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Securities Lending – auf Deutsch auch Wertschriften- oder Effektenleihe – beschreibt eine seit Jahrzehnten bewährte Methode, mit dem Anlagevermögen eine zusätzliche Rendite zu erwirtschaften, ohne den Investitionsprozess zu tangieren. Das Prinzip ist sehr einfach:

Eine Pensionskasse verleiht ihre Wertschriften an UBS. Sie erhält dafür eine Leihgebühr und – da sie mit Securities Lending ein Gegenparteirisiko eingeht – Sicherheiten. Dieses sogenannte Collateral besteht aus hochliquiden Wertpapieren wie Staatsanleihen oder Blue Chips und wird in einem Depot hinterlegt, das auf den Namen des Verleihers lautet.

Grundsätzlich steht Securities Lending allen Vorsorgeeinrichtungen offen, aber nicht allen Wertschriften. Ausleihefähig sind Direktanlagen, zum Beispiel Aktien, Obligationen oder ETFs. Zu den ausgeschlossenen Instrumenten zählen Fonds, Edelmetalle, Immobilien, Rohstoffe, alternative Anlagen oder Private Equity.

UBS als alleiniger Borger

UBS tritt bei diesem Geschäft gegenüber der Pensionskasse als alleiniger Borger auf und verleiht die Titel auf eigenen Namen und eigenes Risiko weiter an andere Borger. Diese nutzen die Titel beispielsweise zum Abdecken von Short-Positionen aus Market-Making- oder Arbitragegeschäften und verbessern damit die Liquidität des Marktes.

In welchem Ausmass UBS das Anlagevermögen einer Pensionskasse weiterverleihen kann, hängt stark von den Marktverhältnissen ab. Und fast noch mehr vom Titel: Ist die Nachfrage der Borger nach einem spezifischen Titel deutlich grösser als das Angebot der Verleiher, kann UBS bis zu 100 Prozent dieses Titels im Markt platzieren – im Jargon wird dieser Titel dann «Special» genannt. Und durch die grosse Nachfrage erhöhen sich für den Verleiher entsprechend auch die Leihgebühr und die damit einhergehenden Erträge.

Vier Fragen an den Fachmann

Marco Affolter ist Head Client Relationship Management & Sales, Securities Lending UBS

«General Collateral» ist kein Feldherr

Am anderen Ende des Spektrums stehen Wertschriften, bei denen das Angebot wesentlich grösser ist als die Nachfrage. Diese werden primär als stabile und qualitativ hochstehende Wertschriften zur Verwendung in Sicherheitenportfolios ausgeliehen – daher der Name «General Collateral». Die einzelne Wertschrift hat keinen «intrinsischen» Wert; sie kann ebenso durch eine andere Wertschrift mit ähnlicher Qualität ersetzt werden. Wegen des Angebotsüberhangs erzielen General-Collateral-Geschäfte eine Ausleihgebühr von nur rund 15 Basispunkten pro Jahr. Besteht das Portfolio der Pensionskasse ausschliesslich aus General Collateral, wird UBS im Durchschnitt nur etwa 10 bis 15 Prozent davon weiterverleihen können.

Dies ist aus finanzieller Sicht von Bedeutung, weil UBS nur für die effektiv weiterverliehenen Wertschriften eine Leihgebühr erhält. Diese wiederum teilen sich die Pensionskasse und UBS in einem zuvor vereinbarten fixen Verhältnis, zum Beispiel 60 Prozent zugunsten der Pensionskasse, 40 Prozent zugunsten der Bank als Aufwandsentschädigung.

Der Ertrag aus Securities Lending ist abhängig von der Portfoliozusammensetzung. Er beträgt erfahrungsgemäss zwischen 10 bis 25 Basispunkte pro Jahr – bezogen auf das Volumen der tatsächlich ausgeliehenen Wertschriften. In Zeiten von Anlagenotstand und Negativzinsen eine willkommene Zusatzrendite (fast) ohne eigenes Zutun!

Ist Securities Lending in der Schweiz populär?

Mehr als auch schon – und weniger als auch schon. Dazu ein Blick zurück: Im angelsächsischen Raum kennt man Securities Lending seit über einem halben Jahrhundert, hierzulande wurde es in den 80ern populär . Damals, als Schweizer Staatsanleihen noch 10 Prozent Rendite abwarfen und die Pensionskassen nicht um jeden Franken kämpfen mussten, freuten sich vor allem grosse institutionelle Anleger über die willkommenen Zusatzerträge aus dem Securities Lending.

Doch mit der Zeit wuchs der Risikoappetit der Investoren – und damit auch ihre Unvernunft. Sie nutzten Securities Lending nicht mehr im Sinne des Erfinders, sondern fügten dem einfachen Verleihgeschäft eine zusätzliche Komplikation hinzu. Findige Investoren erkannten, dass die Sicherheiten (gestellt in Form von Cash) sich ebenfalls vorzüglich als zusätzlicher Renditemotor nutzen liessen. Hierzu wurde dieses Cash in langfristige Papiere investiert (sogenanntes Cash Reinvestment).


Wer Securities Lending für den Übermut der Investoren verantwortlich macht, schlägt den Sack und meint den Esel.
Marco Affolter

Plötzlich brachte das Cash Reinvestment grössere Erträge mit sich als das reine Ausleihegeschäft. Zeitweise standen nicht die Erträge aus dem eigentlichen Verleihen im Fokus, sondern die Möglichkeit, mittels einer Fristentransformation Profit zu erwirtschaften.

Die Quittung folgte mit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008: Investoren beendeten das Securities Lending innert Tagen und mussten in der Folge die Investitionen aus dem Cash Reinvestment vor Endlaufzeit verkaufen – meist weit unter dem Einstandswert.
Entsprechend verringerten sich die Volumen der von Investoren für das Securities Lending freigegebenen Wertschriften substanziell. Darunter litt auch die Reputation des Securities Lending. Doch wer das Instrument für den Übermut der Investoren verantwortlich macht, schlägt den Sack und meint den Esel.

Wie sicher ist Securities Lending?

In den Jahren nach 2008 nahmen sowohl die Finanzmarktaufsicht als auch der Gesetzgeber die Methoden und Risiken der Wertschriftenleihe genauer unter die Lupe. Sie schufen griffige Richtlinien, wie Schweizer Pensionskassen Securities Lending nutzen dürfen. Diese Vorschriften – und natürlich die Erfahrungen von 2008 – führten ausserdem dazu, dass viele Pensionskassen Securities Lending in ihren Anlagereglementen ganz oder teilweise ausschlossen. Bei vielen gilt das bis zum heutigen Tag. Und manchmal sind das genau jene Kassen, die wegen ihrer strikten Reglementierung das härteste Brot beissen müssen, um überhaupt eine hinreichende Rendite zu erzielen.

Da UBS als alleiniger Borger auftritt, ist die Sicherheit der ausgeliehenen Anlagen direkt gekoppelt an die Kreditwürdigkeit von UBS. Die Bonität des Borgers ist somit zentral, aber nur während einer kurzen Frist , denn ausgeliehene Titel können innert fünf Tagen zurückgerufen werden. Zudem beläuft sich das Risiko einer Wertschriftenleihe nicht auf das gesamte Anlagevermögen, sondern nur auf die ausgeliehenen Titel – in der Regel 10 bis 20 Prozent.

Vor allem aber ist das gesamte Portfolio besichert mit Wertpapieren, die im Namen der Pensionskasse verwahrt werden. Überdies ist beim Collateral eine Sicherheitsmarge eingebaut – im Jargon «Marge» und «Haircut» genannt. Je nach Qualität der Sicherheiten liegt sie zwischen 5 und 15 Prozent. Der Wert sowohl der ausgeliehenen Wertschriften als auch der hinterlegten Sicherheiten schwankt kontinuierlich. Beide werden deshalb täglich bewertet, und das Sicherheitsportfolio wird ebenso täglich angepasst.

Werden «Specials» der neue Normalfall?

Das typische Portfolio einer Schweizer Vorsorgeeinrichtung besteht bis zu 95 Prozent aus General Collateral. Diese Wertschriften werden im Securities-Lending-Markt wenig nachgefragt. Deshalb konzentrieren sich viele Pensionskassen auf erfolgreiches Rosinenpicken: Sie leihen also nur Titel aus, die als «Specials» eine deutlich höhere Chance für eine Ausleihe haben und durch die höheren Leihgebühren einen besonderen Beitrag zum angestrebten Yield Enhancement leisten.

Es zählt also doch nicht einfach jeder Franken – es zählen diejenigen Franken, die sich durch ein adäquates Risiko erzielen lassen. Auch beim Securities Lending.

Marco Affolter

Marco Affolter

Head Client Relationship Management & Sales, Securities Lending

Marco Affolter ist Vertriebsleiter für das Securities-Lending-Geschäft von UBS in Zürich. Gemeinsam mit seinem Team betreut er institutionelle Kunden wie auch vermögende Privatpersonen bei der Umsetzung einer Securities-Lending-Lösung. Besondere Freude hat der gelernter Physiker dabei an der Verknüpfung von datengetriebenem Handelsumfeld und individuellen Kundenbedürfnissen.


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