichtiger Währungstreiber 2017, sind kaum ein Thema (9 Prozent).

«Obschon es verfrüht ist Entwarnung zu geben, ist die Mehrheit der Schweizer Unternehmen erfreulich gut durch die Pandemie gekommen. Der Digitalisierungsschub, den die Unternehmen in der Krise erfahren haben, stärkt ihre Konkurrenzfähigkeit im Vergleich zum internationalen Umfeld und stimmt zuversichtlich, dass sie auch die bevorstehenden Konjunkturrisken meistern», sagt Andy Kollegger, Leiter Corporate & Institutional Clients International bei UBS.

Keine Stagflation

Die Einschätzungen der Unternehmen decken sich mit dem Konjunkturausblick von UBS. Diese prognostiziert eine Fortsetzung der positiven Dynamik weltweit. In der Schweiz erwarten die UBS-Ökonomen ein Wirtschaftswachstum von 3,1 Prozent sowohl für dieses als auch für das nächste Jahr. Im Jahr 2023 dürfte die Produktionslücke wieder geschlossen sein und die Schweizer Wirtschaft mit 1,7 Prozent nahe am langfristigen Potenzial wachsen.

«Das Risiko, dass Produktions- und Lieferketten-Engpässe die Erholung zum Erliegen bringen, ist überschaubar», so UBS-Ökonom Alessandro Bee. Diese Engpässe sind auf den starken Nachholkonsum oder zeitweise Störungen in den Lieferketten zurückzuführen, aber kaum auf eine nachhaltige Beschädigung des globalen Produktionspotenzials. Eine mögliche Abschwächung der heutigen Konjunkturdynamik dürfte lediglich das Wachstum ins 2022 verschieben.

Die angesprochenen Engpässe haben zu einem deutlichen Anstieg der Inflation geführt. Damit dieser längerfristig anhält, muss er von importierten Gütern und Rohstoffen auf Dienstleistungen und Löhne übergreifen. Die UBS-Lohnumfrage 2022 zeigt, dass Unternehmen im Moment nicht bereit sind, die Löhne mehr als 0,8 Prozent anzuheben. Somit ist eine Lohn-Preis-Spirale unwahrscheinlich, weshalb die Inflation im Verlauf des nächsten Jahres wieder abklingen und dann auf einem moderaten Niveau bleiben dürfte. UBS sieht die Schweizer Inflation 2021 bei 0,6 Prozent, 2022 bei 0,7 Prozent und 2023 bei 0,6 Prozent.

Geldpolitik orientiert sich am Vor-Corona-Zustand

Auch wenn sich Inflationsrisiken nicht realisieren, dürften die Zentralbanken ihre Geldpolitik wieder am Vor-Corona-Zustand orientieren, sprich normalisieren. Für die US-Notenbank bedeutet das den Rückbau der Anleihenkäufe und später Leitzinserhöhungen. Die Europäische Zentralbank (EZB) und in ihrem Windschatten die Schweizerische Nationalbank dürften hingegen ihre Negativzinspolitik fortsetzen.

Diese geldpolitische Divergenz unterstützt den US-Dollar gegenüber dem Schweizer Franken in der kurzen Frist. In der langen Frist begünstigt allerdings die heute deutlich höhere Inflation in den USA im Vergleich zur Schweiz eine Abwertung des Dollars. Der Euro kann als zyklische Währung gegenüber dem Franken von der Konjunkturerholung profitieren. Allerdings dürfte die EZB auch 2022 mit signifikanten Anleihenkäufen fortfahren, was den Euro belastet. Als Resultat dieser zwei gegensätzlichen Kräfte erwartet UBS eine Seitwärtsbewegung des EURCHF-Wechselkurses in der aktuellen Bandbreite.

Viele Unternehmen sehen Franken langfristig stärker

Auch die aussenhandelsorientierten Schweizer Unternehmen erwarten 2022 einen stabilen Franken gegenüber dem Euro mit einer leichten Tendenz zur Schwäche. Fast die Hälfte der Umfrageteilnehmer sehen den EURCHF-Wechselkurs Ende 2022 zwischen 1.05 und 1.10, rund 30 Prozent über 1.10. Ende 2024 rechnen aber fast 40 Prozent damit, dass der Franken unter die 1.05er-Marke fällt. Diese Erwartungshaltung der Firmen stellt die auf eine Vermeidung eines noch stärkeren Frankens fokussierte SNB-Geldpolitik vor Herausforderungen.

Den USDCHF-Wechselkurs sehen die Umfrageteilnehmer weiterhin in der momentanen Bandbreite von 0.90 bis 0.95, eine Mehrheit rechnet auch Ende 2024 mit einem Wechselkurs von über 0.90. Die von den UBS-Ökonomen erwartete Dynamik im USDCHF-Wechselkurs wird von den Umfrageteilnehmern nicht geteilt.

UBS Switzerland AG

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