Zürich, 30. September 2020 – Gemäss dem UBS Global Real Estate Bubble Index, einer jährlichen Studie des Chief Investment Office von UBS Global Wealth Management, weist die Hälfte aller analysierten Städte ein Blasenrisiko oder eine deutliche Überbewertung am Markt für Wohnimmobilien auf.

Beschleunigte Preisanstiege – weiter steigende Risiken in Europa

Der Euroraum ist die Region mit den meisten überhitzten Wohnungsmärkten. Die stärksten Warnsignale zeigen München und Frankfurt. Unmittelbar darauf folgen Paris und Amsterdam, für die ebenso wie für die beiden deutschen Städte ein Blasenrisiko besteht. Auch Zürich, Toronto und Hongkong zeigen starke Ungleichgewichte. Der Wohnungsmarkt von Vancouver liegt im Gegensatz zum Vorjahr in der Kategorie der überbewerteten Städte. Dies gilt ebenfalls für London, San Francisco, Los Angeles und in geringerem Masse auch für New York. Boston, Singapur und Dubai sind weiterhin fair bewertet. Das Gleiche gilt für Warschau, das erstmals in der Studie berücksichtigt wurde. Chicago bleibt als einziger Markt unterbewertet.

Die inflationsbereinigten jährlichen Preissteigerungsraten haben sich in den letzten vier Quartalen im Durchschnitt beschleunigt. In vielen europäischen Metropolen sind die Preise um mehr als 5 Prozent gestiegen, allen voran in München, Frankfurt und Warschau. Die Preissteigerungsraten in den asiatischen und amerikanischen Städten bleiben, ausser in Sydney, weiter im unteren bis mittleren einstelligen Bereich. Madrid, San Francisco, Dubai und Hongkong sind die einzigen Städte, in denen die Preise gesunken sind. Das letzte Mal, dass es weniger Städte mit negativem Preiswachstum gab, war im Jahr 2006.

UBS Global Real Estate Bubble Index

Index scores for the housing markets of select cities, 2020

Staatliche Unterstützung erhöht Widerstandsfähigkeit nur kurzfristig

Die Wohnungsmärkte sind trotz der Pandemie im ersten Halbjahr 2020 stabil geblieben. Die Studie macht dafür drei Hauptgründe aus. Erstens sind Wohnungspreise ein nachlaufender Konjunkturindikator. Sie bilden einen Abschwung nur mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung ab. Zweitens haben die meisten potenziellen Eigenheimkäufer im ersten Halbjahr 2020 keine unmittelbaren Einkommenseinbussen erlitten. Kreditfazilitäten für Unternehmen und Kurzarbeit haben die Folgen der Krise abgemildert. Und drittens haben Eigenheimbesitzer in vielen Städten während des Lockdowns staatliche Unterstützung erhalten. Eigenheimsubventionen wurden erhöht, Steuern gesenkt und Zwangsvollstreckungsverfahren ausgesetzt.

Mark Haefele, Chief Investment Officer bei UBS Global Wealth Management, sagte: «Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt sich nicht sagen, inwieweit sich höhere Arbeitslosigkeit und düstere Aussichten für die Haushaltseinkommen auf die Wohnungspreise auswirken werden. Klar ist jedoch, dass die derzeitige Beschleunigung auf kurze Sicht nicht nachhaltig ist. Die Mieten sind in den meisten Städten bereits zurückgegangen. Das spricht dafür, dass wahrscheinlich eine Korrekturphase einsetzt, wenn die Subventionen auslaufen und der Druck auf die Einkommen steigt.»

Angesichts der hohen Marktbewertungen und des unsicheren kurzfristigen Ausblicks rückt die langfristige Perspektive der städtischen Wohnimmobilienmärkte in den Vordergrund. Einerseits haben die wichtigsten Treiber steigender Immobilienpreise – sehr gute Beschäftigungsmöglichkeiten und Freizeitangebote, niedrige Finanzierungskosten und ein begrenztes Angebotswachstum – weiterhin Bestand. Andererseits scheint die Pandemie die Verschiebung des Bevölkerungswachstums von den Städten in die umliegenden Ballungsgebiete zu beschleunigen.

Claudio Saputelli, Leiter Real Estate bei UBS CIO GWM, erklärte: «Die vermehrte Arbeit im Homeoffice stellt die Notwendigkeit infrage, nahe der Innenstädte zu leben. Der Druck auf die Haushaltseinkommen veranlasst viele Menschen, in erschwinglichere Vorstadtgebiete umzuziehen. Bereits jetzt hochverschuldete oder wirtschaftlich schwächere Städte werden dieser Konjunkturkrise überdies mit Steuererhöhungen oder Sparmassnahmen begegnen müssen. Keines von beidem ist gut für die Immobilienpreise. Unter dem Strich machen diese Faktoren einige längerfristige Unsicherheiten in Bezug auf die städtische Wohnungsnachfrage wahrscheinlich.»

Matthias Holzhey, Hauptautor der Studie und Leiter Swiss Real Estate bei UBS CIO GWM, ergänzte: «Die Städte in der Blasenrisikozone verkraften die Corona-Krise offenbar relativ gut. Die lokale Wirtschaft in München, Toronto und Hongkong wird sich vermutlich rasch erholen. Aber selbst wenn es nicht zu einer breiten Marktkorrektur kommt, dürfte das Potenzial für weitere Kapitalgewinne ausgeschöpft sein. Vor allem die Ertragsperspektiven vermieteter Eigentumswohnungen sind angesichts der rekordhohen Preis-Miet-Verhältnisse schlecht.»

UBS Global Real Estate Bubble Index: Übersicht, 2020

Regionale Aussichten

Schweiz

Zürich hat im letzten Jahrzehnt von allen Schweizer Wirtschaftsregionen die stärkste Preissteigerung verzeichnet. Der Wohnungsmarkt der Stadt war dabei von einem verhältnismässig rasch wachsenden Angebot geprägt. Die überwiegende Mehrheit der neu erstellten Wohnungen wurde allerdings letztlich vermietet. Der Markt für selbst genutzte Immobilien ist ausgetrocknet. Die Coronavirus-Krise hat bislang kaum Spuren hinterlassen. Tatsächlich ist die Nachfrage nach Wohnungen an Zentrumslagen in Zürich sogar gestiegen. Die hohe Zahlungsbereitschaft widerspiegelt die Erwartungen weiter steigender Preise sowie einer anhaltend hohen Investitionsnachfrage. Die Stadt ist deshalb neu in den Blasenrisikobereich gerutscht.

In Genf ist sowohl das Preisniveau als auch der Indexwert tiefer als in Zürich. Nach dem jüngsten Preisanstieg hat der Wohnungsmarkt in Genf jedoch seine Verluste aus der Zeit von 2013 bis 2016 ausgeglichen. Hinzu kommt, dass Eigenheimbesitz dank niedriger Hypothekenzinsen und überhöhter Marktmieten weiterhin attraktiv ist. Die Stadt profitiert zudem davon, dass sie international ausgerichtet ist und trotz eingeschränkter Erschwinglichkeit weiterhin ausländische Staatsangehörige anzieht.

Europa

Die Indexwerte aller analysierten Städte der Eurozone sind in den letzten vier Quartalen gestiegen, wobei die Bewertungen bereits die höchsten weltweit sind. Wegen der rekordniedrigen Finanzierungskosten, die nicht im Einklang mit der Stärke der lokalen Wirtschaften stehen, steigen die Ungleichgewichte weiter an. In Frankfurt und München haben sich die Preise in den vergangenen zehn Jahren sogar mehr als verdoppelt.

London dagegen weist von allen analysierten Städten die zweitschwächste Preisentwicklung seit 2016 auf. Dennoch bleibt die Stadt im überbewerteten Bereich. Fragen der Erschwinglichkeit, politische Unsicherheit sowie eine Verschärfung des steuerlichen und regulatorischen Umfelds setzen die Hauspreise jedoch weiter unter Druck. Es ist davon auszugehen, dass ausländische Käufer das schwächere Pfund und den Preisrückgang für sich nutzen und das Preisniveau damit mittelfristig stützen werden.

USA

In den Städten an der Ostküste waren die Indexwerte in den letzten fünf Jahren relativ stabil. Die Märkte an der Westküste hingegen entwickelten sich weniger konstant. In Los Angeles sind die Indexwerte weiter gestiegen, während die Bewertungen in San Francisco infolge sinkender Eigenheimpreise rückläufig waren. Insgesamt profitieren die Wohnungspreise in den USA vom Rückgang der Hypothekenzinsen auf historisch niedrige Niveaus. Die Preisveränderungen in den analysierten Städten bleiben jedoch hinter dem landesweiten Durchschnitt zurück. Die Nachfrage nach Immobilien in Stadtzentren hat sich abgeschwächt, da die Menschen aus Gründen der Erschwinglichkeit und wegen der Folgen von COVID-19 in die Vororte zogen. Die fortgesetzte Abwanderung in kostengünstigere, unternehmensfreundlichere Bundesstaaten, die zudem bessere steuerliche, und regulatorische Bedingungen bieten, hat diesen Trend beschleunigt.

Naher Osten

Tel Aviv hat in den vergangenen 30 Jahren von den in diesem Bericht analysierten Städten mit das stärkste Preiswachstum verzeichnet. Aktuell befinden sich die Wohnungspreise dank besserer Finanzierungsbedingungen und des knappen Angebots an Wohnimmobilien wieder in einem Aufwärtstrend. Die Regierung hat die Erwerbssteuer für Zweiteigenheime gesenkt und damit Investitionen am Wohnungsmarkt begünstigt. Der Immobilienmarkt von Dubai hingegen hat einen neuen zyklischen Tiefpunkt erreicht. Seit dem letzten Höchststand 2014 sind die Preise um mehr als 35 Prozent gefallen, und die Bewertung ist nah an einem gedrückten Niveau. Positive Preiseffekte des starken Bevölkerungswachstums und günstigerer Hypothekenregulierungen werden durch das anhaltend kräftige Angebotswachstum und die Ölpreisschwäche ausgeglichen.

APAC

Die Hauspreise in Hongkong und Singapur sind im ersten Halbjahr recht stabil geblieben. Während jedoch die realen Eigenheimpreise in Hongkong 50 Prozent höher als vor zehn Jahren liegen, sind die Preise in Singapur im selben Zeitraum nahezu unverändert geblieben. Die regulatorischen Verschärfungen haben sich in der «Löwenstadt» im letzten Jahrzehnt als sehr wirksam zur Begrenzung des Preiswachstums erwiesen. Die unsicheren Konjunkturaussichten belasten den Marktausblick in beiden Städten. Da diese in ihren jeweiligen Regionen jeweils eine Schlüsselrolle spielen, dürfte die Nachfrage jedoch mittelfristig hoch bleiben. Tokio hat sich dank seines starken Bevölkerungswachstums und attraktiver Finanzierungsbedingungen zu einem der dynamischsten Wohnungsmärkte in der Region entwickelt. In Sydney haben eine Lockerung der Kreditvergabestandards sowie die Zinssenkungen der RBA in den letzten Quartalen zu einer bescheidenen, aber wahrscheinlich flüchtigen Preiserholung geführt.


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Kontakte

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Maciej Skoczek
Ökonom, Swiss Real Estate, Chief Investment Office GWM
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