Bild: UBS

Kurz und bündig:

  • Credit Ratings sind hilfreiche Indikatoren für die Beurteilung der Bonität von Anleiheschuldnern.
  • Das Bonitäts- bzw. Kreditrisiko wird mittels einer Risikoprämie finanziell entschädigt.
  • Werden Kreditrisiken bewusst eingegangen, sind sie zu steuern und zu überwachen.
  • Der Stiftungsrat sollte das zulässige Credit-Rating-Spektrum im Anlagereglement festlegen.

Um eine hinreichend hohe Rendite auf dem Anlagevermögen zu erzielen, muss der Stiftungsrat Anlagerisiken eingehen. Bei der Wahl dieser Risiken ist jedoch zu beachten, dass nicht jedes Risiko mit einer entsprechenden Risikoprämie und somit mit einem die Rendite steigernden Entgelt entschädigt wird.

«Schlechte» und «gute» Risiken

Das Eingehen eines Währungsrisikos liefert keine systematische Risikoprämie. Deshalb wird das Wechselkursrisiko insbesondere bei Fremdwährungsanleihen so weit wie möglich vermieden und durch Termingeschäfte weitestgehend abgesichert. Bei illiquiden Anlagen hingegen ist ein wichtiger Motivationsfaktor für den bewussten Investitionsentscheid die Möglichkeit, eine systematische, wenn auch variierende, Illiquiditätsprämie als Entschädigung für die verminderte Veräusserbarkeit erzielen zu können.

Kreditrisiko bietet Entschädigung

Bei Investitionen in Anleihen wird ausgewählten Schuldnern Fremdkapital zur Verfügung gestellt. Dabei kommen zwei wesentliche Risiken zum Tragen: das Zinsänderungsrisiko (Duration Risk) und das Kreditrisiko. Letzteres äussert sich in der unterschiedlichen Fähigkeit der Schuldner, die anfänglich vereinbarten Verpflichtungen – also Zinszahlungen und Rückzahlung des Nominalkapitals – zeitgerecht einzuhalten. Je geringer diese Fähigkeit und je tiefer folglich die Schuldnerbonität ist, desto höher fällt die von Investoren geforderte Risikoprämie aus.

Rolle der Rating-Agenturen

Das Schuldner- oder Anleihenuniversum ist jedoch gross. So umfasst der Swiss Bond Index zurzeit über 1'700 Titel, der Bloomberg Global Aggregate Bond Index sogar gegen 30'000 Titel. Um Investoren eine Orientierungshilfe zu bieten, veröffentlichen Rating-Agenturen für sehr viele Anleihen sogenannte Credit Ratings. Zu den weltweit führenden Agenturen zählen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch. Daneben gibt es noch weitere Agenturen, die sich auf regionale Märkte konzentrieren.

Eine Rating-Agentur bewertet die Kreditwürdigkeit basierend auf einer individuellen Rating-Methode und weist einem Schuldner oder einer Anleihe ein entsprechendes Credit Rating zu. Diese Ratings sind skaliert, wobei grundsätzlich zwischen kurz- und langfristigen Ratings unterschieden wird.

Credit-Rating-Skala

Standard & Poor’s vergibt an Schuldner mit der höchsten langfristigen Kreditwürdigkeit das Rating AAA («Triple A»). Ein Beispiel sind die Anleihen der Schweizer Eidgenossenschaft. Es folgen die Ratings AA, A, BBB, BB, B, CCC, CC, C und schliesslich D. Innerhalb der meisten Rating-Stufen existieren noch Feinabstufungen (zum Beispiel A+, A, A–). Schuldner mit einem D-Rating befinden sich in einem Konkursverfahren. Ergänzt werden diese Ratings häufig durch qualitative Trendeinschätzungen («positiv», «stabil», «negativ»). Andere Rating-Agenturen verwenden vergleichbare Skalen, wenngleich die Bezeichnungen nicht ganz identisch sind. Siehe Grafiken 1 und 2.

Grafik 1: Skala für langfristige Credit Ratings. Quellen: Standard & Poor’s, Moody’s, Fitch

Üblicherweise wird das gesamte Bonitätsspektrum in zwei Gruppen eingeteilt: Investment Grade (AAA bis BBB) und Non-Investment Grade (BB bis D). Während bei der ersten Gruppe das Konkursrisiko tendenziell gering ist, nimmt es bei Non-Investment Grade Bonds deutlich zu. Aus diesem Grund werden Letztere auch als High-Yield-Bonds bezeichnet.

Grafik 2: Zinskurven und Renditedifferenz für Anleihen mit unterschiedlichen Credit Ratings, Quelle: UBS

Diese Zweiteilung reflektiert sich in vielen Anleihenindizes. So umfasst beispielsweise der erwähnte Swiss Bond Index nur Anleihen im Spektrum AAA bis BBB. Ebenfalls unterscheiden viele Anlagefonds zwischen diesen beiden Kategorien oder beschränken ihr Anlageuniversum auf Investment-Grade-Anleihen.

Aussagekraft von Credit Ratings

Es muss betont werden, dass Credit Ratings keine Garantie darstellen. Erstens basieren sie auf Analysemethoden, die fehlerhafte Prognosen der zukünftigen Entwicklung nicht vollständig ausschliessen. Zweitens spiegeln sie die zugrundeliegenden Wahrscheinlichkeiten eines Zahlungsausfalls. Folglich kann selbst ein AAA-Schuldner Konkurs gehen. Untersuchungen haben gezeigt, dass dies in 0,18% der Fälle (über einen Fünfjahreshorizont betrachtet) auch tatsächlich vorkommt.

Es sei auch darauf hingewiesen, dass Rating-Agenturen für die Publikation eines Credit Ratings von den jeweiligen Schuldnern bezahlt werden. Dies wirft gewisse Fragen zur Unabhängigkeit und Transparenz solcher Ratings auf. Allerdings ist die Glaubwürdigkeit ein zentrales Element des Geschäftsmodells dieser Rating-Agenturen, weshalb sie sich aktiv mit möglichen Intressenkonflikten auseinandersetzen. Grosse Rating-Agenturen sind zudem nicht auf einzelne Schuldner angewiesen.

Was steht in der BVV2?

Die allgemeinen Anlagerichtlinien für Vorsorgeeinrichtungen sind in der BVV2 festgehalten. Dort finden sich unter anderem Bestimmungen zu den zulässigen Anlagen und den Kategorienbegrenzungen. Im Speziellen wird die Exposition gegenüber einem einzelnen Schuldner auf 10% des Gesamtvermögens begrenzt (Art. 54), wobei Ausnahmen möglich sind. Nur in Art. 53a findet sich ein Hinweis, dass Anlagen in Forderungen von Schuldnern «guter Bonität» als risikoarme Anlagen zu qualifizieren sind.

Credit Ratings werden in der BVV2 nicht explizit erwähnt. Entsprechend gilt, dass das Kreditrisiko im Gesamtkontext der Optimierung der gegenläufigen Ziele Sicherheit, Ertrag und Liquidität (Art. 50–52) zu steuern und zu überwachen ist.

Strategie und Taktik

Die kassenindividuellen Rahmenbedingungen wie die Sollrendite und die Risikofähigkeit und -toleranz entscheiden letztlich, inwiefern Kreditrisiken getragen werden sollen. Inwieweit das Bonitäts- und damit das Credit-Rating-Spektrum in die strategische Vermögensstruktur Eingang findet, wird in der Regel durch eine Asset-Liability-Management-Studie festgelegt. Ob ein taktischer Spielraum beim Credit-Rating-Spektrum genutzt werden kann, wird meist in den Mandatsrichtlinien definiert oder mit der Wahl von Kollektivanlagevehikeln entschieden.

Auswirkungen des Anlagestils

Die Bewirtschaftung von Anleihenportfolios kann aktiv oder passiv erfolgen. Bei einer passiven Strategie wird die vom jeweiligen Index oder der Benchmark vorgegebene Credit-Rating-Struktur möglichst genau nachgebildet. Die Kreditrisiken werden also unverändert übernommen. Somit entscheidet die Indexwahl über die Höhe der Kreditrisikoprämie.

Im Gegensatz dazu zielt eine aktive Bewirtschaftung darauf ab, einen Mehrwert, ein sogenanntes Alpha, zu erzielen. Dies kann durch taktische Positionierungen oder eine gegenüber den Rating-Agenturen überlegene Bonitätsanalyse erreicht werden. Dieses Alphapotenzial ist im High-Yield-Segment grösser, da dieser Teil des Anleihenmarktes als weniger effizient gilt.

Fazit

Bei Investitionen in Anleihen wird das bewusste und kontrollierte Eingehen von Kreditrisiken möglich. Als Entschädigung fällt eine Risikoprämie an, welche die Anlagerendite steigert. Das Credit Rating ist ein wichtiger Indikator für das eingegangene Risiko. Entsprechend sollte der Stiftungsrat strategische Vorgaben zum zulässigen Spektrum der Credit Ratings im Anlagereglement verankern. Dies gilt sowohl für die Anlagekategorien, die Anleihen beinhalten, als auch für die Indizes, die als Benchmark dienen.

Porträt von Sven Ebeling

Sven Ebeling

Sven Ebeling ist seit Mitte 2021 zuständig für Key Client Projects und Consultant Coverage im Bereich Global Asset Servicing bei UBS. Zuvor führte er während zehn Jahren den Geschäftsbereich UBS Asset Servicing Schweiz. Er hat über 50 Fachartikel zu Anlagethemen veröffentlicht, ist Dozent im Ausbildungsgang MAS Pensionskassen Management der Hochschule Luzern und langjähriges Mitglied der Fachgruppe «Kapitalanlagen» der Zeitschrift «Schweizer Personalvorsorge».

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