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In den letzten Tagen wurde die Anlegerstimmung durch eine Reihe unerwartet schwacher Konjunkturdaten aus China belastet. Die neue Gesamtfinanzierung der Wirtschaft lag im April weit unter der Konsenserwartung (CNY 1,2 Bio. gegenüber CNY 2 Bio.). Dies war hauptsächlich auf die enttäuschende Entwicklung neuer Bankkredite zurückzuführen. Die Emission von Staats- und Unternehmensanleihen liess aber ebenfalls nach. Auch die Handelsdaten des letzten Monats waren unerwartet moderat: Aufgrund der schwächeren Nachfrage in der Industrie gingen die Importe im Vergleich zum Vorjahr um 7,9% zurück.


Der MSCI China Index sank in der letzten Woche um 2,3%. Damit beträgt die Underperformance gegenüber der Asien-Benchmark seit Jahresbeginn jetzt mehr als 3 Prozentpunkte.


Wir sind jedoch nach wie vor der Ansicht, dass die Konjunkturerholung in China in einem BIP-Wachstum von mindestens 5,7% in diesem Jahr resultieren wird und chinesische Aktien diese Wachstumserholung noch eskomptieren müssen.


Die jüngsten Daten sind nicht so schlecht, wie sie scheinen. Ein genauerer Blick auf die jüngsten Handelsdaten Chinas zeigt, dass der Rückgang der Importe hauptsächlich Rohöl und Technologieprodukte betraf. Die Abschwächung bei Öl war indes auf die niedrigeren Preise zurückzuführen, nicht auf das Volumen. Tatsächlich blieb das Importvolumen wichtiger Rohstoffe relativ stabil. Die Importe von High-Tech- sowie mechanischen und elektrischen Komponenten sind dagegen seit dem letzten Jahr unter Druck geraten. Dies war indes durch die anhaltenden geopolitischen Spannungen und die Exportbeschränkungen der USA bedingt. Vor allem Halbleiterprodukte verzeichneten einen deutlichen Rückgang.


Im Hinblick auf die Kredite räumen wir ein, dass sich die Kreditvergabe an Privathaushalte abgeschwächt hat, da der Druck durch die vorzeitige Rückzahlung von Hypothekenkrediten und den schleppenderen Absatz von Wohnimmobilien anhält. Das Wachstum der Geldmenge (M2) und der langfristigen Unternehmenskredite ist jedoch nach wie vor robust. Allgemein sind wir der Ansicht, dass die sehr schwungvolle Entwicklung im 1. Quartal 2023 auf eine gewisse vorgezogene Erholung hindeutete. Bei den Aprildaten spielten aber auch saisonale Faktoren eine Rolle.


Die wachstumsfreundliche Haltung Pekings bleibt solide. Wie bei der Sitzung des Politbüros im April angedeutet, dürfte die politische Unterstützung für den Wohnbau, den Konsum und die Beschäftigung in den kommenden Monaten noch zunehmen. Damit soll das Vertrauen im Privatsektor gestärkt werden. Tatsächlich hat die People’s Bank of China vor Kurzem die grossen Staatsbanken aufgefordert, mehr Kredite zu vergeben. Unserer Meinung nach werden die Lokalbehörden weitere Massnahmen zur Unterstützung des Wohnungssektors beschliessen. Wir rechnen zwar nicht mit grossen Konjunkturpaketen der Zentralregierung, doch die gezielte politische Unterstützung dürfte weiter für Rückenwind sorgen.


Gewinne werden wahrscheinlich die nächste Aufwärtsetappe der Aktienkurse antreiben. Einige in den USA notierte chinesische Aktien stiegen in der letzten Woche um 5% bis 7%. Zuvor hatte das E-Commerce-Unternehmen JD.com dank der robusten Nachfrage für das 1. Quartal 2023 einen etwas höheren Umsatz ausgewiesen als erwartet. Dies folgte auf eine bemerkenswerte sequenzielle Erholung der Konsumnachfrage, die zahlreiche Internet- und Konsumgüterunternehmen in den letzten Monaten meldeten. Bei den aktuellen Bewertungen dürfte sich an den Märkten eine deutliche Erleichterung bemerkbar machen, wenn in den kommenden Quartalen potenzielle Aufwärtskorrekturen der Gewinnprognosen eskomptiert werden, da sich die Wiederbelebung des Konsumentenvertrauens allmählich auch im Wachstum der Unternehmensgewinne niederschlägt. Wir prognostizieren nach wie vor ein Gewinnwachstum von rund 15% in diesem Jahr.


Somit bieten chinesische Aktien unserer Meinung nach in diesem Jahr ein Aufwärtspotenzial. In unserer Positionierung bevorzugen wir die Bereiche Konsumgüter, Internet, Transportwesen, Investitionsgüter und Material. Unsere positive Prognose für China fliesst auch in unsere Beurteilung von Schwellenländeraktien mit «Most Preferred» in der globalen Strategie ein.