Am Mittwoch hob die US-Notenbank Fed den Leitzins um 25 Basispunkte an. Mit diesem allgemein erwarteten Schritt erhöhte sie die Bandbreite für die Federal Funds Rate auf 5% bis 5,25%.


Ausserdem machte sie den Weg für eine Pause im Zinserhöhungszyklus frei. Die bisherige Aussage in der Stellungnahme des Offenmarktausschusses (FOMC), dass «eine gewisse zusätzliche geldpolitische Straffung angebracht sein könnte», wurde durch eine unverbindlichere Formulierung ersetzt. Nun heisst es: «... bei der Bestimmung des Ausmasses, in dem eine zusätzliche geldpolitische Straffung angebracht sein könnte ...» Bei der Pressekonferenz nach der Sitzung stellte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell klar, dass diese Änderung signalisieren sollte, dass der FOMC von Sitzung zu Sitzung entscheiden würde, ob die Zinssätze weiter angehoben werden sollten.


Was erwarten wir?

Der moderatere Ton der Fed schliesst eine weitere Zinserhöhung im Juni nicht aus. Doch in unserem Basisszenario nehmen wir an, dass die Fed letztendlich doch eine Pause beschliesst. Allein nach den bisher veröffentlichten Konjunkturdaten wäre eine Pause zwar nicht gerechtfertigt. Die Fed muss jedoch die verzögerten Auswirkungen der bisher vorgenommenen Zinserhöhungen um insgesamt 500 Basispunkte, die fortgesetzte Verkürzung der Fed-Bilanz und die restriktiveren Kreditbedingungen infolge der Probleme im Bankensystem berücksichtigen.


Eine Pause bedeutet nicht, dass sich die Fed anschickt, die Zinsen wieder zu senken. Für die Fed ist die Inflation immer noch zu hoch, um bereits an Zinssenkungen zu denken. Die Nachfrage aus dem Privatsektor ist nach wie vor robust und der Arbeitsmarkt lässt ebenfalls noch keine nennenswerte Schwäche erkennen. Damit hat die Fed kaum Gründe, bald von ihrer restriktiven Haltung abzurücken. Wahrscheinlich wird die Fed erst einmal eine Weile abwarten und die eintreffenden Daten beurteilen, bevor sie den nächsten Schritt unternimmt.


Eine Pause dürfte keine Wende zu einem risikobereiten Marktumfeld einleiten. Die Märkte haben seit Monaten erwartet, dass die Fed ihren Zinserhöhungszyklus beendet, was sich in den Bewertungen bereits niedergeschlagen haben sollte. Während früherer Zyklen erreichte der S&P 500 seinen Tiefpunkt in der Regel erst nachdem die Fed begonnen hatte, die Zinsen zu senken – nicht, wenn sie nur aufgehört hatte, sie anzuheben. Es sieht jedoch ganz so aus, als würden die Aktienkurse nicht nur die Pause der Fed vorwegnehmen, sondern auch Zinssenkungen später in diesem Jahr. Somit ist es nicht nur unwahrscheinlich, dass eine Pause zu einem erneuten Aufschwung am Markt führt. Es besteht auch ein Abwärtsrisiko, wenn die Pause lange dauert. Es ist also zu befürchten, dass die Aktienkurse die Zinssenkungen zu früh vorwegnehmen – aber nicht die wirtschaftlichen Probleme, die eine geldpolitische Lockerung nötig machen.


Die Fed wird keine offensichtliche Quelle für Marktschwankungen mehr sein. Die Fed ist nun eher als neutraler Faktor anzusehen. Wenn sie erst einmal beginnt, die Zinsen zu senken, dürfte sie die Volatilität dämpfen. Die Aktienvolatilität hat sich seit dem Höhepunkt im März, als die Bankenkrise begann, deutlich verringert: Der VIX ist von 26 auf rund 18,3 Punkte gefallen. Während der Turbulenzen im Bankensektor beeilte sich die Fed, Liquidität bereitzustellen. Ihr entschlossenes Eingreifen, um weiteren Stress bei den Banken zu verhindern, lässt darauf schliessen, dass sie in dieser Phase des Zinserhöhungs- und Konjunkturzyklus keine nachteiligen Marktschwankungen wünscht.


Wie investieren wir?

Das bedeutet also, dass Risikoanlagen durch das Ende des Zinserhöhungszyklus der Fed nicht unbedingt Auftrieb erhalten. Es ändert auch nichts an den Abwärtsrisiken durch die bestehende Straffung.


Die Daten zur Marktpositionierung deuten darauf hin, dass viel Geld darauf wartet, wieder in Aktien investiert zu werden. Diese Möglichkeit könnte Anlegerinnen und Anleger dazu verleiten, das Risiko eher früher als später anzuheben. Ein kräftiger Rückgang der Aktienkurse könnte daher noch vor der ersten Zinssenkung als Kaufgelegenheit angesehen werden. Der Wunsch der Anleger, rechtzeitig auf Zinssenkungen der Fed zu setzen, könnte einen Rückgang der Aktienkurse um mehr als 10% verhindern. Dadurch würde der S&P 500 etwas unter unser Jahresendziel bei 3800 Punkten abrutschen. Unter dem Strich heisst das, dass Aktien beim aktuellen Niveau im Vergleich zu erstklassigen Anleihen immer noch unattraktiv erscheinen.


Unsere Empfehlungen:


Erstklassige Anleihen kaufen: Aufgrund ihrer passablen Renditen und des Potenzials für Kapitalzuwächse bei einem Konjunkturabschwung bieten erstklassige festverzinsliche Anlagen unseres Erachtens attraktive Chancen. Wir bevorzugen Anleihen gegenüber Aktien und ziehen dabei ein qualitativ hochwertiges Engagement in Form von erstklassigen Staatspapieren, Investment-Grade- und nachhaltigen Anleihen vor.


Abseits der USA und von Wachstumstiteln diversifizieren: Nach einem guten Jahresauftakt eskomptieren US-Aktien derzeit eine hohe Wahrscheinlichkeit einer sanften Landung der US-Wirtschaft. Restriktivere Kreditkonditionen, sinkende Unternehmensgewinne und die relativ hohen Bewertungen stellen jedoch allesamt Risiken dar. Im Gegensatz dazu gefallen uns neben ausgewählten Chancen in Europa auch Schwellenländeraktien, denen ein schwächerer US-Dollar, steigende Rohstoffpreise, ein solides Gewinnwachstum und die unerwartet starke Erholung in China Auftrieb verleihen. Wir empfehlen ausserdem, das Engagement in Wachstumsaktien nach ihrer aussergewöhnlich guten Performance seit Jahresbeginn zu reduzieren.


Liquidität steuern, da die Zinsen den Höhepunkt erreichen: Zahlreiche Anleger haben in der Erwartung höherer Zinsen mehr Barmittel gehalten als normalerweise. Doch die Zinsen nähern sich nun einem Höchststand. Auch wenn der Übergang zu einer niedrigeren Inflation möglicherweise nicht reibungslos verläuft, sollten Anleger unseres Erachtens ausreichend investiert und diversifiziert bleiben (oder dies anstreben). Es ist empfehlenswert, sich zeitnah attraktive Renditen zu sichern, bevor die Märkte allmählich wesentlich niedrigere Zinsen eskomptieren. Ein unnötiger Schuldenabbau sollte überdies vermieden werden.