Alimente: Das Thema im Überblick
Alimente: Unterhaltszahlungen dienen der finanziellen Absicherung des Ehepartners oder Kindes im Falle einer Scheidung.
  • In der Schweiz wird zwischen Unterhaltszahlungen an Ehegatten und Kinder unterschieden. Kinder haben dabei bis zum vollendeten 18. Altersjahr oder bis zur Beendigung einer angemessenen Ausbildung Anrecht auf elterlichen Unterhalt, während frühere Ehegatten lediglich bei lebensprägenden Ehen eine Unterhaltsforderung stellen können. Dies entscheiden Gerichte im Einzelfall.
  • Das Bundesgericht hat mit einigen Grundsatzurteilen in den Jahren 2020 und 2021 wichtige Fragen zum Unterhaltsrecht geklärt und teilweise die bisherige Praxis geändert: Nicht mehr automatisch lebensprägend ist eine Ehe, wenn gemeinsame Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind, die Ehe mehr als zehn Jahre dauerte oder ein nicht erwerbstätiger Ehegatte das 45. Altersjahr erreicht.
  • Kinderalimente setzen sich aus Bar- und Betreuungsunterhalt zusammen. Dabei gilt, dass derjenige Elternteil, der das Kind persönlich betreut, den Unterhaltsanteil in Form von «Naturalunterhalt» leisten kann, während der andere Elternteil entsprechend einen grösseren Anteil oder gar den ganzen Barunterhalt deckt.

«Die Ehe ist für Frauen keine Lebensversicherung mehr» – titelten Schweizer Medien im Frühjahr 2021, womit sie Bezug auf jüngste Bundesgerichtsentscheide über den nachehelichen Unterhalt an geschiedene Ehepartner nahmen.

Unterhaltszahlungen, sogenannte Alimente, dienen der finanziellen Absicherung des Ehepartners oder Kindes im Falle einer Scheidung. Wann besteht ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, wann ein Unterhaltsanspruch für Kinder? Wie hoch ist ein allfälliger Anspruch und wie beeinflussen die jüngsten Urteile des Bundesgerichts den Unterhaltsanspruch für die Ehegattin oder den Ehegatten? 

Dieser Artikel widmet sich genau diesen Fragen.

Ehegattenunterhalt: Wer zahlt wem nach der Scheidung Alimente?

Grundsätzlich gilt das Primat der Eigenversorgung. Das bedeutet, dass Ehegatten nach der Scheidung grundsätzlich selbst für ihren Unterhalt aufzukommen haben. Dennoch kann in lebensprägenden Ehen nachehelicher Unterhalt geschuldet sein.

Doch was bedeutet lebensprägend? Nach der neuen Rechtsprechung kann eine lebensprägende Ehe unter anderem dann vorliegen, wenn jemand während der Ehe wegen Kinderbetreuung oder des Führens des gemeinsamen Haushalts nicht mehr finanziell selbstständig sein konnte und es dieser Person nach der Scheidung nicht möglich ist, selbst für ihr Einkommen oder eine angemessene Altersvorsorge aufzukommen – sei es wegen fortlaufender Kinderbetreuung oder wegen zu langem Fernbleiben vom Arbeitsmarkt. Vor dem Hintergrund der konkreten Umstände des Einzelfalls prüft sodann das zuständige Gericht, ob ein nachehelicher Unterhalt geschuldet ist.

Was waren die Kriterien für eine lebensprägende Ehe bisher?

Vor der jüngsten Praxisänderung des Bundesgerichts zum Unterhaltsrecht wurde die Frage, ob eine Ehe lebensprägend ist, nach den folgenden Grundsätzen beantwortet:

  • Sofern eine Person während der Ehe nicht berufstätig, sondern abhängig vom Einkommen der Ehepartnerin oder des Ehepartners war, und bei der Scheidung das 45. Alterjahr erreicht hatte, wurde dieser Person der Wiedereinstig ins Erwerbsleben nicht zugemutet und sie hatte entsprechend Anspruch auf nachehelichen Unterhalt.
  • Dauerte die Ehe über zehn Jahre oder gingen aus der Ehe gemeinsame Kinder hervor (unabhängig von der Dauer der Ehe), wurde ein Anspruch auf Beibehaltung des bisherigen ehelichen Lebensstandards bejaht.

Eine schweizweite einheitliche Berechnungsmethode für die Höhe von Unterhaltsbeiträgen gab es bisher nicht – sie war teilweise auch von kantonalen Gegebenheiten beeinflusst.

Was hat sich seit November 2020 in Bezug auf Ehegattenunterhalt geändert?

Einige aufeinanderfolgende Urteile des Bundesgerichts sollen – wie eingangs erwähnt – eine neue und zeitgemässere Ära im Familienrecht einläuten. Geschiedene Ehepartner oder Ehepartnerinnen müssen damit verstärkt selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen.
Auch wenn nach wie vor im Einzelfall entschieden wird, hat das Bundesgericht präzisiert, dass eine Lebensprägung der Ehe, wie sie bis anhin gehandhabt wurde, nur noch zurückhaltend bejaht werden kann. Dies wurde entschieden:

  • Die sogenannte «45er-Regel» erfährt einen Bedeutungswandel. Gemäss Rechtsprechung kann im Grundsatz neu davon ausgegangen werden, dass die Aufnahme oder Ausdehnung der Erwerbstätigkeit auch bei über 45-jährigen Eheleuten noch zumutbar ist.
  • Eine Ehedauer von zehn Jahren und mehr ist nicht mehr automatisch lebensprägend.
  • Das Vorhandensein eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder wird ebenfalls nicht mehr als automatisch lebensprägend qualifiziert.

Eine Ehe kann nach neuer Rechtsprechung als lebensprägend beurteilt werden, wenn ein Ehegatte seine finanzielle Selbstständigkeit aufgegeben hat, um den Haushalt zu besorgen und Kinder zu betreuen, und es ihm nicht mehr möglich ist, in seine frühere berufliche Stellung zurückzukehren. Aber selbst dann wird die Dauer der Unterhaltszahlung angemessen zeitlich befristet, und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit kann selbst in fortgeschrittenem Alter noch zumutbar sein.


Auf einen Blick: Kriterien einer lebensprägenden Ehe vor und nach 2020

Handhabung bis November 2020

  • «45er-Regel»
  • Gemeinsame Kinder
  • Ehe dauert über zehn Jahre

Neue Handhabung nach November 2020

  • Keine strikte «45er-Regel»
  • Keine automatische Lebensprägung durch gemeinsame Kinder
  • Keine automatische Lebensprägung ab zehn Jahre Ehe

Neue Definition von «lebensprägender Ehe»

Lebensprägend ist eine Ehe, wenn ein Ehegatte für die Kinderbetreuung oder Haushalt seine finanzielelle Selbstständigkeite aufgegeben hat und nach der Scheidung nicht mehr in seine frühere berufliche Stellung zurückkehren kann.


Für die Berechnung der Unterhaltsleistungen wird die sogenannte zweistufige Methode mit Überschussverteilung angewendet. Das heisst, es wird zunächst das Gesamteinkommen der Ehegatten ermittelt und anschliessend der Bedarf von allen Betroffenen festgelegt. Dies führt zu einer schweizweiten Vereinheitlichung der Unterhaltsberechnung. Relevant sind dabei einerseits die finanziellen Verhältnisse und andererseits die finanziellen Bedürfnisse.

Kindesunterhalt: Welche Rechte auf Alimente hat das Kind?

Kinder besitzen grundsätzlich ein Recht auf Unterhalt, unabhängig vom Zivilstand der Eltern. Bis zur Volljährigkeit oder bis zum Abschluss der Erstausbildung, welche den Einstieg ins Erwerbsleben ermöglicht, steht ihnen Unterhalt der Eltern zu.

Lassen sich Eltern scheiden, taucht die Frage auf, wer für den Unterhalt der Kinder zu welchen Anteilen aufkommt und wie hoch die Zahlungen sind.

Wie werden Kinderalimente in der Schweiz berechnet und wer zahlt sie?

Der Kindesunterhalt wird vom Gericht bestimmt und setzt sich aus dem sogenannten Barunterhalt und dem Betreuungsunterhalt zusammen.

  • Der Barunterhalt deckt dabei die Grundkosten des Kindes. Zum Barunterhalt zählen alle Grundbedürfnisse (z.B. Lebensmittel, Kleidung und Ausbildung). Dabei gilt, dass derjenige Elternteil, der das Kind persönlich betreut, den Unterhaltsanteil in Form von «Naturalunterhalt» leisten kann, während der andere Elternteil entsprechend einen grösseren Anteil oder gar den ganzen Barunterhalt deckt.
  • Der Betreuungsunterhalt gleicht den entgangenen Verdienst des persönlich betreuenden Elternteils aus. Dieser Anspruch besteht allerdings nur, wenn die Erwerbstätigkeit während der normalen Arbeitszeit eingeschränkt wird. Wenn die Kinder also während den täglichen Arbeitszeiten zur Schule gehen, ist die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht eingeschränkt und es besteht kein oder nur teilweiser Anspruch auf Ausgleichszahlungen.

Bei der Berechnung des Kindesunterhalts kann zudem der Lebensstandard des zahlungspflichtigen Elternteils eine Rolle spielen. Bei einem hohen Einkommen sowie Lebensstandard kann sich in der Einzelfallbeurteilung der Betrag der Unterhaltszahlungen erhöhen

Setzen Sie sich frühzeitig mit Ihrer Finanzplanung auseinander – um auch für Unvorhergesehenes gerüstet zu sein

Niemand möchte bei der Ehe oder der Familienplanung an Themen wie Unterhaltszahlungen denken. Doch insbesondere die jüngsten Bundesgerichtsentscheide zum Unterhaltsrecht unterstreichen die Wichtigkeit, die Finanzen in die eigenen Hände zu nehmen und sich mit der langfristigen Finanzplanung zu beschäftigen. Dabei lohnt es, sich auch mit emotional schwierigen Aspekten auseinanderzusetzen – zum Beispiel mit einer Trennung oder einem Todesfall.

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