Bei der Zukunft des eigenen Unternehmens spielt das Thema Erbrecht eine zentrale Rolle. In der Schweiz wurden kürzlich zwei Revisionen des Erbrechts diskutiert – einmal mit und einmal ohne Erfolg. Doch was bedeutet das für Sie als Unternehmerin oder Unternehmer? Oliver Pscheid, Jurist und UBS-Experte für Nachfolgeplanung, gibt zu diesem Thema eine Einschätzung und wertvolle Ratschläge.

Am 1. Januar 2023 hat der Bundesrat den ersten Teil des revidierten Erbrechts in Kraft gesetzt. Ziel war es, das Erbrecht mit der Reduktion der Pflichtteile auf die heutigen Bedürfnisse der Bevölkerung auszurichten. Dies ermöglicht es Erblasserinnen und Erblassern, über einen grösseren Teil ihres Nachlasses frei zu verfügen. Für Unternehmerinnen und Unternehmer bietet diese Änderung eine willkommene Flexibilität bei der Planung der Unternehmensnachfolge.

Die gescheiterte zweite Revision

Der zweite Teil der Erbrechtsrevision zielte darauf ab, die familieninterne Unternehmensnachfolge zu erleichtern. Um diese weiter zu begünstigen, hatte der Bundesrat in seiner im Juni 2022 verabschiedeten Botschaft vier zentrale Massnahmen vorgeschlagen:

  • Recht auf Integralzuweisung eines Unternehmens in der Erbteilung
  • Zahlungsaufschub für Erbteile der nicht übernehmenden Erbenden
  • Regeln für den Anrechnungswert des lebzeitig übertragenen Unternehmens zum Zuwendungszeitpunkt
  • Schutz von Pflichtteilserben, Minderheitsbeteiligungen übernehmen zu müssen

Diese Vorlage scheiterte jedoch im März 2024 im Ständerat. Trotzdem wird die Diskussion über die Nachfolgeregelung weiterhin geführt.

Im Interview erklärt Oliver Pscheid, Experte für Nachfolgeplanung bei UBS, was sich verändern könnte und worauf Unternehmerinnen und Unternehmer nun achten sollten.

Am 1. Januar 2023 ist eine Revision in Kraft getreten, die insbesondere die Reduktion von Pflichtteilen zum Ziel hat. Im zweiten Revisionsschritt sollten spezielle Regelungen für eine erleichterte familieninterne Unternehmensnachfolge gesetzlich verankert werden. Dieses Vorhaben ist jedoch im Parlament gescheitert. Wie sieht Ihre Einschätzung dazu aus?

Oliver Pscheid: Die bereits in Kraft getretene Revision des Erbrechts reduziert die Pflichtteilansprüche von Nachkommen und streicht die der Eltern gänzlich. Damit bekommen Erblasserinnen und Erblasser endlich mehr Freiheit bei der Verteilung ihres Nachlasses. Diese Änderungen sind für Unternehmerinnen und Unternehmer sehr wichtig, weil sich eine Aufteilung des Unternehmens und gleichzeitig die Gleichbehandlung der Nachkommen in der Praxis oft als schwierig erweisen.

Der zweite, nun gescheiterte Pfeiler der Revision hätte die Einführung eines eigentlichen Unternehmenserbrechts bedeutet. Dieses hätte die familieninterne Übertragung eines Unternehmens bereits zu Lebzeiten oder im Erbfall erleichtert. Ziel war es, Nachfolgeprozesse zu vereinfachen, die Stabilität von Schweizer KMU zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern.

Auch wenn die zweite Revision gescheitert ist, haben die intensiven Debatten in National- und Ständerat eindrücklich gezeigt, wie wichtig eine klare Nachfolgeregelung für Unternehmer und Unternehmerinnen, ihre Nachfolgen und ihr Unternehmen ist.

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Aus zahlreichen Studien geht hervor, dass sich Unternehmerinnen und Unternehmer häufig damit schwertun, die Unternehmensnachfolge zu planen. Was könnten Gründe dafür sein?

Oliver Pscheid: Auch wir beobachten, dass sich viele Unternehmerinnen und Unternehmer mit dem Thema schwertun und die Unternehmensnachfolge aufschieben.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer geben an, nicht genügend Zeit zu haben, um sich mit ihrer Nachfolge auseinanderzusetzen. Manchmal fällt es ihnen schwer, eine geeignete Nachfolgerin oder einen geeigneten Nachfolger zu finden. Oft fehlt es an einer klaren Vision, wie es nach dem eigenen Ausscheiden mit dem Unternehmen weitergehen soll. Dies stellen wir insbesondere dann fest, wenn keine familieninterne Nachfolge vorhanden ist. Schliesslich sehen wir auch regelmässig, dass sich Unternehmerinnen und Unternehmer nur schwer von ihrer Firma trennen oder sich zurückziehen können. Die Nachfolgeplanung ist ein emotionales Thema, was auch verständlich ist.

Was können nachteilige Konsequenzen sein, wenn eine Unternehmerin oder ein Unternehmer die Nachfolgeplanung auf die lange Bank schiebt?

Oliver Pscheid: Bei der Nachfolgeplanung muss zwischen der ordentlichen und der ungeplanten Nachfolge unterschieden werden. Die ordentliche Nachfolge bezieht sich auf den Fall, in dem ein Unternehmen zu Lebzeiten und mit voller Urteilsfähigkeit der bisherigen Eigentümerin oder des bisherigen Eigentümers übergeben wird. Wird die ordentliche Nachfolge nicht frühzeitig geplant, kann dies beispielsweise zur Folge haben, dass sich kurzfristig keine geeignete Nachfolge aufbauen lässt oder keine Nachfolgerin bzw. kein Nachfolger gefunden werden kann. Im äussersten Fall kann es vorkommen, dass ein Unternehmen mit dem Rückzug der Eigentümerin oder des Eigentümers vollständig aufgelöst und liquidiert werden muss.

Bei einer ungeplanten Nachfolge muss die Firma infolge einer unerwarteten Urteilsunfähigkeit oder nach dem Tod der Unternehmerin oder des Unternehmers übergeben werden. Das ist häufig eine sehr schwierige Situation, die zu grossen Unsicherheiten innerhalb des Unternehmens führt, den Betrieb schwächt und nachteilige Folgen für Mitarbeitende sowie Kundinnen und Kunden haben kann. Um dies zu verhindern, sollte jede Unternehmerin und jeder Unternehmer einen Notfallplan griffbereit haben und diesen auch stets aktuell halten.

Ein unternehmerischer Notfallplan – was kann man sich darunter vorstellen?

Oliver Pscheid: Ein Notfallplan umfasst Vorkehrungen für den Fall, dass eine Unternehmerin oder ein Unternehmer plötzlich ausfällt. Dabei geht es vor allem um den Fall der Urteilsunfähigkeit oder des Todes. 

Ein wirklich guter Notfallplan regelt Vertretungsrechte genauso wie konkrete Festlegungen zur ausserplanmässigen Unternehmensnachfolge. Das sollte so früh wie möglich geschehen. Auch junge Unternehmerinnen und Unternehmer – besonders solche mit Familie – sollten frühzeitig wichtige Vertrauenspersonen bestimmen und solide Strukturen schaffen, die bei einer notfallmässigen Übergabe greifen. Dies kann etwa durch einen breit abgestützten Verwaltungsrat oder durch eine handlungsfähige Geschäftsleitung erreicht werden.

Auch eine Scheidung kann für ein Unternehmen existenzgefährdend sein. Deshalb empfiehlt es sich, auch diesen Fall – meist durch einen Ehevertrag – klar zu regeln.

Vom Entrepreneur zur Investorin oder zum Investor: Wird ein Unternehmen nicht unentgeltlich übergeben, sondern verkauft, ändert sich die Rolle der Unternehmerinnen oder Unternehmer. Welche neuen Herausforderungen nach einem Verkauf sind typisch und wie kann UBS dabei unterstützen?

Oliver Pscheid: Wenn eine Firma verkauft und nicht unentgeltlich an die Nachkommen übertragen wird, verändert sich in der Regel die finanzielle Situation der Unternehmerin oder des Unternehmers erheblich. War bislang der Grossteil des Vermögens im Unternehmen gebunden, steht dieses nach dem Verkauf nun zur Verfügung.

Als Unternehmerbank beraten wir Entrepreneure umfassend und begleiten sie während ihrer gesamten beruflichen Laufbahn und darüber hinaus. Aus den genannten Gründen legen wir grossen Wert auf einen Notfallplan für den Fall der Fälle, die geplante Nachfolge und die Möglichkeit eines zukünftigen Verkaufs – auch wenn die Unternehmerin oder der Unternehmer noch lange in der Firma bleiben möchte und noch nicht an eine Übergabe oder den Verkauf denkt.

Wir unterstützen Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Nachfolgetransaktion, sei es durch M&A-Support oder Finanzierung der Transaktion. Anschliessend stellt sich die Frage, was mit dem Vermögen aus dem Verkauf passiert. Dabei zeigen wir unseren Kundinnen und Kunden geeignete Formen der Vermögensstrukturierung auf und nutzen dazu bewährte Modelle. «Liquidität. Langlebigkeit. Weitergabe.» lautet dabei üblicherweise unsere Vermögensstrategie.  Es geht also um die Sicherung des kurz- und mittelfristigen Liquiditätsbedarfs sowie die Altersabsicherung und schliesslich die Weitergabe des Vermögens.

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Eine ganzheitliche Beratung ist daher zentral?

Oliver Pscheid: Absolut. Eine umfassende Beratung sollte sich nicht nur auf bankbezogene Themen beschränken, sondern auch rechtliche und steuerliche Aspekte sowie die Liquiditäts- und Vorsorgeplanung einschliessen. Bei UBS verfügen wir über qualifizierte Spezialistinnen und Spezialisten, die ein breites Themenspektrum abdecken. Diese Expertise erlaubt es uns, massgeschneiderte Lösungen für unsere Kundinnen und Kunden zu finden.

Zum Schluss: Was ist Ihre abschliessende Empfehlung für Unternehmerinnen und Unternehmer?

Oliver Pscheid: Ungeachtet dessen, dass das jüngste Revisionsvorhaben im Erbrecht gescheitert ist: Eine frühzeitige Beratung zur Nachfolgeplanung ist entscheidend, denn eine einvernehmliche Regelung innerhalb der Familie wird auch unter dem neuen Recht bevorzugt. Dadurch können die Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen der Beteiligten frühzeitig erkannt und berücksichtigt werden. Dies ist im Interesse aller Beteiligten und des Unternehmens – was auch immer passiert.

Oliver Pscheid

Head Wealth Planning Content & Offering Schweiz

Oliver Pscheid ist Jurist und seit 2014 bei UBS tätig. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Beratung von vermögenden Privatkundinnen und -kunden sowie Unternehmerinnen und Unternehmern – dies vor allem im Zusammenhang mit komplexen und anspruchsvollen Nachfolgeregelungen.

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