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Schwerkraft überwunden?

In der Physik ist eine Mindestgeschwindigkeit, die sogenannte Fluchtgeschwindigkeit erforderlich, damit ein Objekt ohne weiteren Antrieb die Schwerkraft eines massiven Körpers überwinden kann.

Das Jahr 2026 steht vor der Tür und die Anlegerinnen und Anleger fragen sich, ob die wirkungsstarke Kombination aus KI-Innovation, Staatsausgaben und gelockerter Geldpolitik der Weltwirtschaft dabei helfen kann, die Schwerkraft der traditionellen Dynamiken am «Ende des Zyklus» zu überwinden und in eine neue Ära des Wachstums zu beschleunigen.

Im Zentrum der Debatte steht die KI. Der aktuelle Boom könnte für die nötige Verbesserung der Produktivität sorgen, um die historischen Beschränkungen zu überwinden und Volkswirtschaften dabei zu helfen, ihre eigene Art von Flucht-geschwindigkeit zu erreichen. Ob dieses Potenzial realisiert wird, hängt ab von der Bereitschaft der Anleger zur weiteren Finanzierung der KI, der Fähigkeit der führenden Technologieunternehmen zur Monetarisierung von Innovationen und der weltweiten Kapazität zur Bereitstellung der hierfür benötigten Energie.

Kann KI den Markt noch weiter nach oben treiben?

Nasdaq Composite Index (links) und Gewicht des Informationstechnologiesektors im S&P 500, in Prozent (rechts)

Diese Grafik zeigt den Verlauf des Nasdaq Composite Index und den Anteil des IT-Sektors im S&P 500. Daraus wird ersichtlich, dass beide in den letzten 30 Jahren gestiegen sind. Die Daten stammen von Bloomberg und UBS, per 12. November 2025.

Ein weiterer wichtiger Faktor in den grossen Industrie-ländern ist die Verschuldung. Die Staatsausgaben unterstützen das Wachstum, doch in vielen Ländern – vor allem solchen mit einer alternden Bevölkerung – bewegen sich die Ausgaben des Staats ohnehin bereits auf dem Niveau der «Fluchtgeschwindigkeit». Sofern dort nicht entschlossen gehandelt wird, dürfte ihr Anteil am Bruttoinlandprodukt (BIP) noch weiter steigen.

Die Deglobalisierung spielt ebenfalls eine bedeutende Rolle. Das Zusammenspiel von Handels-, Innen- und Geopolitik übt nach wie vor gewaltige Kräfte aus. Die Schwerkräfte der Vergangenheit – Kollisionen zwischen aufstrebenden und etablierten Mächten Zyklen der Integration und Fragmentierung sowie erstarrte Konflikte, die in Bewegung geraten – könnten im Jahr 2026 die Volatilität weiter befeuern. Ob uns neue politische Ansätze dabei helfen können, diese alten Dynamiken zu überwinden, wird für die Anleger eine weitere massgebliche Frage sein.

Wie werden Regierungen mit der steigenden Verschuldung fertig?

US-Haushaltsbilanz (links) und Staatsverschuldung (rechts) in Prozent des BIP

Diese Grafik zeigt die Entwicklung der US-Haushaltsbilanz und der Staatsschulden in Prozent des BIP. Daraus wird ersichtlich, dass beide steigen. Die Daten stammen von Bloomberg und UBS, per 12. November 2025.

Trotz der diesbezüglichen Unsicherheiten sind wir der Ansicht, dass einige dauerhafte Grundsätze für die Kapitalanlage in der Welt von heute in den Fokus rücken. In früheren Ausgaben des Year Ahead sprachen wir über die fünf Faktoren, die wir als «Five Ds» bezeichneten: Digitalisierung, Dekarbonisierung, Verschuldung (Debt), Demografie und Deglobalisierung. Diese Trends liegen nicht mehr irgendwo in der Ferne. Sie haben jetzt schon einen prägenden Einfluss auf das Anlageumfeld und stehen im Zentrum unserer Überlegungen für das bevorstehende Jahr. Wie ich bereits in meinem Buch The New Rules of Investing und meinem Beitrag «Big problems, big money» manifestiert habe: Für Anleger ist es wichtig zu verstehen, wo Kapital im grossen Massstab eingesetzt wird.

Daher richtet sich unser Fokus auf Sektoren und Ideen, die an diesen Kräften ausgerichtet sind. KI, Energie und Ressourcen sowie Langlebigkeit und Rohstoffe stechen als Nutzniesser des strukturellen Wandels und der wirtschaftspolitischen Unterstützung heraus. Die wachsende Verschuldung deutet auf eine Zukunft der «finanziellen Repression» hin – ein regulatorisches und wirtschaftspolitisches Regime, das Spargelder und Zentralbankmittel in Staatsanleihen kanalisiert und die Anleihenrenditen nach oben begrenzt. Die Überschneidung der Handels-, Innen- und Geopolitik stärkt indes die Argumente für die Portfolioabsicherung und eine Diversifikation über verschiedenartige Anlagen.

Obwohl die Zukunft letztendlich unberechenbar bleibt, sind wir zuversichtlich, dass die Kombination unseres disziplinierten analytischen Rahmens mit unseren zeitlosen Grundsätzen für die Vermögens-allokation Anlegern dabei helfen kann, sich im Jahr 2026 und darüber hinaus zurechtzufinden.

Wie wird die Politik die Märkte im Jahr 2026 beeinflussen? 

Effektiver Zollsatz der USA seit 1915, in Prozent

Diese Grafik zeigt die früher und derzeit geltenden Zollsätze auf Güterimporte in die USA. Die Daten stammen von der US International Trade Commission, Bloomberg und UBS, per 12. November 2025.

Unsere Einschätzungen

  • KI und Technologie waren wichtige Faktoren für die globalen Aktienmärkte. Massive Investitionen und eine zügige Verbreitung von KI-Anwendungen dürften weitere Gewinne im Jahr 2026 antreiben. Anleger sollten aber auch auf Blasenrisiken achten.
  • Chancen ergeben sich auf den Wegbereiter-, Intelligenz- und Anwendungsebenen der KI, aber auch im Rahmen der Themen Energie und Ressourcen sowie Langlebigkeit. Wir empfehlen, bis zu 30 Prozent des Aktienportfolios auf diese strukturellen Wachstumsideen auszurichten.
  • Unserer Einschätzung nach wird das Wachstum der Weltwirtschaft robust bleiben und sich im Laufe des Jahres beschleunigen. In den USA bevorzugen wir die Bereiche Technologie, Versorgung und Gesundheitswesen. In Europa sehen wir die Sektoren Industrie, Technologie und Versorgung als attraktiv an. In Asien favorisieren wir China (vor allem den Technologiesektor) sowie Japan, Hongkong, Singapur und Indien. Weltweit betrachten wir Banken als attraktiv.
  • Der Technologiesektor Chinas sticht als eine führende weltweite Chance heraus. Die gute Liquidität, hohe Gewinne und beachtliche Kapitalzuflüsse von Privatanlegern dürften das Momentum von Aktien aus China, Asien und Schwellenländern in Gang halten.
  • Rohstoffe scheinen 2026 attraktiv zu sein. Angebotsengpässe und eine steigende Nachfrage unterstützen Energie, Metalle und Agrarrohstoffe. Edelmetalle eignen sich noch immer zur Diversifikation.
  • Ertragsorientierte Anleger sollten ihre Portfolios diversifizieren, indem sie Qualitätsanleihen und renditestärkere Strategien mit Ertragsaktien und strukturierten Anlagen kombinieren, insbesondere in Regionen mit niedrigen Renditen.
  • Die Währungsstrategie ist wichtig. Wir bevorzugen den Euro und den australischen Dollar gegenüber dem US-Dollar, da der Greenback durch Zins-senkungen in den USA belastet werden könnte. Eine finanzielle Repression könnte künftig zu einer stärkeren Volatilität der Währung führen.
  • Zu den wichtigsten Risiken zählen Rückschläge im Bereich der KI, die Inflation, Handelsspannungen und Bedenken über die Verschuldung. Das Halten von angemessener Liquidität, Kapitalerhaltungsstrukturen zur Festhaltung von Gewinnen, Qualitätsanleihen und Gold können dabei helfen, Markt-risiken abzusichern.
  • Alternative Anlagen wie Hedge Funds und Privatmärkte können zusätzlich zur Diversifikation der Renditen beitragen. Anleger sollten sich aber der damit verbundenen Risiken, wie Illiquidität und geringere Transparenz, bewusst sein.
  • Durch die Erstellung eines klaren Plans, die Anlage von Barmitteln und den Aufbau eines soliden Kern¬portfolios mit Aktien, Anleihen und alternativen Anlagen sowie mit einer selektiven Absicherung von Risiken und der Nutzung taktischer Chancen können sich Anleger für gute finanzielle Ergebnisse im Jahr 2026 und darüber hinaus positionieren.

Rückblick auf 2025

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Wirtschaft

In unserer Publikation Year Ahead 2025 gingen wir 2025 von einer leichten Verlangsamung des Wirtschaftswachstums aus. Die Industriestaaten haben unsere Prognosen weitgehend erfüllt (wir rechnen jetzt für 2025 mit einem Wachstum von 1,6 Prozent), während sich die Schwellen- und Entwicklungsländer etwas besser entwickelt haben und 2025 auf ein Wachstum von 4,4 Prozent zusteuern, im Vergleich zu unserer ursprünglichen Erwartung von 4,0 Prozent. Die Inflation tendierte über die Regionen hinweg ebenfalls abwärts, was unseren ursprünglichen Prognosen entsprach.

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Zinsen

Wir hatten erwartet, dass die Zinssätze 2025 sinken. Das haben sie getan, wenn auch etwas langsamer als erwartet. Die Fed senkte ihren Leitzins in diesem Jahr bisher um 50 Basispunkte (Bp.) (im Vergleich zu unserer ursprünglichen Erwartung von 100 Bp.) und könnte die Geldpolitik bis zum Ende des 1. Quartals 2026 noch um weitere 50 Bp. lockern. Die Rendite der 10-jährigen US-Treasuries ist von 4,6 Prozent (Ende 2024) auf 4,1 Prozent gesunken und liegt da-mit nahe an unserer Prognose (4,0 Prozent). In Europa sind die Renditen aufgrund der fiskalpolitischen und politischen Unsicherheit allerdings gestiegen.

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KI

Wir hatten künstliche Intelligenz als massgebliche Anlageidee des Jahrzehnts definiert und ein Engagement in börsennotierten Mega Caps empfohlen. Der US-IT-Sektor ist inzwischen seit Jahresbeginn um 27 Prozent gestiegen, wobei die Investitionsprognosen über zwei Jahre um den Faktor drei übertroffen wurden. Wir rechnen jetzt mit einem Wachstum der welt-weiten KI-Investitionen um 88 Prozent zum Vorjahr auf 423 Mrd. US-Dollar in 2025.

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Aktien

Wir hatten einen Anstieg des S&P 500 von 5917 Punkten zum Zeitpunkt der Publikation des Year Ahead im letzten Jahr auf 6600 Zähler für Ende 2025 prognostiziert. Der Zuwachs entsprach weitgehend unserer Erwartung. Die Märkte in Europa, den Schwellenländern und Asien übertrafen den US-Markt und unsere Prognosen: Der MSCI Europe erzielte seit Jahresbeginn eine Rendite von 15 Prozent, der MSCI China ein Plus von 36 Prozent und der MSCI EM gewann 31 Prozent hinzu.

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US-Dollar

Wir hatten empfohlen, den US-Dollar bei einer weiteren Stärke zu verkaufen. Der US-Dollar war zunächst bis Ende Dezember 2024 und Januar 2025 gestiegen, wobei EURUSD auf einen Tiefstwert von 1.02 sank. Im weiteren Verlauf erlebte der US-Dollar sein schwächstes 1. Halbjahr seit 1973 und wertete sogar stärker ab, als wir erwartet hatten. Zum Zeitpunkt der Niederschrift notiert EURUSD bei 1.16, gegenüber unserer ursprünglichen Prognose von 1.12 per Ende 2025.

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Gold

Gold notierte zum Zeitpunkt der Publikation unseres Year Ahead im letzten Jahr auf USD 2675 je Feinunze. Wir hatten erwartet, dass Gold auf seinen Gewinnen weiter aufbauen würde, und einen Stand von USD 2900 je Feinunze per Ende 2025 prognostiziert. Das Metall entwickelte sich sogar noch besser als in der Prognose und erreichte ein Allzeithoch von USD 4336 je Feinunze.

Investieren im Jahr 2026

Kann KI den Markt noch weiter nach oben treiben?

Die Innovation im Zusammenhang mit KI war der Motor für den Aufwärts-trend der Märkte in den letzten Jahren. Anleger sollten die Risiken im Auge behalten, die mit jedem Anlageboom verbunden sind. Wir sind jedoch der Ansicht, dass die wirkungsstarken Trends der Investitionsausgaben und der beschleunigten Verbreitung im kommenden Jahr weitere Kursgewinne von Aktien mit KI-Bezug antreiben werden.

Das wirtschaftliche Umfeld

Wir rechnen mit einem vorteilhaften wirtschaftlichen Umfeld für Aktien im Jahr 2026. Zu Beginn des Jahres dürfte das Wachstum etwas holprig sein. Doch im Laufe des Jahres erwarten wir, dass sich das Geschäftsklima und das Konsumentenvertrauen verbessern, während die fiskalpolitischen Impulse in grossen Industrieländern allmählich Wirkung entfalten und die Auswirkungen der Zölle nachlassen.

Wie werden Regierungen mit der steigenden Verschuldung fertig?

In einigen Ländern hat die aktuelle Politik zur Folge, dass die Staatsaus-gaben bereits die Fluchtgeschwindigkeit erreicht haben und im Verhältnis zum BIP weiter steigen werden, sofern keine entschlossenen Massnahmen getroffen werden. Daher wird es unseres Erachtens in den nächsten Jahren zunehmend zu einer «finanziellen Repression» kommen – einem Regime, das Spargelder und Zentralbankmittel in Staatsanleihen kanalisiert und die Renditen eindämmt.

Währungseinschätzungen für 2026

Zu Beginn des Jahres 2026 erwarten wir, dass der US-Dollar durch das anhaltende US-Zwillingsdefizit und sinkende Zinssätze fortgesetzt belastet wird, vor allem, da die Zinssätze in anderen Ländern stabil bleiben. Vor diesem Hintergrund bevorzugen wir Long-Positionen im Euro, im australischen Dollar und in der norwegischen Krone gegenüber dem USD. Wir favorisieren Hochzinswährungen, die von einer Verbesserung der Risikobereitschaft an den Devisenmärkten im Laufe des nächsten Jahres profitieren dürften.

Wie wird die Politik die Märkte 2026 beeinflussen?

Politische Schlagzeilen dürften auch 2026 im Vordergrund stehen. Doch aus der Vergangenheit wissen wir, dass ihre Auswirkungen auf die Finanzmärkte oft nur von kurzer Dauer sind. Die Handels-, US-Innen- und Geopolitik trugen zwar 2025 zur Volatilität bei. Doch inzwischen ist der Fokus der Anleger wieder auf die soliden Fundamentaldaten der Wirtschaft, die sinkenden Zinssätze und strukturelle Wachstumstrends wie die KI zurückgeschwenkt.

Hauptrisiken

Relevante Risiken, die 2026 die Märkte wieder herunterziehen könnten: 1) mögliche Enttäuschung über die Fortschritte oder Verbreitung der KI, 2) Wiederaufflammen oder hartnäckiges Fortbe-stehen der Inflation, 3) Phase erbitterterer strategischer Rivalität zwischen den USA und China, 4) (wiederkehrende) Bedenken über die Verschuldung des Staats oder des Privatsektors.

Aufbau eines robusten Portfolios

Abstract image with two semi-circles

Durch die Erarbeitung eines klaren Plans, die Anlage von Barmitteln, den Aufbau eines starken Kernportfolios aus Aktien, Anleihen und alternativen Anlagen sowie eine selektive Absicherung gegen Risiken und die Nutzung von Marktchancen können sich Anleger unseres Erachtens gut aufstellen, um 2026 und darüber hinaus Erfolg zu haben.

Mockup of Year Ahead 2026 publication

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Unser Ausblick „Year Ahead 2026“, „Escape velocity?“, soll Ihnen helfen, die wichtigen Signale zu erkennen, das Rauschen zu durchbrechen und mit Zuversicht zu handeln.

Risikohinweise

Year Ahead 2026 – UBS House View
Chief Investment Office GWM  |  Investment Research

This report has been prepared by UBS AG, UBS AG London Branch, UBS Switzerland AG, UBS Financial Services Inc. (UBS FS), UBS AG Singapore Branch, UBS AG Hong Kong Branch, and UBS SuMi TRUST Wealth Management Co., Ltd.