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Der Fachkräftemangel in der Schweiz stellt für viele Unternehmen eine grosse Herausforderung dar. Und es ist davon auszugehen, dass sich die Situation in den nächsten Jahren weiter zuspitzt. Stark betroffen sind etwa die IT- oder die Gesundheitsbranche. Es fehlt aber auch an Mitarbeitenden für branchenübergreifende Berufsgruppen wie Logistikerinnen und Lastwagenfahrer, die in fast allen produzierenden Gewerben gesucht sind. Sie machen knapp ein Drittel aller fehlenden Fachkräfte in der Schweiz aus.

Erschwerend kommt hinzu: Die Schweiz profitierte aufgrund der höheren Löhne jahrelang von der Zuwanderung aus Deutschland. Nun mangelt es aber auch bei unserem nördlichen Nachbarn an Fachkräften. Ausserdem bekämpfen andere Staaten den sogenannten Brain Drain zunehmend und versuchen, ihre Expertinnen und Experten im eigenen Land zu halten.

Was können Unternehmen tun, um dem Fachkräftemangel in der Schweiz entgegenzuwirken? Hier gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

  1. Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland in die Schweiz
  2. Eröffnung eines neuen Standorts im Ausland, wo die gesuchten Fachkräfte gut verfügbar sind

Im Folgenden gehen wir auf die Herausforderung für Unternehmen bei der Rekrutierung ein und geben wertvolle Tipps.

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Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren

Der üblichere Weg, dem Personalmangel entgegenzuwirken, ist die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland. In welchem Land rekrutiert wird, hängt von der Branche, der Funktion, den Anforderungen sowie dem Standort des Unternehmens in der Schweiz ab. Das bilaterale Abkommen mit der EU erleichtert die Zuwanderung aus EU-Staaten – darum werden die meisten ausländischen Mitarbeitenden aus unseren Nachbarländern rekrutiert.

Trotzdem gilt hier: Einfacher gesagt als getan. Denn die Rekrutierung aus dem Ausland stellt sowohl das Unternehmen als auch die rekrutierte Person vor Herausforderungen. Als global tätiges Grossunternehmen wissen unsere HR-Spezialistinnen und -Spezialisten, worauf bei der Rekrutierung aus dem Ausland zu achten ist.
Das sind unsere Tipps, um geeignete Mitarbeitende zu finden und die gewonnenen Fachkräfte später auch im Unternehmen zu halten:


1. Welche Kompetenzen braucht mein Unternehmen? 

Überlegen Sie sich vor der Rekrutierung genau, welche Fachprofile und Kompetenzen Sie konkret brauchen – jetzt, aber auch in den kommenden Jahren. Welche Fähigkeiten müssen bereits vorhanden sein und welche können erlernt werden? Solche Informationen sind wichtig, um das HR-Team richtig zu briefen. Ausserdem helfen sie bei der Suche nach externen Partnern, die den Rekrutierungsprozess in verschiedenen Phasen unterstützen können: bei der Talentsuche, der Beantragung der Arbeitserlaubnis, der Wohnungssuche und beim Umzug oder bei Fragen rund um die Steuern. Vorsicht bei den Qualifikationen und Zertifikaten: Internationale Abschlüsse können sich von den hiesigen stark unterscheiden.

2. Attraktivität des Standorts hervorheben

Fachkräftemangel herrscht nicht nur hierzulande. Was müssen Sie als Unternehmen bieten, um attraktiv genug für Menschen zu sein, damit sie ihre Heimat verlassen und in die Schweiz kommen? Werben Sie sowohl für das Unternehmen als auch für den Standort Schweiz. Zeigen Sie Vorteile auf wie gute Entlöhnung, sichere Arbeitsplätze, gute Sozialleistungen, eine moderne Infrastruktur und Mitgestaltungsmöglichkeiten. Nutzen Sie Marketinginstrumente wie etwa den Schweizer Tourismus. Auch eine attraktive Website kann Kandidatinnen und Kandidaten überzeugen: Machen Sie auf Ihren Karriereseiten auch den Unternehmensalltag in Ihrer Firma sichtbar. Binden Sie Mitarbeitende mit ein, etwa mit Fotos, Videos oder Podcasts. Das macht Ihr Unternehmen greifbarer für mögliche Kandidaten.

3. Bieten Sie Unterstützung bei administrativen Prozessen

Die grösste Hürde bei der Rekrutierung aus dem Ausland sind die Arbeitsbewilligungen für Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger. Sie als zukünftiger Arbeitgeber müssen nachweisen, dass auf dem inländischen Arbeitsmarkt (inländisches Potenzial) und auf den Arbeitsmärkten der EU/EFTA-Länder keine für die zu besetzende Stelle geeigneten Personen zur Verfügung stehen. Der Lohn, die Sozialversicherungsbeiträge und die Arbeitsbedingungen müssen dabei den orts-, berufs- und branchenüblichen Verhältnissen in der Schweiz entsprechen. Wenn diese Hürde überwunden ist, stehen weitere Herausforderungen an: Das Schweizer System der Krankenversicherung wirft beispielsweise für Ausländerinnen und Ausländer oft Fragen auf. In den meisten Ländern sind die Versicherungskosten in den Leistungen des Arbeitgebers enthalten und decken auch die Angehörigen ab. In der Schweiz muss sich der Arbeitnehmende selbst darum kümmern. Unterstützen Sie Ihre neuen Mitarbeitenden bei der Navigation durch das Versicherungssystem.

4. Bedenken Sie das Thema Familiennachzug

Das Thema Partner- beziehungsweise Familiennachzug stellt bei der Rekrutierung von Fachspezialistinnen und -spezialisten aus dem Ausland oft einen Knackpunkt dar. Doppelverdiener-Paare stehen etwa vor der Herausforderung, dass die Partnerin oder der Partner des potenziellen Mitarbeitenden in der Schweiz nicht dieselben Karrierechancen hat wie im Ursprungsland. Für ein Paar bedeutet das den Verlust eines Einkommens oder Schwierigkeiten bei der Suche nach einer entsprechenden Stelle in der Schweiz. Als Arbeitgeber lohnt es sich, diese Herausforderung zu kennen und Antworten oder sogar Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Mitarbeitende mit Kindern sind oft froh um Informationen über die Kinderbetreuung in der Schweiz oder Hilfe bei der Suche nach geeigneten – internationalen – Schulen.

5. Helfen Sie bei der Integration

Für einige Mitarbeitende und ihre Familien kann es schwierig sein, sich in der Schweizer Gesellschaft zu integrieren. Umso mehr dann, wenn sie die Landessprache nicht sprechen. Dies könnte dazu führen, dass Familien in ihr Heimatland zurückzukehren, während die oder der Mitarbeitende regelmässig in die Schweiz pendelt. Ein solcher Zustand ist auf lange Sicht meist nicht tragbar. Um ausländische Mitarbeitende besser zu integrieren, ermuntern Sie sie, an lokalen Aktivitäten teilzunehmen, und unterstützen Sie sie beim Lernen der Sprache. Ausserdem hilft es, wenn sich Ihre Mitarbeitenden untereinander vernetzen, was Sie mit entsprechenden Veranstaltungen fördern können.

Die Rekrutierung von ausländischem Personal ist nur eine Möglichkeit, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Es gibt auch Ansätze, die weniger Zeit und Kosten generieren – und flexibler sind. So zum Beispiel temporäre Arbeitsverträge auf Projektbasis. Oder es gibt das sogenannte Personal-Leasing. Sie «leihen» sich zum Beispiel Personal eines Kunden für ein spezifisches Projekt aus. Das Wichtigste ist, sich im Voraus genau zu überlegen, was Ihre langfristigen Bedürfnisse sind.

Is a production facility abroad worth it

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Neuen Standort im Ausland eröffnen

Die Schweizerische Post hat im Jahr 2022 ein Exempel statuiert, über das verschiedene Medien berichteten. Demnach kann die Post die aufgrund der zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung benötigten IT-Fachkräfte in der Schweiz nicht mehr ausreichend rekrutieren. Es bleiben immer mehr Stellen unbesetzt. Die Post geht deshalb neue Wege und baut in Portugal einen eigenen europäischen IT-Entwicklungsstandort mit mittelfristig bis zu 120 zusätzlichen Mitarbeitenden auf.

Mit einem neuen Standort im Ausland können Unternehmen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: sich Zugang zum internationalen Arbeitsmarkt verschaffen und gleichzeitig das Arbeitskräftepotenzial des Ziellandes nutzen. Doch die Eröffnung eines neuen Standorts ist mit erheblichen Aufwänden und Herausforderungen verbunden. Damit sich dieser Schritt für Ihr Unternehmen lohnt, sollten folgende Voraussetzungen zutreffen:

1. Bezug zum Zielland besteht: Prüfen Sie die Option, einen Standort im Ausland zu eröffnen, dann sollten Sie sich folgende Fragen stellen: Mit welchen Ländern halten Sie bereits Kunden- oder Zuliefererbeziehungen? Gibt es Mitarbeitende in Ihrem Unternehmen mit Bezug zum Zielland? Haben Sie Kenntnisse über die Verhältnisse auf dem dortigen Arbeitsmarkt? Verfügen Sie über Kontakte vor Ort, die Sie bei der Rekrutierung oder auch bei rechtlichen Abklärungen, Behördengängen et cetera unterstützen können?

2. Sprache und Kultur können vereinbart werden: Gibt es eine gemeinsame Sprache mit den Landsleuten am Zielstandort? Existiert eine ähnliche Unternehmens- und Arbeitskultur? Oder auch: Was sind die üblichen Arbeitszeiten im Zielland? Diese Frage hat etwa dann Relevanz, wenn die Mitarbeitenden am neuen Standort eng mit den Mitarbeitenden in der Schweiz zusammenarbeiten.

3. (Arbeits)rechtliche Hürden wurden geprüft: Inwiefern lässt sich das schweizerische Arbeitsrecht auf den Auslandsstandort adaptieren? Wie sieht es etwa aus mit Taggeld- oder Krankenversicherungen, Sozialleistungen, Mutter- und Vaterschaftsurlaub oder einer Probezeit aus? Was sind die marktüblichen Löhne?

Unser Tipp: Erstellen Sie aus all diesen Punkten und dem geschätzten finanziellen Aufwand eine grobe Kosten-Nutzen-Rechnung. Lassen Sie diese anschliessend in Ihre Liquiditäts- und Investitionsplanung einfliessen. Häufig ist diese Art der Fachkräftegewinnung sinnvoller für grössere Unternehmen, die (noch) nicht global tätig sind. Umso mehr, wenn sie durch die Standorteröffnung gleichzeitig von einer Markterschliessung oder -erweiterung profitieren können.

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Porträt von Catherine Gumy

Catherine Gumy

Head Global Mobility Advisory

Catherine Gumy ist seit über 20 Jahren in Human Resources im Bereich Global Mobility tätig. Zusammen mit ihrem Team begleitet sie unsere Mitarbeitenden, die im Laufe ihrer Karriere eine Herausforderung in Ausland annehmen und entweder temporär oder permanent ein neues Land entdecken und sich dort aufhalten.

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