Eignerstrategie: Das müssen Sie wissen

Unternehmerinnen und Unternehmer sind sich einig, dass eine Unternehmensstrategie ein Must ist. Interessanterweise haben wenige eine Strategie für ihre privaten Ziele. Gleichwohl: Unternehmerische Entscheidungen wirken sich auch aufs Privatleben aus – und Entwicklungen im Privatleben auch auf das Unternehmen. Peter Kempin erklärt im Interview, warum Eignerstrategien so wichtig sind und wem sie wie nützen.

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Herr Kempin, was ist eine Eignerstrategie?

Peter Kempin: Wenn Sie oder Ihre Familie ein Unternehmen besitzen, definieren Sie mit der Eignerstrategie aus der Perspektive als Inhaberin oder Inhaber Ziele, Werte oder Visionen, die Sie mit Ihrer Firma verfolgen. Die Unternehmensstrategie als Gegenstück beschreibt die Ziele und Visionen aus Firmensicht.

Was ist die Basis für eine Eignerstrategie?

In der Eignerstrategie bestimmen Sie, welche Ziele Sie einerseits als Unternehmer mit Ihrer Firma und andererseits als Privatperson erreichen wollen. Dabei überlegen Sie sich zwangsläufig auch, wie Sie Ihre privaten und unternehmerischen Ziele in Einklang bringen. Ich empfehle, bei dieser Gelegenheit auch das persönliche Wertesystem zu definieren, an dem Sie sich privat und unternehmerisch orientieren. Dies hilft nicht nur Ihnen bei strategischen Entscheidungen, sondern dient auch Ihrer Familie und den Mitarbeitenden Ihrer Firma als Nordstern.

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Gibt es einen idealen Zeitpunkt für eine Eignerstrategie?

Vermissen werden Sie eine Eignerstrategie spätestens dann, wenn Sie in Schlüsselmomenten Ihres unternehmerischen Lebenszyklus vor wichtigen Entscheidungen stehen. Der beste Zeitpunkt ist deshalb möglichst früh und mit Blick in die Zukunft, damit Sie sich ohne Druck mit möglichen Szenarien befassen können. Einer dieser Schlüsselmomente ist die Unternehmensnachfolge. Doch so lange sollte man nicht zuwarten. Denn eine enge Abstimmung privater und unternehmerischer Ziele ist auch schon früher nötig – zum Beispiel bei der Gründung Ihrer eigenen Firma oder wenn in der Wachstumsphase grössere Investitionen auf dem Tapet stehen.

Geben Sie uns ein Beispiel für einen solchen Schlüsselmoment?

Angenommen, Sie wollen sich in fünf Jahren zurückziehen, dann wird das der Schlüsselmoment Ihrer Eignerstrategie. Sie sind auf beiden Ebenen gefordert und müssen Entscheidungen treffen sowohl in Bezug auf die Unternehmensnachfolge als auch bei der persönlichen Vermögens- und Nachlassplanung. Beide Aspekte haben grosse Konsequenzen für Ihre Zukunft – und wollen sorgfältig geplant und vorbereitet sein. Welche Baustellen vor, während und nach dem Verkauf zu bearbeiten sein werden, wissen wir aus Erfahrung, denn wir haben schon unzählige Unternehmerinnen und Unternehmer in dieser Phase begleitet. Deshalb können Sie von unserer Unterstützung nur profitieren – für Sie wird es wahrscheinlich das erste und einzige Mal sein, dass Sie Ihr Lebenswerk verkaufen und sich zur Ruhe setzen. Wir beraten Sie, welche Ziele realistisch sind. Und wir unterstützen Sie dabei, dass Sie sie auch erreichen. Gemeinsam begeben wir uns auf diese Reise. Sie beginnt meist damit, dass Sie Ihr Unternehmen fit machen für den Verkauf. Und sie endet auch nicht damit, dass Sie Ihr neues Vermögen entsprechend Ihren Absichten anlegen – beides stets mit Blick auf Ihre Werte und Ihre persönliche Eignerstrategie.

Aber es geht bestimmt auch ohne Eignerstrategie …

Ich fürchte, viele denken tatsächlich so. Sie verwechseln Ursache und Wirkung, denn im Idealfall leitet sich die Unternehmens- aus der Unternehmerstrategie ab. Vor allem aber besitzt und führt häufig ein und dieselbe Person das Unternehmen und ist dessen alleiniger Verwaltungsrat. Sie hat ihre Strategie im Kopf und bei Bedarf vor dem geistigen Auge. Aber erst wenn sie schriftlich festgehalten und – wo angebracht – auch kommuniziert wird, erhält die Strategie der Eignerin oder des Eigners die nötige Verbindlichkeit im Unternehmer- und Familienleben.

Ist in solchen Konstellationen eine Eignerstrategie wirklich nötig?

Gerade wenn Sie viele Funktionen in Personalunion ausüben, brauchen Sie eine Eignerstrategie. Denn besonders wenn Sie gleichzeitig Inhaber, Verwaltungsrat, Geschäftsführer, womöglich auch noch Stiftungsrat der Pensionskasse sind: Investiert haben Sie Ihr privates Vermögen. Das Kapital Ihrer Firma gehört also nach wie vor Ihnen als Privatperson. Und auch wenn Sie 24/7 an Ihr Unternehmen denken, haben Sie auch noch ein Privatleben. Häufig sind Ihre privaten und Ihre unternehmerischen Interessen diametral verschieden. Überspitzt gesagt: Ihre privaten Ziele können Ihrer Firma sogar schaden. Genau deshalb ist auch in dieser Konstellation eine Eignerstrategie so wichtig.

Wie sieht es aus, wenn ein Unternehmen mehrere Aktionäre hat?

Ich treffe diese Situation häufig bei zwei Typen von Unternehmen an: Erstens bei Familienunternehmen, die über Generationen gewachsen sind; entsprechend verteilen sich auch die Aktien innerhalb der Familie auf viele Zweige. Und zweitens bei Start-ups mit mehreren Co-Gründern und externen Investoren sowie entsprechend komplexen Eigentümerverhältnissen. In beiden Situationen sind schriftliche Eignerstrategien nicht nice to have sondern ein Must – ebenso wie wirklich wasserdichte Aktionärsbindungsverträge sowie güter- und erbrechtliche Regelungen.

Können Sie an einem Beispiel konkret den Nutzen einer Eignerstrategie zeigen?

Angenommen, Sie haben vor zehn Jahren eine Firma gegründet und seither Ihr ganzes Geld und Ihre ganze Energie in Ihr Baby gesteckt, das jetzt die Expansion ins Ausland plant. Allerdings ist dies nicht Ihr einziges Baby, denn Sie haben in der Zwischenzeit auch eine Familie gegründet, die ebenfalls wächst – und mit ihr auch der Traum vom Eigenheim. Das ist aus Ihrer privaten Sicht und im aktuellen Zinsumfeld absolut legitim und auch begrüssenswert. Leider ist dieser Hauskauf gar nicht im Interesse Ihres Unternehmens, das für die geplante Expansion weiteres Eigenkapital von Ihnen benötigt. Sie stehen also vor einem Dilemma: Sollen Sie für sich und Ihre Familie ein Haus kaufen und langfristig Geld sparen – oder Ihrem Unternehmen mit diesem Geld den nächsten Wachstumsschritt ermöglichen?

Was würde eine Eignerstrategie an diesem Dilemma ändern?

Das Szenario «Erwerb von Wohneigentum» ist ja nicht komplett abwegig und wäre schon viel früher auf Ihrem Radar aufgetaucht – und zwar beim Entwickeln Ihrer Eignerstrategie. Sie hätten sich Gedanken gemacht über mögliche Zeitpunkte, Finanzierungen, Handlungsoptionen und so weiter. Also hätten Sie in der Eignerstrategie vielleicht festgelegt, dass in diesem Fall das Haus den Vorrang erhält, sofern Ihr Unternehmen zu diesem Zeitpunkt nicht in Liquiditätsschwierigkeiten steckt. Oder dass die Expansion erste und der Hauskauf zweite Priorität hat. Oder dass der Hauskauf erst erfolgt, wenn das Unternehmen so und so viel freie Liquidität erwirtschaftet hat.

Es geht also ums Verhindern von Interessenskonflikten?

Interessenskonflikte können Sie nicht verhindern, sehr wohl aber die Folgen. Weil Sie sich beim Entwickeln der Strategie mit allen möglichen Eventualitäten beschäftigen, werden Sie für die wahrscheinlichsten auch frühzeitig Lösungen und Handlungsoptionen entwickeln und diese als Teil Ihrer Eignerstrategie festlegen. Das Schadenspotenzial von Interessenskonflikten wird immer kleiner, je besser Sie sich vorbereiten. So schützen Sie sich nicht nur vor Schaden, sondern auch vor platzenden Illusionen und schmerzhaften Landungen auf dem Boden der Realität.

Reicht es aus, wenn ich meine Ziele definiere?

Unlängst hatte ich ein Gespräch mit einem Unternehmer. «Spätestens mit 55, also in fünf Jahren, will ich meine Firma verkaufen und nur noch das Leben geniessen», beantwortete er meine Frage nach seinen Zielen. Ein Ziel zu haben, ist nur die halbe Miete; ohne Können nützt alles Wollen nichts: Hat er ausgerechnet, wie viel er braucht, um den Rest seines Lebens von seinem Vermögen leben zu können? Hat er Interessenten, die ihm diese Summe für seine Firma offerieren? Hat er schon begonnen, sein Unternehmen auf den Verkauf vorzubereiten? Hat er eine Exit-Strategie, wie er betrieblich nicht notwendige Liquidität und Vermögenswerte aus der Firma nehmen kann, ohne dass die Steuer sehr teuer wird? Wie will sein Unternehmen mit weniger Eigenmitteln die anstehenden Investitionen finanzieren? Und hat er sich überlegt, ob mit einer dünneren Eigenkapitaldecke nicht auch die Attraktivität seines Unternehmens auf mögliche Käufer abnimmt?

Wie kommt es, dass die meisten Eigner eine Unternehmensstrategie haben, aber keine Eignerstrategie?

Ich kann nur mutmassen. Der Hauptgrund wird sein, dass Vollblut-Unternehmer und -Unternehmerinnen ihre privaten Interessen vergessen – und dass diese im Widerspruch zu ihren unternehmerischen Zielen stehen können. Oft höre ich auch, man wolle sein Privatleben nicht auch noch verplanen. Manche wissen nicht, was in eine Eignerstrategie gehört und wie sie vorgehen sollen. Und wieder andere – einige wenige – wissen nicht, dass es so etwas wie Eignerstrategien gibt und dass sie eine brauchen.

Wie unterstützt mich UBS in Sachen Eignerstrategie?

Wir starten den Dialog in der Regel mit einer Auslegeordnung Ihres Hier und Jetzt: Lebensumstände, Finanzen, Firma, familiäre Verhältnisse, Absichten, absehbare Veränderungen, Verpflichtungen, Ziele und so weiter. Damit wir Sie fundiert beraten und unterstützen können, müssen wir uns ein möglichst umfassendes Bild verschaffen. «Wir», weil bei dieser Situationsanalyse meist sowohl das Wealth Management als auch der Firmenkundenbereich von UBS involviert sind. Das ist essenziell, da Ihr privates Vermögen grösstenteils in Ihrer Firma investiert ist – die Firma ist Ihr Vermögen.

Als weltweit grösster Vermögensverwalter und wichtigste Bank für Schweizer KMU betreuen wir Unternehmer und deren Firmen integral. Sind Sie Privat- und Firmenkunde von UBS, so können wir in unseren Lösungen beide Bedürfnisse optimal aufeinander abstimmen. Zusammen mit unseren Expertenteams begleiten wir Sie und Ihr Unternehmen, besprechen mit Ihnen die zentralen Fragen für Ihre Zukunft. Wir beraten Sie bei strategischen Entscheiden und unterstützen Sie bei der Umsetzung.

Sie haben das letzte Wort. Was sagen Sie?

Einem 70-jährigen Unternehmer mitteilen zu müssen, sein Unternehmen sei viel weniger wert, als er sich vorstelle, und er werde vom Erlös nicht wie erhofft noch 20 oder 30 Jahre komfortabel leben können … Das tut mir in der Seele weh. Deshalb: Eine Eignerstrategie kann nie zu früh kommen – zu spät aber schon.

Peter Kempin

Peter Kempin

Teamleiter Executives & Entrepreneurs Zürich

Die Begeisterung für das Unternehmertum zieht sich wie ein roter Faden durch Peter Kempins Laufbahn bei UBS. In den mehr als 15 Jahren engagierte er sich in den Bereichen Corporate Finance, Firmenkunden und Wealth Management. Es fasziniert ihn, mit seinem Team komplexe Aufgaben im Spannungsfeld zwischen Privat- und Geschäftsvermögen zu lösen.

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