Die Ungleichheit nimmt weltweit zu. Die Situation war seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr so krass wie heute und sie verschärft sich auch innerhalb der Länder, in denen die Einkommensungleichheit einen historischen Höchststand erreicht hat. Wir benötigen dringend eine Lösung.

Die Diskussion um die Ungleichheit gehört zu den am heftigsten diskutierten Themen unserer Zeit. Wie sollten wir die Ressourcen eigentlich verteilen und wie können wir in einer Welt, in der die wirtschaftlichen Ungleichheiten so extrem sind, miteinander leben? Wenngleich die Nobelpreisträger verschiedenste potenzielle Lösungen diskutieren, bleibt dies im Theoretischen, ohne das der eine, richtige Weg sichtbar wird.

Der Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz, der viele Bücher zu dem Thema geschrieben hat, ist ebenfalls der Meinung, dass es keinen einfachen Weg aus der Misere gibt, der von heute auf morgen umsetzbar wäre. In einem ist er sich aber sicher: Wenn wir die Regeln geschrieben haben, die zu einer ungleicheren wirtschaftlichen Verteilung geführt haben, sollten wir auch in der Lage sein, sie neu zu schreiben, um für mehr Gleichheit zu sorgen. «Arbeitern mehr Verhandlungsrechte einräumen, die Macht der Grosskonzerne einschränken, für eine verantwortungsbewusste Unternehmensführung sorgen, ‹Checks and Balances› in der Finanzbranche beachten», führt Stiglitz an. Er spricht über die US-amerikanische Wirtschaft, wo sich die Einkommen des oberen einen Prozents der Bevölkerung seit den 1980er Jahren verdoppelt haben. Gleichzeitig liegt das Einkommen eines männlichen Arbeiters mit Vollzeitjob heute unter dem vor einem halben Jahrhundert ermittelten Durchschnittswert.

Wenn man die alte Handelstheorie ernst nimmt, legt sie nahe, dass im internationalen Handel sehr oft Verlierer entstehen.
– Krugman

Nobelpreisträger Paul Krugman ist ebenfalls ein Spezialist auf diesem Gebiet. Im Jahr 2015 wechselte Krugman von der Princeton University an die City University of New York (CUNY), wo er mit seiner Forschung zu den handelstheoretischen Aspekten der Ungleichheit begann. «Wenn man die alte Handelstheorie ernst nimmt, legt sie nahe, dass im internationalen Handel sehr oft Verlierer entstehen», erklärt Krugman. «Wir haben seit den 1980er Jahren ein Handelswachstum beobachten können, da arbeitsintensive Bestandteile in Niedriglohnländer verlegt wurden.»

Krugman bezieht sich auf die Mittelschicht in China, die in hohem Masse vom globalen Handel profitiert hat. Aber warum können wir den Arbeitern in Entwicklungsländern nicht das Lohnniveau der Industrienationen zahlen? Ist diese Frage naiv?

«Wenn sie darauf bestehen, sagen sie im Grunde genommen, sie dürfen gar nicht exportieren», antwortet er. «Man könnte aber auch fragen, ob Verbraucher sich dafür entscheiden können, Produkte zu kaufen, die unter besseren Bedingungen hergestellt wurden, als die, die sonst vorherrschen. Ja, bis zu einer gewissen Grenze kann man das. Aber in einer Welt, die von so hoher Ungleichheit in puncto Entwicklung, Technologie und Produktivität geprägt ist, gibt es einen enormen Grad an Ungerechtigkeit. Und vieles, was wir kaufen, wird einfach von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen hergestellt, die sehr wenig verdienen und am Standard der Industrienationen gemessen unter furchtbaren Bedingungen arbeiten.»

Ich glaube nicht, dass wir das kampflos erreichen können.
– Stiglitz

Bei der Ungleichheit geht es heute nicht mehr um den Unterschied zwischen den reichen westlichen Ländern und dem Rest der Welt, sondern es handelt sich hier um ein Problem, das tief in den Gesellschaften verankert ist. Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds führt die zunehmende Ungleichheit zudem zu einer stärkeren politischen Polarisierung und einem geringeren Wirtschaftswachstum. Der häufiger werdende Ruf nach nationalem Protektionismus in einigen der Industrienationen ist eine öffentliche Gegenreaktion gegen die Globalisierung.

Stiglitz geht optimistisch davon aus, dass wir die Lücke verringern können, zumindest wenn wir die USA und Europa betrachten. «Ich habe genug Vertrauen in die demokratischen Prozesse und denke, dass wir das wahrscheinlich in den USA und noch wahrscheinlicher in Europa über lange Sicht erreichen können», sagt er. «Aber ich glaube nicht, dass wir das kampflos erreichen können.»

Krugman lehnt die Annahme ab, dass es eine allgemeingültige Wahrheit gibt, da diese seiner Meinung nach häufig einfach die Wahrheit der mächtigen Eliten ist. «Extremer Reichtum schadet uns als Gemeinschaft», führt er an. Der Wunsch, eine Lösung zu finden, wird umso dringender, wenn ein echter Bedarf besteht und es Dinge gibt, die wir tun können – und tun sollten, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. «Umverteilung, Steuern und Transferleistungen, ein bedingungsloses Grundeinkommen in irgendeiner Form für die, die weniger Glück hatten, das durch die Steuern derjenigen finanziert wird, die mehr Glück hatten.» Er nickt zuversichtlich mit dem Kopf. «Wir können das schaffen.»

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