Zoe war noch eine Studienanfängerin, als sie von einer gut gekleideten Frau angesprochen und gefragt wurde, ob sie jemals daran gedacht hätte, als Model zu arbeiten. Die Frau und das Fotostudio machte einen seriösen und professionellen Eindruck.

Nachdem Zoe für einige Bilder in Sportbekleidung posiert hatte, wurde sie gebeten, einige Formulare auszufüllen und dabei ihre Sozialversicherungsnummer, den Namen ihrer Eltern, ihre Wohnadresse und ihre Social-Media-Konten anzugeben. Dies geschah unter dem Vorwand, dass man ihr gratulieren wollte, sollte sie als Model ausgewählt werden.

Die Frau versprach die Kosten für die Fotos zu übernehmen und sagte ihr, dass sie ein grossartiges Model sei. Zoe fühlte sich wertgeschätzt.

Das nächste Fotoshooting verlief jedoch anders als erwartet. Als Zoe zum Studio kam, wurde sie nicht von der gut gekleideten Frau ewartet sondern von zwei Männern. Einer der Männer missbrauchte sie sexuell und filmte die Tat, um sie zu erpressen und weiter ausnutzen zu können. Die Männer drohten Zoe damit, die Fotos und Videos in den sozialen Medien zu veröffentlichen, wo jeder sie sehen würde, der sie kannte.

Aus Scham, Hilflosigkeit und Todesangst tat Zoe weiterhin, was man von ihr verlangte. Im Laufe der nächsten Monate wurde sie regelmässig zur Prostitution gezwungen.

Trotz ihrer Versuche, ein gewisses Mass an Normalität in ihrem Alltag aufrechtzuerhalten, geriet sie in den Sog einer gewalttätigen Unterwelt.

Die richtige Art der Aufklärung

Zoe war älter als die meisten jungen Frauen, die dem Sexhandel zum Opfer fallen (das Durchschnittsalter liegt bei 16 Jahren1), aber ihre Geschichte veranschaulicht, wie unglaublich schnell junge Menschen im Zeitalter der sozialen Medien in die Fänge skrupelloser Menschenhändler geraten können.

Je früher Kinder und ihre Erziehungsberechtigten auf die Gefahren aufmerksam gemacht werden, desto besser kann man ihnen beibringen, im Ernstfall richtig zu reagieren. Die meisten Organisationen, die sich im Kampf gegen den Menschenhandel engagieren, konzentrieren sich auf die Lösung unmittelbarer Probleme wie die Strafverfolgung, Rettung und Rehabilitation. Angesichts der unzähligen Opfer des Menschenhandels (40 Millionen weltweit, darunter 10 Millionen Kinder2) ist diese Arbeit natürlich von entscheidender Bedeutung.

Aber wenn wir die Menschen darüber aufklären, wie Menschenhandel aussieht und wie er entsteht, können wir vielleicht verhindern, dass es so viele Opfer gibt.

San Diego gehört zu den 13 Regionen in den Vereinigten Staaten, in denen die Kinderprostitution ganz besonders stark ausgeprägt ist.3 Als Chris Marsh, UBS Market Lead, im Jahr 2016 jedoch von einer Kundin auf dieses Problem aufmerksam gemacht wurde, war er schockiert. «Mir war nicht bewusst, was dort vor unserer Haustür vor sich ging oder wie die sozialen Medien von Straftätern genutzt werden, um ihre Opfer ausfindig zu machen und sie auf verschiedene Art und Weise zu erpressen», erklärt Chris. «Das ist wirklich eine moderne Form der Sklaverei.»

Mir war nicht bewusst, was dort vor unserer Haustür vor sich ging oder wie die sozialen Medien von Straftätern genutzt werden, um ihre Opfer ausfindig zu machen und sie auf verschiedene Art und Weise zu erpressen.
– Chris Marsh, UBS Market Head

Taten sagen mehr als Worte

Die Kundin war fest entschlossen, etwas gegen den Menschenhandel zu unternehmen. Und sie war nicht die Einzige.

Chris und sein Team trafen sich unter anderem mit Experten der UBS Optimus Foundation (UBS-OF), Philanthropen, gemeinnützige Organisationen aus der Umgebung sowie Regierungs- und Schulvertreter. «Es war unglaublich. Im Laufe der Zeit wurden wir von immer mehr Menschen kontaktiert, die auf jede erdenkliche Weise investieren wollten, um etwas zu bewirken», erzählt Chris.

«Die UBS-OF hat mit Experten und Universitäten zusammengearbeitet, um Best-Practice-Konzepte zu entwickeln», erklärt Chris Marsh. «Die Daten wurden auf anschauliche Weise präsentiert, um so gemeinsam lokale Ansätze zu erarbeiten. Die Staatsanwaltschaft hat uns dabei geholfen, diese Schattenwirtschaft zu verstehen und ein Präventionsprogramm zu entwickeln. Gemeinnützige Organisationen kamen zusammen, um ihr Fachwissen auszutauschen und zu ermitteln, wie sie durch ein gemeinsames Vorgehen mehr erreichen können.

Philanthropen haben Ressourcen angeboten, die sich nicht nur auf finanzielle Unterstützung beschränkten. Sie halfen auch dabei, einen strategischen Plan für alle 753 öffentlichen Schulen im County zu entwickeln, der es den Schülern ermöglichen sollte, sich selbst und andere besser vor diesen Gefahren zu schützen», erklärt Chris. «Dieser Erfolg ist unzähligen Menschen zu verdanken.»

Die Ergebnisse

Im Dezember 2018 wurde nach zahlreichen Treffen mit der Staatsanwaltschaft schliesslich ganz offiziell eine öffentlich-private Partnerschaft namens San Diego Trafficking Prevention Collective ins Leben gerufen. Ermöglicht wurde dies durch die Zusammenarbeit zwischen der UBS-OF, den Kunden von UBS und regionalen Führungspersönlichkeiten.

Das Kollektiv besteht aus den drei Bildungsprogrammen PROTECT, kNOw MORE und Project ROOTS, die von gemeinnützigen Organisationen wie 3Strands Global Foundation, Point Loma Nazarene University und Project Concern International (PCI) angeboten werden.

Jedes der Programme konzentriert sich darauf, Kinder, ihre Familien und Lehrer über die Risiken des Menschenhandels aufzuklären. Durch Aufklärungsmassnahmen, die nach der Schule sowie während des Unterrichts angeboten werden und einen in dieser Form wahrscheinlich einmaligen interaktiven Schauspielworkshop, möchte das Kollektiv insgesamt 345’000 Schüler in ganz San Diego erreichen.

Dank der Investition von zwei Dutzend Philanthropen und der Unterstützung der UBS-OF, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von UBS und Organisationen wie BlackRock wurden 3 Millionen US-Dollar für die Finanzierung des Geschäftsplans des Kollektivs gesammelt. Der Plan soll im Laufe der nächsten drei Jahre umgesetzt werden.

Die UBS-OF steuert 20 Prozent des Beitrags eines jeden Kunden als eigene Investition bei und unterstützt das Projekt mit detaillierten Messungen und Bewertungen der Wirkungskennzahlen.

Die richtige Art der Zusammenarbeit

Viele Menschen hätten es niemals für möglich gehalten, dass eine Vermögensverwalterin eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung des Menschenhandels spielen könnte. Wenn man jedoch Kunden und Führungspersönlichkeiten aus der Branche mit den Philanthropie-Experten von UBS zusammenbringt, ergibt sich eine einmalige Möglichkeit, Partnerschaften zu schmieden, die sich nicht nur auf die Ergreifung von Massnahmen beschränken, sondern alle Beteiligten auf gemeinsame und messbare Ergebnisse hinarbeiten lassen.

Die meisten hätten auch nicht gedacht, dass das Kollektiv irgendwann auch weit über die Grenzen von San Diego hinaus aktiv sein könnte. Heute dient das San Diego Trafficking Prevention Collective anderen Gemeinden als Vorbild, wenn es darum geht, wie Finanzinstitute, Privatanleger, Schulbezirke, Regierungsvertreter und lokale Organisationen zusammenarbeiten können, um gemeinsam einen nachhaltigen und positiven Beitrag zur Bekämpfung des Menschenhandels zu leisten.

Widerlegung der gängigsten Mythen

Mythos Nr. 1: Der Menschenhandel stellt in den Vereinigten Staaten kein grosses Problem dar.

Bei der nationalen Hotline für Opfer des Menschenhandels werden jeden Tag 150 Fälle gemeldet. Hinzu kommt, dass in den Vereinigten Staaten schätzungsweise 100’000 bis 300’000 Kinder durch Menschenhandel gefährdet sind.Dem FBI zufolge gehört San Diego zu den 13 Regionen in den USA, in denen die Kinderprostitution ganz besonders stark ausgeprägt ist.5 In San Diego werden jährlich schätzungsweise 810 Millionen US-Dollar mit Menschenhandel verdient.6

Mythos Nr. 2: Der Menschenhandel findet nur in einkommensschwachen Gebieten statt.

In einer Studie, die an 20 Schulen in einkommensstarken und -schwachen Gebieten von San Diego County durchgeführt wurde, haben Mitarbeiter jeder Schule bestätigt, dass Schüler für den Menschenhandel angeworben werden.7 Die Menschenhändler nutzen dabei soziale Medien, öffentliche Internetplattformen und Familienmitglieder oder Freunde, um ihre Opfer unter Druck zu setzen.

Mythos Nr. 3: Die meisten Kinder werden ausserhalb der USA verschleppt und anschliessend über die Grenze gebracht.

In San Diego wurden 80 Prozent der Opfer des Sexhandels in den USA geboren8 und das Durchschnittsalter der Opfer beläuft sich auf 16 Jahre.9 Kinder in Pflegefamilien, LGBTQ-Jugendliche, Ausreisser und Kinder, Opfer welche von häuslicher Gewalt oder Misshandlungen geworden sind, sind einem noch grösseren Risiko ausgesetzt.