Immobilien: mehr als «nur» das Zuhause

Der schweizerische Immobilienzyklus ging im vergangenen Jahr mit einem Plus von 3 Prozent bei Eigenheimpreisen in eine weitere Runde. Viele Regionen verzeichneten Preisanstiege, mit der höchsten Dynamik in den Agglomerationen der Städte Zürich und Genf sowie in Teilen der Zentralschweiz. Die Zweitwohnungsmärkte in den Bergdestinationen erfreuten sich sogar der stärksten Preisanstiege seit 2012.

Corona-Pandemie und Zinsumfeld als Preistreiber

Die grössere Bedeutung des Arbeitens von zu Hause war ein wichtiger Treiber dieser Entwicklung. Da das Verschmelzen von Wohn- und Arbeitsort auch nach der Corona-Pandemie eine Rolle spielen dürfte, werden Gemeinden, die knapp ausserhalb von klassischen Pendlerdistanzen liegen und niedrigere Gesamtkosten aufweisen, wohl zu attraktiveren Wohnorten. Der Bedarf nach dem «einen Zimmer mehr» für das Büro machte grossflächige Objekte begehrter, sodass insbesondere Einfamilienhäuser im letzten Jahr stärker nachgefragt wurden.

Begünstigt wird die Preisentwicklung durch historisch tiefe Zinsen, woran sich in nächster Zeit tendenziell nichts ändern wird. Zwar sollte der Wirtschaftsmotor, gestützt durch eine expansive Fiskal- und Geldpolitik, mit der Lockerung der Corona-bedingten behördlichen Massnahmen wieder anspringen. Jedoch dürfte die Schweizerische Nationalbank nicht von ihrer Negativzinspolitik abweichen, was das Risiko steigender Hypothekarzinsen begrenzt.

Bei der Eigenheimfinanzierung spielen verschiedene Faktoren eine wichtige Rolle

Damit gilt für Hypothekarnehmer unverändert: Die Geldmarkthypothek – also eine Finanzierung mit variablem Zinssatz – ist voraussichtlich die günstigste Finanzierungsform. Im Vergleich zur Zehnjahreshypothek beträgt der Unterschied derzeit 30 Basispunkte (Stand Februar 2021), wobei ein Zinsanstieg durch eine Festhypothek abgesichert werden kann. Das ist derzeit sowohl historisch wie auch absolut gesehen sehr günstig. Nicht zu vernachlässigen sind aber potenzielle Ausstiegskosten, falls beispielsweise eine Änderung in den Lebensumständen eine vorzeitige Auflösung der Hypothek erfordert. Letztlich bestimmen das Sicherheitsbedürfnis und die persönliche Situation, welche Hypothekarlösung die beste ist.

Grob überschlagen, sollte der Preis einer Immobilie das Sechsfache des Bruttohaushaltseinkommens nicht überschreiten.

Das Wunschobjekt muss finanzierbar sein. Grob überschlagen, kann sich ein Haushalt eine Immobilie leisten, deren Preis etwa beim Sechsfachen des Bruttohaushaltseinkommens liegt. Doch damit ist es noch nicht getan. Die laufenden Kosten werden bei der Realisierung des Traums von den eigenen vier Wänden gerne unterschätzt. Dazu zählen nicht nur Hypothekarzahlungen und Amortisation, sondern auch Unterhaltskosten. Diese sollten mit etwa 1 bis 1,5 Prozent des Gebäudewerts veranschlagt werden. Und selbst wenn diese Summe in einem Jahr unterschritten wird, tut man gut daran, trotzdem für den Unterhalt zu sparen – denn die nächste grössere Renovation kommt bestimmt.

Bei der Auswahl des Wunschobjekts lohnt es sich, die standortgebundenen Kosten – also Steuerbelastung, Krankenversicherungsprämien und Immobilienpreise – im Auge zu behalten. Denn diese variieren je nach Gemeinde beträchtlich. Der Unterschied zwischen der günstigsten und der teuersten Gemeinde beträgt bei 100 Quadratmetern Wohnfläche rund 30 Prozent. In Gemeinden mit tiefen Steuern sind die Immobilienpreise tendenziell höher, was Steuereinsparungen gerade für Haushalte mit tieferen Einkommen komplett zunichtemachen kann. Das Wohnen in Tiefsteuergemeinden lohnt sich vor allem für Haushalte mit hohen Einkommen, denn für sie machen Einkommenssteuern den Grossteil der standortgebundenen Kosten aus.

Der Standort zählt, speziell beim Weitervermieten

Eine gute Lage ist besonders relevant, wenn die Eigentümer ihre Liegenschaft nicht selbst nutzen, sondern vermieten möchten. Denn der Mietwohnungsleerstand dürfte letztes Jahr seine bisherige Höchstmarke von knapp 3 Prozent geknackt und zum Rückgang der Marktmieten um 2 Prozent im Vorjahresvergleich beigetragen haben. In Regionen mit hohem Leerstand und geringem Bevölkerungswachstum ist das Risiko, eine Wohnung nicht vermieten zu können, besonders hoch.

In den Zentren und ihren Agglomerationen hingegen wurde neuer Wohnraum von der hohen Nachfrage bisher absorbiert. Die Wohnungsnachfrage könnte sich aber in die erweiterte Agglomeration verschieben. Denn ein zusätzliches Zimmer bei gleichbleibenden Wohnkosten «kostet» rund 20 Minuten mehr Arbeitsweg. Auch bei der Vermietung von Wohneigentum könnte das vermehrte Arbeiten im Homeoffice die Karten also zumindest etwas durcheinanderwirbeln.

Katharina Hofer, Chief Investment Office UBS GWM

Katharina Hofer ist Ökonomin und Immobilienexpertin im Chief Investment Office bei UBS. Sie hat in Volkswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen promoviert und arbeitet seit 2018 bei UBS.

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