Eine Kapitalgesellschaft ist bei der Gründung aufwendiger und teurer, bietet aber Vorteile, wenn die Firma wächst und sich verändert. (Bild: Raffinerie)

Am Anfang eines jeden Unternehmens steht eine Idee. Doch darauf folgt fast unmittelbar die Frage, welche Rechtsform der Unternehmer wählen soll, um seine Idee in die Tat umzusetzen. Gerade in den Anfängen einer Firma ist der Gründer mit seinem Produkt oder seiner Dienstleistung oft wie verschmolzen: Seine Person ist das Unternehmen und das Produkt. Leidenschaft und Engagement konzentrieren sich in dieser Phase auf den Aufbau der Firma und die Positionierung im Markt.

Die hohe Zahl von Einzelfirmen – rund 60 Prozent der über 550 000 Unternehmen in der Schweiz – widerspiegelt diese starke Verbindung von Gründer und Produkt. Doch ein Unternehmen funktioniert wie ein Organismus, der sich über die Zeit verändert. Das heute noch passende Kleid ist vielleicht in zehn, zwanzig Jahren zu eng. Mit anderen Worten: Die Wahl der Rechtsform in den Anfängen wirkt sich weit über die Aufbaujahre hinaus aus.

Die beliebtesten Gesellschaftsformen nach schweizerischem Recht sind das Einzelunternehmen, die Kollektivgesellschaft, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Aktiengesellschaft (AG). Bei der Wahl der Rechtsform gilt es, verschiedene Kriterien abzuwägen: Wie viele Personen gründen das Unternehmen? Welches Risiko geht man ein und mit wem? Welche Sicherheiten möchte man haben? Welche Kosten dürfen entstehen und wie hoch soll die Flexibilität sein? Eignet sich die heute gewählte Rechtsform für eine Übergabe der Firma morgen?

Personenbezogene Rechtsformen

Einzelfirma, Kollektiv- und Kommanditgesellschaft sind sehr personenbezogen und relativ einfach und kostengünstig zu gründen. Der Eigentümer haftet unbeschränkt sowohl mit dem Geschäfts- als auch mit dem Privatvermögen. Sind mehrere solidarisch haftende Gesellschafter im Spiel – wie bei der Kollektivgesellschaft –, so stellt sich die Frage, ob das bei der Gründung gute Verhältnis der Gesellschafter auch in zehn Jahren noch harmonieren wird. Diese Rechtsformen beeinflussen auch die Sozialversicherungen. Der Inhaber einer Einzelfirma ist nicht gegen Arbeitslosigkeit versichert, und der Beitritt in eine Pensionskasse geschieht freiwillig. Bei Kapitalgesellschaften hingegen (zum Beispiel AG oder GmbH) gelten auch geschäftsführende Unternehmende als angestellt und sind somit sozialversichert.

Kapitalgesellschaften vorteilhaft

Aufwendiger und teuer präsentieren sich dagegen Gründung und Verwaltung einer Kapitalgesellschaft wie GmbH oder AG. Doch gerade die GmbH als «kleine AG» wird seit der Gesetzesrevision im Jahr 2008 immer beliebter. Im Sinne von «Heute gründen und das Morgen im Auge behalten» eignet sich eine Kapitalgesellschaft bequem auch über einen längeren Zeithorizont. Die Vorteile überwiegen: Die Eigentümer einer GmbH oder AG haften nicht privat für Schulden des Unternehmens, sind als Mitarbeiter der Firma sozialversichert, können die Steuerprogression brechen und schenken sich mehr Flexibilität für die Zukunft.

«Eine Kapitalgesellschaft passt bequem auch über einen längeren Zeithorizont.»

Marc Genova ist bei UBS Leiter Unternehmenskunden in der Region Tessin.

Geschäftliches und Privates trennen

Geschäftliches und Privates möglichst trennen, lautet der Grundsatz. Das gilt vor allem für die Nachfolgeplanung. Steht von Anfang an fest, dass die Firma mehrere Generationen überleben soll, bietet die Einzelfirma keine passende Rechtsform. Denn hier gestaltet sich die Übertragung des Geschäfts auf Nachfolger noch schwieriger als bei einer Kollektivgesellschaft.

Am einfachsten funktioniert das bei Kapitalgesellschaften. Ein Arzt, der seine Praxis als AG betreibt, kann etwa seinem Nachfolger schon während der Einarbeitungsphase Anteile an seiner Praxis verkaufen und diesen so am Gewinn beteiligen. Das gilt natürlich auch für Familienunternehmen, wenn es um Geschäftsübergabe oder Erbschaft geht. Aus einer AG oder einer GmbH lassen sich mehrere Kapitalgesellschaften formen und an Erben übergeben oder an Dritte verkaufen. Daher ist es wichtig, die Nachfolge und die damit einhergehenden Fragen zur Rechtsform und -ausgestaltung lange im Voraus zu planen.

Nicht zuletzt sprechen auch finanzielle Aspekte für eine AG oder GmbH. Zwar besteht eine steuerliche Doppelbelastung von Gesellschaft (Gewinn- und Kapitalsteuer) und Privatperson (Einkommens- und Vermögenssteuer). Doch die steuerliche Belastung bei einer Personengesellschaft kann aufgrund der Steuerprogression gross sein, da der gesamte Reingewinn als Einkommen und das Eigenkapital als Vermögen versteuert werden muss.

Vorteile bei Steuern und Vorsorge

Der Eigentümer einer Kapitalgesellschaft wiederum kann seine Steuerlast beeinflussen, indem er zwischen seinem Lohn und seiner Dividende unterscheidet – was trotz der steuerlichen Doppelbelastung zu Einsparungen führen kann. Zudem sind die Einlagen in die 2. Säule vollständig vom Einkommen abziehbar. Und bei einem Verkauf der Anteile am Unternehmen ist der damit erzielte Gewinn normalerweise steuerfrei.

Ein allgemeingültiges Rezept für die Wahl der Rechtsform gibt es allerdings nicht. Es empfiehlt sich, dafür einen ausgewiesenen Rechtsberater beizuziehen. Und letztlich hängt der Erfolg einer Firma nicht primär von der Rechtsform ab, sondern von der Leidenschaft und dem Durchsetzungsvermögen des Unternehmers.

Fachbegriffe: Rechtsformen

Einzelunternehmen

Die Tätigkeit des Inhabers hängt bei dieser Rechtsform meist eng mit dem Unternehmen zusammen. Der einfachen Gründung ohne Mindestkapitalpflicht stehen als Nachteile das Haftungsrisiko, fehlende ALV und Pensionskasse, Schwierigkeiten bei der Firmenübertragung sowie ein nur beschränkt möglicher Namensschutz gegenüber.

Kollektivgesellschaft
In dieser Rechtsform ist die Tätigkeit stark auf mehrere Gesellschafter bezogen. Vor- und Nachteile ähneln denjenigen der Einzelfirma, positiv sind weiter die flexible Struktur und Beteiligungsregelung, doch das Mitspracherecht aller Gesellschafter kann die unternehmerische Flexibilität beeinträchtigen.

Kommanditgesellschaft
Die Kommanditgesellschaft ist stark personenbezogen, hat aber zwei Haftungsverhältnisse: Die sogenannten Komplementäre haften solidarisch und unbeschränkt, die Kommanditäre als Finanzgeber beschränkt im Umfang der Kommanditsumme.

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Die GmbH ist typisch für kleine und mittelgrosse Kapitalgesellschaften. Das Haftungsrisiko entfällt, weitere Vorteile sind das relativ geringe Mindestkapital und die leichtere Umwandlung in eine AG beim Wachstum der Firma. Die Anonymität der Gesellschafter ist nicht gegeben, da alle im Handelsregister eingetragen werden müssen.

Aktiengesellschaft (AG)
In der Schweiz ist die AG nach der Einzelfirma die zweithäufigste Rechtsform. Auch bei ihr besteht kein Haftungsrisiko, zudem sind die Anteile leicht handelbar und die Aktionäre können anonym bleiben. Zu den Nachteilen zählen unter anderem die hohen Kosten und die Doppelbesteuerung, welche aber durch die Unternehmenssteuerreform II gemildert worden ist.

Eine Übersicht mit Voraussetzungen aller Rechtsformen.

Autorinformation

Marc Genova ist bei UBS Leiter Unternehmenskunden in der Region Tessin.