Die Pensionierung bringt grosse Herausforderungen mit sich, wie schon Heinrich Lohse, alias Loriot, in der Komödie «Pappa ante Portas» erfahren musste: «Entschuldige, das ist mein erster Ruhestand. Ich übe noch», sagt der frisch pensionierte Lohse zu seiner entnervten Ehefrau. Zeit zum Üben gibt es leider nicht, wenn es um die finanzielle Sicherheit im Alter geht. Einen Ruhestand ohne finanzielle Sorgen erreicht man am besten durch rechtzeitige und gründliche Planung.
Standortbestimmung mit 55
Standortbestimmung mit 55
Spätestens im Alter von 55 Jahren sollte eine Standortbestimmung gemacht werden. Dazu gehört auch das Erstellen eines Budgets. Fixe Einnahmen aus Renten, Wertpapieranlagen, Immobilien oder einem Nebenerwerb werden den Ausgaben gegenübergestellt. Gibt es eine Differenz, muss diese durch den Verzehr des Vermögens gedeckt werden. Je kleiner die Differenz ist, desto mehr Liquidität können Senioren aus der Pensionskasse nehmen.
Bei der Bestimmung des Budgets für die Zeit nach der Pensionierung sollten Anleger von den gleichen Ausgaben wie zur Zeit der Erwerbstätigkeit ausgehen – so lautet die Faustregel, die Damian Gliott, Mitgründer der Vermögensverwaltung Vermögens-Partner, anwendet. Seine Erfahrungen in der Praxis haben bestätigt, dass dieses Vorgehen sinnvoll ist. Zwar fällt mit dem Eintritt in den Ruhestand ein Teil der Kosten weg, doch erfahrungsgemäss gleicht sich dieser Wegfall durch höhere Ausgaben an anderer Stelle wieder aus. So haben Pensionisten beispielsweise mehr Zeit für Reisen. Zwar nimmt zum Beispiel die Steuerlast nach der Pensionierung ab, doch auch diese Einsparungen werden in der Regel durch andere Ausgaben ausgeglichen.
Bei der Bestimmung des Budgets ist ein Blick in die letzten drei Steuererklärungen für eine grobe Annäherung hilfreich. Was konnte in den vergangenen Jahren angespart werden? So lautet die Frage, der man nachgehen soll. Wer beispielsweise bei einem Jahreseinkommen von 100 000 Fr. in den vergangenen Jahren je 20 000 Fr. sparen konnte, sollte bei der Budgetplanung jährliche Ausgaben in Höhe von 80 000 Fr. ansetzen. Es sei ein weitverbreiteter Irrtum, dass man nach der Pensionierung deutlich weniger brauche, mahnt Gliott von Vermögens-Partner.
Eine wichtige Überlegung bei der finanziellen Absicherung für das Alter betrifft die Handhabung bestehender Liegenschaften. So wollen viele Immobilienbesitzer so lange wie möglich im eigenen Haus bleiben. Andere entscheiden sich dafür, mit 75 Jahren ihr Haus zu verkaufen und eine altersgerechte Wohnung zu kaufen oder zu mieten. Beide Strategien haben Vor- und Nachteile. Entscheidend ist, diese Überlegungen in der finanziellen Planung zu berücksichtigen. So bringt der Verkauf einer Immobilie zwar zusätzliche Liquidität, doch diese muss dann wieder angelegt werden. Gleichzeitig erhöhen sich mit dem Bezug einer Mietliegenschaft womöglich die fixen Ausgaben.
Einnahmen aus drei Säulen
Einnahmen aus drei Säulen
Auf der Einnahmenseite stehen unter anderem die Renten aus den drei Säulen der Altersvorsorge. Auf ein Konto der dritten Säule kann bis unmittelbar vor der Pensionierung eingezahlt werden. Aus steuerlichen Überlegungen ist es empfehlenswert, das Ersparte aus der dritten Säule gestaffelt zu beziehen. Da ein 3a-Konto immer als Ganzes aufgelöst werden muss, lässt sich eine Staffelung nur erzielen, indem man mehrere solcher Konten führt.
Wenn das Rentenalter in Sichtweite rückt, sind freiwillige Pensionskasseneinkäufe eine geeignete Strategie, um das Alterseinkommen zu erhöhen und gleichzeitig Steuern zu sparen. Die Einkäufe sollten etwa zehn Jahre vor der Pensionierung getätigt werden, dann muss man nicht so lange auf sein Geld warten. Die Einzahlungen sollten gestaffelt vorgenommen werden, um die Steuereinsparungen zu perfektionieren. Bis drei Jahre vor der Pensionierung kann der maximale Betrag eingezahlt werden. Danach raten Vorsorgeexperten von weiteren freiwilligen Einkäufen ab, denn das Steueramt könnte dann die gesparten Abgaben zurückfordern.
«Entschuldige, das ist mein erster Ruhestand. Ich übe noch.»
Heinrich Lohse, alias Loriot (in der Komödie «Pappa ante Portas»)
Anleger, die eine Lebensversicherung abgeschlossen haben, sollten diese nicht zwingend auflösen. Zum einen sind die Kosten für Provisionen bereits angefallen und werden nicht mehr erstattet. Zum anderen wird die Wiederanlage, wenn die Versicherung in einem höheren Zinsumfeld abgeschlossen wurde, zum Problem. Angesichts der niedrigen Zinsen ist es aber nicht ratsam, derzeit neue Lebensversicherungen abzuschliessen.
Neben dem Einkommen aus Renten erhalten viele Pensionisten Zinszahlungen und Dividenden aus Anlageportfolios sowie Mieteinnahmen. Auf Letztere sollte man allerdings nur setzen, wenn man über ein recht grosses Anlagevermögen verfügt. Mieteinnahmen als Haupteinnahmequelle seien sehr riskant, meint Gliott warnend. Leerstände oder Steueranpassungen können einem einen Strich durch die Rechnung machen. Immobilien können in einem gemischten Portfolio die Anlagen in Aktien und Obligationen ergänzen, sie verfügen über einen guten Inflationsschutz. Anleger sollten aber bedenken, dass die hohe Nachfrage der vergangenen Jahre dazu geführt hat, dass die Bewertungen inzwischen recht hoch sind.
Anders sieht es bei Immobilien aus, die vom Eigentümer bewohnt werden. Neben dem emotionalen Wert stellen sie eine Sicherheit fürs Alter dar. Bei der Finanzplanung für das Pensionsalter müssen bei Immobilienbesitzern immer die Hypotheken berücksichtigt werden. Hausbesitzer sollten stets mit einem langfristigen Zins von 5% rechnen und dessen Tragbarkeit prüfen.
Viele Rentner fragen sich, wie die Amortisation einer Hypothek gehandhabt werden soll. Experten halten eine Amortisation auf null für wenig erstrebenswert. Zum einen ist angesichts der niedrigen Zinsen die Belastung vergleichsweise gering. Zum anderen ist es generell ratsam, immer einen Liquiditätspuffer zu behalten. Im schlimmsten Fall muss bei einem finanziellen Engpass die Immobilie verkauft werden. Im Rentenalter noch eine neue Hypothek aufzunehmen oder eine bestehende zu erhöhen, ist zudem nicht so leicht, wie sich das einige Immobilienbesitzer vorstellen. Banken schätzen die Einkommenssituation nach der Pensionierung neu ein. Die Konditionen für eine Erhöhung der Hypothek sind in der Regel für Senioren unattraktiver als für Erwerbstätige.
Absicherung für den Partner
Absicherung für den Partner
Die finanzielle Absicherung für das Alter betrifft immer auch den Partner. Ist der Ehe- bzw. Konkubinatspartner im eigenen Todesfall ausreichend abgesichert? Bei nicht verheirateten Paaren muss etwa die Frage geklärt werden, ob der überlebende Partner im Fall einer Erbschaft die anfallenden Steuern bezahlen kann. Paare, die nicht verheiratet sind, stellen sich zwar zu Lebzeiten besser, weil sie zwei Steuererklärungen einreichen und so die Progression drücken können, ausserdem erhalten sie beide die volle AHV-Rente. Die andere Seite der Medaille sind aber die Steuern, die beim Nachlass anfallen.
Bei der Erstellung des Budgets für den sogenannten dritten Lebensabschnitt kommen Senioren nicht darum herum, einen Planungshorizont zu bestimmen. Die durchschnittliche Lebenserwartung für den jeweiligen Jahrgang ist das Minimum. Experten raten, wenigstens drei bis vier Jahre hinzuzurechnen, um eine Lücke zu verhindern. Über dieses Thema mit seinem Vermögensberater zu sprechen, darf kein Tabu sein, auch wenn es sehr emotional ist. Das Gleiche gilt für das Risiko einer Demenzerkrankung. Mit einem Vorsorgeauftrag kann man sicherstellen, dass der Partner oder andere einem nahestehende Personen finanzielle Angelegenheiten im eigenen Sinne regeln, falls man an Demenz erkrankt.
Mit freundlicher Genehmigung der Neuen Zürcher Zeitung.