Strand und Küstenlinie als Symbole für den Ruhestand

Viele Länder haben grosszügige Rentenprogramme implementiert, die jedoch nicht verhindert haben, dass das Weltwirtschaftsforum diese als eine «globale Zeitbombe» bezeichnet hat. Wie der Wirtschaftsnobelpreisträger Richard Thaler betont, ist die Ruhestandsproblematik, insbesondere das Ansparen für diese Lebensphase, ein Phänomen neueren Datums.

«Dies ist eigentlich ein Problem des 20. Jahrhunderts», meint er. «Die Menschen leben immer länger und Familien gehen immer mehr auseinander. Rente bedeutete früher, dass man eine bestimmte Anzahl von Jahren arbeitete und dann eine Rente gezahlt bekam ‒ einen bestimmten monatlichen Geldbetrag bis zum Lebensende. Das war wirklich einfach.»

Laut Thaler wollten die Unternehmen nicht länger Renten dieser Art anbieten. Heute liegt die Last auf den Schultern der Arbeitnehmer. Sie müssen sich selbst überlegen, wie viel sie sparen und wie und wo sie ihr Geld angelegen sollten. Doch ein gesünderes und längeres Leben sollte eigentlich etwas Positives sein und nichts, wovor man Angst haben muss. Daher drängt sich die Frage auf, ob die Verantwortung bei dem Einzelnen oder bei der Regierung liegen sollte, wenn es um die Planung und die Vorsorge für Ihre Rente geht.

«Es liegt an uns, sicherzustellen, dass wir genug haben», sagt Thaler. «Und das ist ein grosses Problem, insbesondere für Menschen, die nicht genug Geld verdienen. Es gibt eine erschreckend grosse Zahl von Bürgern in den USA, einem der reichsten Länder der Erde, die keine Tausend Dollar übrig haben, wenn sie in eine Notlage geraten. Was werden sie also tun, wenn sie sich auf ihren Ruhestand vorbereiten?»

Sein Mitpreisträger, der Ökonom Peter Diamond, ist überzeugt davon, dass diese Aufgabe nicht dem Individuum allein auferlegt werden sollte.

«Ein Rentensystem, das alle Probleme abdeckt, wird sich auch mit Armut und Risiken befassen, denen Arbeitende und ihre Familien ausgesetzt sind», meint Diamond. «Ein solches System wird auf die sogenannte Konsumglättung hinarbeiten – damit ist die Vorstellung gemeint, dass der Lebensstandard nach dem Eintritt in den Ruhestand nicht zu stark zurückgehen sollte.»

Die meisten Industrieländer haben universelle Rentensysteme. Allerdings sind diese nach Ansicht von Diamond aufgrund fehlender Flexibilität nicht vollständig.

«Universell heisst in diesem Zusammenhang, es gelten die gleichen Regeln für alle. Doch das ist nie wirklich der Fall, da die Menschen immer eine Wahl haben, wann sie in Rente gehen», sagt er. «Verschiedene Menschen mit verschiedenen Tätigkeiten werden in einem jeweils anderen Alter in den Ruhestand gehen, weil sich ihre Tätigkeiten, ihr Gesundheitszustand und auch ihre Chancen voneinander unterscheiden. Die Frage ist, wie viel Komplexität man in so ein universelles System einbaut und wie viel Raum man für die veränderlichen Aspekte lässt.» Wir alle wollen eine Definition von langfristigen Prioritäten, die eine solide und doch zugleich flexible Herangehensweise an den Ruhestand ermöglichen. Aber wie erreichen wir das in der Realität?

In den Schriften von Diamond zum Thema Renten werden drei gesonderte Systemsäulen genannt. Die erste besteht aus den obligatorischen Elementen, die durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert werden. Die zweite wird durch den Staat finanziert, und die dritte beinhaltet freiwillige Beiträge. Obwohl alle drei Säulen wichtig für das Gesamtsystem sind, werden die freiwilligen Beiträge in einem einheitlichen nationalen System letztendlich ausschlaggebend sein.

Sinnvollerweise würde man für eine Gruppe, die erfahrungsgemäss früher in den Ruhestand geht, höhere Beiträge und eine frühere Anspruchsberechtigung vorsehen», meint er. Andererseits hat er Verständnis für die Bedenken vieler Menschen, sich zu sehr auf den Staat zu verlassen.

Wird der Staat das Geld aus politischen Gründen schlecht anlegen? Wird er die Beitragszahlungen durch Privatunternehmen abschaffen? Privateigentum als Recht ist nur insoweit ein Recht, wie der Staat es anerkennt. Und wie wir in einigen der Finanzkrisen gesehen haben, werden Pensionsfonds für die Regierung zum Zielobjekt», gibt er zu bedenken.

Nach Ansicht Diamonds können und sollten sich die Bürger ‒ auch wenn sie diese validen Fragen zu Recht stellen – sicher fühlen und auf die staatlichen Rentenprogramme vertrauen, zumindest teilweise.

«Wichtig ist, dass die Menschen selbst wählen können, wenn sie dies wollen», resümiert er. «Aber ich halte es für falsch, den Menschen ein System aufzuzwingen. Deshalb braucht man einen Mechanismus, der ein geeignetes Rentensystem entwickelt, welches berücksichtigt, dass einige Menschen ihre eigenen Entscheidungen treffen wollen, während andere gern Hilfe in Anspruch nehmen.»

«Ein wichtiger Aspekt dabei sind gute Standardoptionen , damit die Menschen wissen, sie müssen nicht zwingend eine Wahl treffen. Wenn sie keine abweichende Entscheidung treffen, kommt also automatisch das vom Staat entwickelte Modell zum Tragen.»

Aufgrund der Forschungsarbeit und Modellierung von Diamond und Thaler zu den Themen Rente und Rentenpolitik ist klar geworden, dass ein allgemeingültiger Ansatz nicht existiert und wahrscheinlich niemals existieren wird. Die Entscheidung, ob das staatliche Rentenprogramm für Sie geeignet ist, bleibt eine persönliche Entscheidung. In der Zwischenzeit werden die Ökonomen weiterhin das tun, was sie am besten können, nämlich klare, umfassende und wirkungsvolle politische Empfehlungen ausarbeiten.

«Mein Mantra bei der Ausgestaltung der Politik lautet: Wenn du Menschen dazu bringen willst, etwas zu tun, dann achte auf Einfachheit», meint Thaler.

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