Lawrence R. Klein

Nobelpreis 1980 | Ökonometrische Modellierung: Wie lassen sich zukünftige Trends in der globalen Wirtschaft vorhersagen?

Lawrence Klein erschien genau zu der Zeit auf der Bildfläche, als statistische und mathematische Methoden in den Wirtschaftswissenschaften Einzug hielten, und wurde schnell zu einer führenden Figur im Bereich der Ökonometrie. Er hatte die Not während der Weltwirtschaftskrise erlebt und war begierig, mehr über das Wesen solcher Krisen erfahren. Im Laufe seiner Karriere erschuf er Modelle, die konjunkturelle Entwicklungen akkurat vorhersagen können, und zwar nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt. Als internationale Angelegenheiten noch vom Kalten Krieg dominiert waren, sprach Klein mit Wissenschaftlern in sozialistischen Ländern, um herauszufinden, wie die wichtigen Fragen der Weltwirtschaft angegangen werden könnten.

Paul A. Samuelson

Lawrence R. Klein

Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften, 1980

Auf einen Blick

Geboren: 1920, Omaha, Nebraska, USA

Gestorben: 2013, Gladwyne, Pennsylvania, USA

Fachgebiet: Makroökonomie

Ausgezeichnetes Werk: Die Konstruktion ökonometrischer Modelle und deren Anwendung auf die Analyse von konjunkturellen Schwankungen und auf die Wirtschaftspolitik

Hello Mr. President: Koordinierte 1976 Jimmy Carters Arbeitsgruppe zur Wirtschaftsförderung, schlug jedoch dessen Bitte aus, der Regierung beizutreten

Ganz und gar nicht amerikanisch: Während der McCarthy-Ära wurde Klein eine Festanstellung an der University of Michigan verwehrt, weil er kurzzeitig Mitglied der Kommunistischen Partei gewesen war

Das Verlangen, die Welt zu verstehen

In den 1930er Jahren war Klein einer von vielen Amerikanern, die Wirtschaftswissenschaften studierten, um die Ursachen der Weltwirtschaftskrise zu ergründen. «Ich wollte verstehen, warum es derart grosse Probleme in der Welt gab», erklärte er. «Ich konnte die Puzzleteile der Verbindung zwischen Mathematik und Wirtschaft auf sehr einfache Weise zusammenfügen.»

Wie lassen sich Konjunkturbewegungen analysieren?

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Als er 1942 seinen ersten Abschluss von der University of California in der Tasche hatte, begann Klein sich auf das noch junge Forschungsfeld der Ökonometrie zu spezialisieren. Er wollte die Wirtschaftswissenschaften in einer Art und Weise praktizieren, die bei der Lösung realer Probleme hilft. Also fing er an, konjunkturelle Schwankungen zu untersuchen, um herauszufinden, wie die Makroökonomie als Ganzes funktioniert.

Wie lassen sich «Was-wäre-wenn»-Fragen in der Ökonomie beantworten?

Über ein komplexes Land mit mehreren Millionen Einwohnern kann man natürlich nicht alles wissen. Also muss man Annahmen treffen.

Genau das hat Klein mit den von ihm entwickelten Modellen versucht. «Es gibt darin Gleichungssysteme und wir finden Preise und Zinssätze, die diese Gleichungen erfüllen», sagte er. «Wir berücksichtigen die Restriktionen von Aufsichtsbehörden und wir versuchen, den Wachstumspfad der Wirtschaft vorherzusagen.»

Mit seinen Modellen hat Klein nicht nur Wege gefunden, eine Volkswirtschaft abzubilden. Er konnte damit auch Vorhersagen treffen, wie sich zukünftige politische Veränderungen, beispielsweise in der Geld- und Finanzpolitik oder der internationalen Handelspolitik, auswirken würden. «Dabei gibt es unvermeidlich einige ungeklärte Aspekte, und unser Ziel besteht darin, diese Aspekte so beliebig wie möglich zu machen,» sagte er. «So können wir untersuchen, wie die Wirtschaft wohl aussehen würde, wenn sie von zufälligen Ereignissen oder Fehleinschätzungen betroffen wäre.»

Mit ökonometrischen Prognosemodellen konventionelle Überzeugungen in Frage stellen

Während die USA noch im Zweiten Weltkrieg kämpften, wurde Klein gebeten, die wirtschaftliche Situation des Landes in der Zeit danach zu modellieren. Die Leute glaubten, die Wirtschaft würde in eine Depression abrutschen. Klein und sein Forschungsteam an der University of Chicago konnten anhand ihrer Modelle jedoch zeigen, dass dies nicht passieren würde, da eine grosse Konsumgüternachfrage herrschte, die aufgrund des Krieges unbefriedigt geblieben war. Und die heimkehrenden Soldaten würden die Nachfrage zusätzlich erhöhen.

«Wir kamen zu dem Ergebnis, dass die Wirtschaft ziemlich stark sein würde», sagte Klein. «Es würde eine gute Grundlage geben, um die aufgestaute Nachfrage der Konsumenten zu befriedigen.» Kleins Prognosen waren korrekt und das war nicht das einzige Mal, dass er die Genauigkeit ökonometrischer Modelle nachweisen konnte. Auch Kleins Vorhersagen zur Wirtschaftslage nach dem Korea- und dem Vietnamkrieg trafen zu.

Die Menschen befürchteten, dass es nach der Friedensvereinbarung wieder zu einer Rezession wie in den 1930er Jahren kommen würde. Doch mithilfe unserer Modelle konnten wir aufzeigen, dass es nicht zu einem solchen Rückschlag kommen würde.

Wie kann eine Volkswirtschaft die Gesamtnachfrage aufrechterhalten?

Klein hat seine Position in der Wissenschaft nie aufgegeben, trotz eines von Jimmy Carter angebotenen Postens, nachdem dieser 1977 die Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte. Allerdings äusserte er sich immer wieder zur Politik. Als die Umstellung von militärischer auf zivile Produktion noch ein heiss diskutiertes Thema war, erklärte er öffentlich, dass die Nachfrage im Land aufrechterhalten werden könnte, wenn die Regierung eine vernünftige Wirtschaftspolitik verfolgen würde.

Länder der Erde, legt eure Waffen nieder…

«Militärgüter sind nicht dazu bestimmt, zukünftige Einkünfte zu generieren», erklärte er. Klein war sich sicher, dass weder die NATO-Staaten noch die Bündnisländer des Warschauer Pakts unter der Umstellung auf die Zivilproduktion zu leiden hätten, und dass auch die Arbeitslosigkeit nicht ansteigen würde, wenn man dem Wandel ein paar Jahre Zeit gäbe. Er stützte seine Annahmen auf seine eigenen internationalen Modellrechnungen.

Automatisierung der vormals von Hand durchgeführten Berechnungen

Als Klein mit seiner Arbeit begann, wurde die Analyse umfangreicher Daten noch mühsam per Hand durchgeführt – bis in die 1950er Jahre hinein, als die Prozesse durch den Einsatz von Maschinen automatisiert wurden.

«Heute wiederholen wir unsere Berechnungen mehrmals am Tag, innerhalb weniger Minuten, das geht sehr schnell», sagte er. «Computer haben uns in die Lage versetzt, die Möglichkeiten des Wirtschaftslebens mit wesentlich grösserer Detailgenauigkeit und über ein viel breiteres Spektrum zu erforschen.»

Wie Computer die Wirtschaftswissenschaften für immer verändert haben

Unter Einsatz neuer Technologien konstruierte Klein sein sogenanntes Wharton-Modell, welches primär der Erstellung ökonometrischer Prognosen für die US-Wirtschaft diente. Das Modell enthielt über 1000 Gleichungen zur Vorhersage von Konjunkturschwankungen sowie von wirtschaftlichen Bedingungen und untersuchte die Auswirkungen von Änderungen bei der Besteuerung und im Bereich der öffentlichen Ausgaben.

Wie beeinflussen sich Volkswirtschaften gegenseitig?

«Ich verlagerte meinen Fokus von der rein nationalen hin zu einer internationalen Betrachtung», erklärte er. «Amerika galt damals als in sich geschlossene Volkswirtschaft, doch gegen Ende der 1960er Jahre öffnete sich das Land zusehends.» Klein erkannte, dass er die US-Wirtschaft nicht wirklich ohne eine sehr sorgfältige Analyse der Weltwirtschaft untersuchen konnte.

Er beteiligte sich an LINK, einem gegen Ende der 1960er Jahre gestarteten internationalen Forschungsprojekt. Unter Kleins Führung konnte das Projekt durch die Koordination der Forschungsarbeit in verschiedenen Ländern auf der ganzen Welt das erste globale ökonometrische Modell überhaupt entwickeln. Die Wissenschaftler hofften, dass die Abstimmung untereinander ihnen dabei helfen würde, herauszufinden, welchen Einfluss die wirtschaftlichen Veränderungen in einem Land auf andere Länder haben würden. Heute wird LINK von den Vereinten Nationen verwaltet und umfasst nahezu 80 Nationen.

Ein Modell zentraler Planwirtschaften

LINK war ein gutes Beispiel dafür, wie Klein sich für den internationalen akademischen Dialog einsetzte. Obwohl er dafür kritisiert wurde, Zeit und Mühe für die sozialistischen Länder aufzuwenden, knüpfte er Kontakte zu Ökonometrikern in Polen, der Tschechoslowakei sowie China und begann, Modellrechnungen für zentrale Planwirtschaften zu erstellen.

Als China in den 1970er Jahren Massnahmen zur Reformierung der Wirtschaft einführte, tauschte sich Klein mit seinen chinesischen Kollegen darüber aus, wie sich das Wirtschaftswachstum fördern liesse. Er nutzte seine ökonometrischen Modelle auch für die Analyse der Volkswirtschaften von Mexiko, Japan und Israel. Der internationale Fokus seiner Forschung war mit regelmässigen Reisen verbunden, was ihm die Möglichkeit gab, die Welt zu sehen.

Warum ein Ökonom nicht davon ausgehen kann, immer richtig zu liegen

Wenngleich sich seine ökonometrischen Prognosemodelle als erfolgreich erwiesen hatten, räumte Klein ein, dass durchaus erhebliches Verbesserungspotenzial bestand. Als die Verarbeitung von Daten einfacher wurde, fing er an, sich mit Hochfrequenz-Prognosen zu beschäftigen. Ihm war allerdings bewusst, dass die Vorhersagen der Ökonometriker niemals perfekt sein würden.

Dank schneller Computer können wir sehr rasch Vorhersagen treffen und die fortschreitende Situation weiterverfolgen.

«Es gibt so viele ‹Störgeräusche› in der globalen Wirtschaftswelt. Da können Ökonomen wissenschaftlich gesehen gar nicht erwarten, in mehr als zwei Dritteln der Fälle richtig zu liegen, wenn sie es mit menschlichem Verhalten zu tun haben», sagt er. «Wir sind alle Teil eines Systems der Wahrscheinlichkeit und des Irrtums.»

Lässt sich die zukünftige Entwicklung der Makroökonomie vorhersagen?

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Klein erhielt 1980 den Nobelpreis für seine ökonometrischen Modelle und deren Fähigkeit, globale Wirtschaftstrends vorherzusagen. Das Nobelkomitee betonte, dass Klein die Forschung in Bezug auf Prognosemodelle wie niemand sonst inspiriert hat und sagte in Anerkennung dessen:

Wenige Forscher in dem empirischen Bereich der Wirtschaftswissenschaften hatten, wenn überhaupt, so viele Nachfolger und einen solchen Einfluss wie Lawrence Klein.

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