Zürich, 12. Oktober 2022 – Laut dem UBS Global Real Estate Bubble Index 2022, einer jährlichen Studie des Chief Investment Office von UBS Global Wealth Management (UBS GWM CIO), bestehen sehr grosse Ungleichgewichte auf den weltweiten städtischen Wohnungsmärkten. Die Preise stehen nicht mit den steigenden Zinssätzen in Einklang. Toronto und Frankfurt führen den diesjährigen Index an. Deutliche Anzeichen einer Preisblase bestehen auch in Zürich, München, Hongkong, Vancouver, Amsterdam, Tel Aviv und Tokio.

In den USA befinden sich alle fünf untersuchten Städte im überbewerteten Bereich, wobei die Ungleichgewichte in Miami und Los Angeles ausgeprägter sind als die in San Francisco, Boston und New York. Die Wohnungsmärkte in Stockholm, Paris und Sydney bleiben trotz leichter Abkühlung überbewertet. Anzeichen einer Überbewertung gibt es auch in Genf, London, Madrid und Singapur. São Paulo – ein Neuzugang im diesjährigen Index – ist, ebenso wie Mailand und Warschau, fair bewertet. Trotz eines Auflebens der Nachfrage liegt der Wohnungsmarkt in Dubai ebenfalls im fair bewerteten Bereich.

Bewertungen auf Höchststand

Das nominale Preiswachstum bei Wohnimmobilien in den 25 untersuchten Städten hat sich von Mitte 2021 bis Mitte 2022 auf fast 10 Prozent beschleunigt, was der höchsten jährlichen Wachstumsrate seit 2007 entspricht. Tatsächlich sind die Immobilienpreise in fast allen Städten gestiegen, mit Ausnahme von Paris, Hongkong und Stockholm. Darüber hinaus war eine beschleunigte Zunahme der ausstehenden Hypotheken zu verzeichnen und die Verschuldung der Haushalte stieg das zweite Jahr in Folge deutlich schneller als im langfristigen Durchschnitt.

Gegenüber dem letzten Jahr sind die Indexwerte im Durchschnitt dennoch nicht gestiegen. Ein starkes Wachstum von Einkommen und Mieten hat die weitere Zunahme von Ungleichgewichten verhindert. Die Preise für Wohnimmobilien in nicht urbanen Gebieten sind zudem ein zweites Jahr in Folge schneller gestiegen als in den Städten. Ausserdem hat sich das inflationsbereinigte Preiswachstum erheblich verlangsamt. Die aktuellen Bewertungen sind jedoch überhöht.

Steigende Zinsen entlarven Ungleichgewichte 

Durch die tiefen Zinssätze haben sich die Eigenheimpreise in den letzten zehn Jahren stetig von den lokalen Einkommen und Mieten entkoppelt. Die Städte in der Blasenrisikozone haben in diesem Zeitraum inflationsbereinigte Preisanstiege von durchschnittlich 60 Prozent verzeichnet, während die realen Einkommen und Mieten nur um etwa 12 Prozent gestiegen sind.   Die Hypothekarzinsen haben sich im Schnitt aller analysierten Städte gegenüber ihrem Tiefststand Mitte 2021 nahezu verdoppelt. Kombiniert mit den deutlich gestiegenen Immobilienpreisen können sich hoch qualifizierte Arbeitskräfte nun ein Drittel weniger Wohnfläche leisten als noch unmittelbar vor der Pandemie. Claudio Saputelli, Leiter Immobilien bei UBS GWM CIO, erklärt: «Inflation und Vermögensverluste aufgrund der aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten schmälern die Kaufkraft der Haushalte, was die Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum reduziert. Zudem werden Wohnimmobilien als Anlage immer unattraktiver, da die Kreditkosten in vielen Städten zunehmend die erzielbaren Erträge übersteigen.»

Das Ende des Booms

Der (noch) robuste Arbeitsmarkt ist daher in den meisten Städten die letzte verbliebene Stütze des Eigenheimmarktes. Bei einer Verschlechterung der Wirtschaftslage könnte jedoch auch diese wegfallen. Matthias Holzhey, Hauptautor der Studie bei UBS GWM CIO, folgert daraus: «Wir erleben derzeit tatsächlich ein weltweites Stocken des Booms auf dem Eigenheimmarkt. In einem Grossteil der sehr hoch bewerteten Städte ist in den nächsten Quartalen sogar mit erheblichen Preiskorrekturen zu rechnen.»

UBS Global Real Estate Bubble Index: Übersicht, 2022

Regionale Aussichten

Schweiz

Die ungebrochen starke Investitionsnachfrage im Tiefzinsumfeld war ein bedeutender Treiber für die Preisentwicklung in Zürich. So sind die Eigenheimpreise in der Region seit Beginn der Pandemie um rund 20 Prozent gestiegen. Insgesamt ist das Verhältnis von Kaufpreisen und Mieten aus dem Gleichgewicht geraten und der Markt befindet sich im Blasenrisikobereich. Die hohen Kaufpreise dürften nach der Anhebung der Zinssätze durch die Schweizerische Nationalbank einem Realitätscheck unterworfen werden. Doch dank des weiterhin starken Bevölkerungswachstums im Wirtschaftsraum Zürich könnten sich die Bewertungen auch graduell normalisieren, ohne dass es kurzfristig zu einer Korrektur der nominalen Preise kommt. Ähnlich haben auch in Genf die Preise im Verhältnis zur Miete ein hohes Niveau erreicht, das sich nicht mit den nun positiven Zinssätzen vereinbaren lässt, sodass der Markt überbewertet ist. Die Stadt blieb jedoch in Hinblick auf Preis- und Bevölkerungswachstum hinter Zürich zurück, da die Einwohner von Genf in preiswertere Gegenden ziehen.

Europa

Frankfurt und München weisen unter den untersuchten Märkten des Euroraums die höchsten Risiken einer Immobilienblase auf. In beiden deutschen Städten haben sich die Immobilienpreise in den letzten zehn Jahren nominal mehr als verdoppelt. Doch das aktuelle Wachstum kühlte sich vom zweistelligen Bereich auf rund 5 Prozent zwischen Mitte 2021 und Mitte 2022 ab. Die Kombination aus steigenden Finanzierungskosten und schwachen wirtschaftlichen Wachstumsaussichten für 2023 dürfte die überzogene Hochstimmung am Markt beenden, trotz historisch betrachtet sehr niedrigem Leerstand.

Amsterdams Wohnungsmarkt hat mit einem nominalen Anstieg von rund 17 Prozent das stärkste Preiswachstum aller Märkte des Euroraums erlebt, sodass die Stadt nun im Blasenrisikobereich liegt. Starke wirtschaftliche Fundamentaldaten werden eine Korrektur nicht verhindern, falls die Hypothekarzinsen weiter steigen. In Madrid hat sich das Preiswachstum seit Beginn der Pandemie ebenfalls beschleunigt. Die spanische Hauptstadt befindet sich nun im überbewerteten Bereich, obwohl sich eine hoch qualifizierte Arbeitskraft noch immer den meisten Wohnraum unter allen in der Studie analysierten Märkten des Euroraums leisten kann. Neben der wirtschaftlichen Erholung nach Ende der Pandemie und niedrigeren Zinssätzen haben auch steuerliche Anreize für die Renovierung von Gebäuden das Preiswachstum in Mailand nach einem Jahrzehnt stagnierender Preise gestützt.

Der Wohnungsmarkt in Paris stellt einen Ausreisser unter den untersuchten Märkten des Euroraums dar. So sind die nominalen Immobilienpreise zwischen Mitte 2021 und Mitte 2022 gesunken, weshalb die französische Hauptstadt die Blasenrisikozone verlassen hat. Trotzdem bleibt Paris in der Studie der Euroraummarkt mit der schlechtesten Bezahlbarkeit.

Londons Wohnungsmarkt liegt im überbewerteten Bereich. Die Preise liegen 6 Prozent höher als vor einem Jahr, gestützt durch eine strukturelle Wohnraumknappheit und eine nach der Pandemie wieder anziehende Nachfrage. Die Mieten sind stark gestiegen, da Kaufinteressierte Schwierigkeiten haben, passende Immobilien zu finden. Dennoch dämpfen steigende Hypothekarzinsen, das Ende der Befreiung von der Stempelsteuer sowie unsichere Konjunkturaussichten den Preisausblick. Warschau hatte einen der stärksten Arbeitsmärkte in Osteuropa, dessen Boom neue Einwohner sowie Buy-to-Let-Investoren anzog. Der Markt ist noch immer fair bewertet, doch Wohnraum ist aufgrund hoher Preise und rasch steigender Hypothekarzinsen zunehmend unbezahlbar geworden. Eine restriktivere Geldpolitik zeigte in Stockholm einen unmittelbaren Effekt auf dem Wohnungsmarkt. Ein Preisrückgang um mehr als 10 Prozent im zweiten Quartal dieses Jahres senkte den Indexwert der Stadt, sodass diese aus der Blasenrisikozone in den überbewerteten Bereich wechselte.

Naher Osten

Die Immobilienpreise in Tel Aviv haben sich zwischen 2001 und 2017 ungefähr verdreifacht. Die Mieten hielten nahezu mit dem Anstieg der Kaufpreise Schritt, was ein Zeichen für eine grundlegende Wohnraumknappheit ist. Nach einer kurzen Korrekturphase 2018 setzte sich das explodierende Preiswachstum des Marktes weiter fort. Allein zwischen Mitte 2021 und Mitte 2022 stiegen die Preise um 18 Prozent, was die höchste Wachstumsrate seit 2010 ist. Zugleich nahm das ausstehende Kreditvolumen um 18 Prozent zu, der stärkste Anstieg in 25 Jahren. Folglich befindet sich der Markt nun erstmals im Blasenrisikobereich. Dubais Wohnungsmarkt durchlief in den letzten beiden Jahrzehnten ein ständiges Auf und Ab, da die Nachfrage nach Eigenheimen stark von der Entwicklung der Ölpreise abhängt. Steigende Ölpreise und eine Zunahme der Einwanderung haben den Markt im letzten Jahr belebt. Die Immobilienpreise nahmen von Mitte 2021 bis Mitte 2022 um 10 Prozent zu. Die Mieten übertrafen in den letzten vier Quartalen sogar noch das Wachstum der Eigenheimpreise. Somit ist der Markt fair bewertet.

APAC

Die Immobilienpreise in Tokio sind mehr als zwei Jahrzehnte lang nahezu ununterbrochen gestiegen, begünstigt durch attraktive Finanzierungsbedingungen und Bevölkerungswachstum. Die Ungleichgewichte haben nun die Schwelle zum Blasenrisiko erreicht, da Wohnraum immer weniger bezahlbar ist. Doch in jüngster Zeit waren Zeichen einer Abschwächung zu beobachten. So hat sich das Preiswachstum im Jahresvergleich auf 5 Prozent halbiert und liegt damit zum ersten Mal seit zehn Jahren unter dem landesweiten Durchschnitt. In Sydney sind die Preise in den Jahren 2020 und 2021 um insgesamt 30 Prozent in die Höhe geschnellt, bevor die Verschärfung der Kreditvergabestandards im letzten Jahr sowie aggressive Zinserhöhungen in diesem Jahr die Bezahlbarkeit stark minderten. In der Folge sind die Preise im zweiten Quartal 2022 bereits um mehr als 5 Prozent zurückgegangen. Der Markt bleibt aber stark überbewertet. Hongkong verzeichnete zwischen Mitte 2021 und Mitte 2022 eine Korrektur der nominalen Eigenheimpreise um rund 4 Prozent – die schwächste Wachstumsrate aller untersuchten Städte. Trotzdem ist der Markt noch nicht aus der Blasenrisikozone heraus. Singapur verfügt über ein starkes internationales Ansehen als Wirtschaftszentrum und die Immobilienpreise sind von Mitte 2021 bis Mitte 2022 um weitere 11 Prozent gestiegen.

Nord- und Südamerika

Die analysierten US-Städte haben seit Beginn der Pandemie ein deutlich stärkeres Preiswachstum erlebt als in den vorangegangenen Jahren. Miami profitiert weiterhin von einer starken Zuwanderung und grossem Interesse ausländischer Investoren. Die Stadt verzeichnete die stärksten jährlichen Wachstumsraten bei Eigenheimpreisen und Mieten, wodurch sich verstärkt Ungleichgewichte aufbauten. Auch in San Francisco gab es starke Preisanstiege. Angesichts einer schwächeren Beschäftigungssituation in der Tech-Branche und voraussichtlich fortgesetzter Fern- und Hybrid-Arbeitsmodelle sind die Aussichten für Immobilienpreise in San Francisco düster. In Los Angeles bestanden bereits grosse Ungleichgewichte, die seit letztem Jahr weiter zugenommen haben. Die Bezahlbarkeit hat nahezu ihren historischen Tiefstand erreicht. Boston profitierte dank seiner starken und vielseitigen Wirtschaft vom höchsten Einkommenswachstum aller Städte der Studie. Ungleichgewichte blieben im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert. Dagegen wies New York im letzten Jahr das geringste Preiswachstum aller analysierten US-Städte auf. Die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt bleibt weiter hinter den preiswerteren und in Bezug auf Steuern, Geschäftsklima und Vorschriften günstigeren Städten und Bundesstaaten zurück.

Die realen Immobilienpreise in Vancouver und Toronto haben sich in den letzten 25 Jahren mehr als verdreifacht. Der Index gibt schon seit einigen Jahren Warnsignale. Der Preisanstieg von weiteren 35 Prozent seit der Pandemie ist nicht nachhaltig. Die jüngsten Zinserhöhungen durch die Bank of Canada dürften der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt. Eine Preiskorrektur ist bereits im Gange.

Nach einer langen Phase der Stagnation hat das Preiswachstum in São Paulo nun zwar wieder leicht angezogen, doch der Markt ist weiterhin angemessen bewertet. Trotz des kürzlichen starken Anstiegs der Zinssätze bleibt die Nachfrage nach neuen Hypotheken robust. Weiteres Auswärtspotenzial für den Immobilienmarkt könnte bestehen, da sich der geldpolitische Straffungszyklus seinem Ende nährt und die Konjunkturaussichten solide bleiben.

Steigende Preise in den meisten Städten: Inflationsbereinigte Preiswachstumsraten, in %

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