Negativzinsen sind positiv – vorläufig noch

Das Chief Investment Office des UBS Global Wealth Management beantwortet in einer neuen Studie die vordergründig harmlose Frage «Was bedeuten Negativzinsen für die Altersvorsorge?» Die Autoren kommen bei der Analyse des Ist-Zustands zu überraschenden Schlüssen und entwickeln daraus zwei mögliche Szenarien, die wenig zuversichtlich stimmen. Vor allem aber zeigt die Studie auf, dass Tief- und Negativzinsen nur ein Nebenschauplatz sind – die eigentliche Herausforderung in der Altersvorsorge ist der demografische Wandel. Gefragt ist der Gesetzgeber, und die Diskussion sollte sich nicht um Negativzinsen drehen. Sondern um den Umwandlungssatz. Doch schön der Reihe nach.

Zwischenfazit 1: Den Pensionskassen geht es gut…

Das erste Zwischenfazit erstaunt ob des Lamentos der Vorsorgeeinrichtungen: Bis heute haben die Pensionskassen von den Negativzinsen sogar profitiert. Zum einen, weil die anhaltend tiefen Zinsen den Wert der Anleihen in den Pensionskassen-Portfolios ansteigen lassen. Zum anderen profitieren die Aktienmärkte weltweit von der boomenden Wirtschaft; in den USA lag die Rendite bei ungefähr 11 Prozent pro Jahr, in der Schweiz immerhin noch bei 8. Und weil auch der Immobilienmarkt von der Zinsentwicklung profitierte, ergab sich für die Schweizer Pensionskassen in den zehn Jahren seit 2009 eine jährliche Rendite von durchschnittlich 4,2 Prozent. Da die Pensionskassen jährlich geschätzte 400 Millionen Franken Negativzinsen bezahlen, die Cash-Positionen aber nur rund 5 Prozent der Portfolios ausmachen, wäre die Performance ohne Negativzinsen nicht wesentlich höher gewesen. Vorderhand profitieren die Pensionskassen also noch vom tiefen Zinsniveau. Das mag mit ein Grund dafür sein, dass sie ihre Mittel wesentlich defensiver allozieren, als die Anlagevorschriften nach BVV 2 zulassen würden.

Zwischenfazit 2: …doch das dürfte sich ändern

Von dieser Ist-Analyse ausgehend, entwickeln die Autoren zwei plausible Szenarien – und bei keinem sind die Aussichten sonderlich rosig. Egal, ob man von einem langsamen Zinsanstieg ausgeht oder vom Gegenteil, nämlich anhaltenden Tief- und Negativzinsen: Die Renditen werden sinken. Beim ersten Szenario dürfte die durchschnittliche Rendite in den nächsten sieben Jahren von aktuell 4,2 auf 2,3 Prozent sinken – und damit der Druck auf die Vorsorgeeinrichtungen zunehmen, die Renten der Realität anzupassen.

Zwischenfazit 3: Die Umverteilung in der 2. Säule hat keine Zukunft

Schon heute beziehen Pensionierte höhere Renten, als sie durch Beiträge und Anlageerträge angespart haben. Die Pensionskassen finanzieren ihre zu hohen Rentenversprechen über eine Umverteilung zulasten der heutigen Beitragszahler. Das Kapitaldeckungsverfahren der 2. Säule sieht eine solche Umverteilung nicht vor – und doch beläuft sie sich nach Schätzungen der Oberaufsichtskommission der Beruflichen Vorsorge auf rund 6,7 Milliarden Franken pro Jahr. Die Ursache ist nicht (nur) das tiefe Zinsniveau, sondern der demografische Wandel. Und da die Höhe der Renten an den Umwandlungssatz gekoppelt ist, müsste dieser sowohl der steigenden Lebenserwartung als auch den Renditeerwartungen angepasst werden.

Zwischenfazit 4: Der Umwandlungssatz ist Aufgabe der Politik

Spätestens an diesem Punkt erhält die Diskussion über Negativzinsen politische Brisanz. Denn die Autoren der Studie haben errechnet, dass der Umwandlungssatz von aktuell 6,8 auf weniger als 4 Prozent reduziert werden müsste, um der Realität zu entsprechen. Der Gesetzgeber müsste also eine empfindliche Kürzung der Renten aus der beruflichen Vorsorge beschliessen, was aber wohl beachtliche Nebengeräusche zur Folge hätte. Die Autoren diskutieren Vor- und Nachteile von neuen Ideen, mit denen die Politik die Folgen der Negativzinsen für Pensionskassen lindern könnte – «Vorsorge-Eidgenossen» zum Beispiel, in die nur Pensionskassen investieren dürften, und die eine positive Rendite abwerfen würden. Doch auch solche Innovationen ändern nichts an der Tatsache, dass der Umwandlungssatz zu hoch ist. Und dass über eine Senkung nicht die Pensionskassen entscheiden. Sondern einzig und allein die Politik.

Wollen Sie mehr wissen?

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Warum profitieren Pensionskassen von Negativzinsen. Und wie lange noch? Und was dann? Und warum sollte man stattdessen über den Umwandlungssatz diskutieren? Antworten, Perspektiven und unangenehme Einsichten finden Sie in der 10-seitigen Studie aus dem Chief Investment Office des UBS Wealth Managements: «Was bedeuten Negativzinsen für die Altersvorsorge?»

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