Zürich, 25. Juni 2019 – Der UBS Vorsorgeindex Schweiz erreichte Ende 2018 seinen bisherigen Tiefststand. Als Pulsmesser ermittelt er die Gesundheit des Schweizer Vorsorgesystems. „Die negative Dynamik, die seit mehr als zwei Jahren anhält, ist vor allem dem rapiden Anstieg der Rentner- gegenüber den Erwerbstätigen-Zahlen geschuldet", sagt Jackie Bauer, Ökonomin und Vorsorgeexpertin von UBS. Die leichte Erholung Anfang 2019 könnte von kurzer Dauer sein, da sie hauptsächlich der guten Entwicklung an den Finanzmärkten im ersten Quartal zu verdanken ist.

Vor diesem Hintergrund haben das Forschungszentrum Generationenverträge (FZG) der Universität Freiburg im Breisgau und die Ökonomen von UBS die langfristigen Perspektiven der Schweizer Altersvorsorgesysteme und des öffentlichen Haushaltes analysiert. Der Zusammenhang zwischen der Altersvorsorge und dem öffentlichen Haushalt ist naheliegend – Rentenversprechen, die nicht aus dem Vorsorgesystem finanziert werden können, sind eine implizite Verpflichtung des Staates.

Knapp zwei Erwerbsjahre pro Rentenbezugsjahr reichen nicht

Neben der steigenden Anzahl Rentner wiegt auch die längere Rentenbezugsdauer schwer. „Personen, die heute in der Schweiz das Rentenalter erreichen, haben im Durchschnitt für jedes Jahr, das sie eine AHV-Rente beziehen werden, nur noch 1,8 Jahre gearbeitet und AHV-Beiträge geleistet. 1948, als die AHV eingeführt wurde, waren es noch 3,4 Beitragsjahre pro Bezugsjahr", erklärt Dr. Veronica Weisser, Ökonomin und Vorsorgeexpertin von UBS. Will eine Gesellschaft eine solch massive Reduktion der relativen Lebensarbeitszeit geniessen, so muss sie eine Wohlstandsreduktion hinnehmen – entweder über tiefere Renten oder über einen tieferen Lebensstandard der zahlenden Generationen.

Eine Flexibilisierung des Renteneintritts mit einer langsamen und schrittweisen Anhebung des Referenzalters, sodass die durchschnittliche Bezugszeit etwa 20% des gesamten Lebens ausmacht, würde die AHV-Finanzierunglücke mehr als halbieren. Im Ausland umgesetzte Modelle, die die unterschiedliche Lebenserwartung verschiedener Einkommens- und Berufsgruppen berücksichtigen, weisen eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz auf und könnten der Schweiz als Vorbild dienen.

Weitere zentrale Ergebnisse der Studie sind:

  • AHV-Finanzierungslücke: In der AHV übersteigen heutige Rentenversprechen den Barwert zukünftiger Einnahmen um knapp 170% des Schweizer BIP (Basisjahr 2016). Umgerechnet entspricht dies knapp über einer Billion Schweizer Franken.
  • Reformen und Generationengerechtigkeit: Die vom Volk angenommene STAF-Reform reduziert die langfristige Finanzierungslücke der AHV um etwa einen Fünftel. Zusammen mit der Vorlage AHV 21 würde sie sie sogar etwa halbieren. Die Sanierungslast beider Reformen liegt für eine heute 10- bis 25-jährige Person jedoch drei Mal so hoch wie für eine 55-jährige Person, fünf Mal so hoch wie für eine 65-jährige Person und etwa 15 Mal so hoch wie für eine 75-jährige Person. Die vorgesehene Angleichung des Rentenalters der Frauen an das der Männer ist die einzige Reformmassnahme, die die Generationengerechtigkeit stärkt. 
  • Nachhaltigkeitslücke: Die implizite Staatsschuld der Schweiz liegt bei 221,5% Prozent des BIP, weit über der explizit ausgewiesenen Staatsschuld von knapp 30%. Dabei wiegen neben der AHV auch die demografisch bedingt steigenden Gesundheits- und Pflegekosten schwer.


Neuseeland hat die vom IWF und der OECD empfohlenen International Public Sector Accounting Standards (IPSAS) in der staatlichen Rechnungslegung bereits umgesetzt. Durch sie werden die Schwachstellen der vereinfachten staatlichen Buchhaltung behoben. Finanzierungslücken werden sofort ersichtlich, das nachhaltige Wachstum wird gestützt und die öffentlichen Schulden und Vermögen können aktiv bewirtschaftet werden. Diese „ordentliche Bilanzierung" schreiben die Staaten juristischen Personen wie Aktiengesellschaften oder Genossenschaften vor, halten sich bisher aber meist selbst nicht daran. Doch die Vorteile bei der Transparenz sowie der Beitrag zu einer generationengerechten Verbesserung der Finanzlage sind bedeutend. „Kein Staat wird sich diesem Trend entziehen können", sagt Dr. Philipp Weckherlin, Experte für „Good Public Governance".

UBS Switzerland AG

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Veronica Weisser

Leiterin Makro- und Sektorenanalyse Schweiz
UBS Chief Investment Office GWM
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Jackie Bauer 

Ökonomin und Vorsorgeexpertin
UBS Chief Investment Office GWM
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