«Schon als Kind wollte ich etwas Eigenes»

Ein eigener Betrieb erfordert viel Herzblut, Engagement und Zeit. Aber es braucht mehr als das: Ein präziser Business- und Finanzplan bietet eine solide Basis für die Geschäftsübernahme.

Es war eine einmalige Chance und ein Glücksfall: Als Chantal Huber 2016 die Gelegenheit erhielt, einen Coiffeursalon zu übernehmen, erfüllte sich ein Kindheitstraum. Das Geschäft kannte sie bereits aus einer früheren Anstellung. Die damaligen Eigentümer gaben altershalber auf und suchten nach einem Nachfolger.

Der heute 32-Jährigen stellten sich folgende Fragen: Wie sollten die Aufbauarbeit der letzten 30 Jahre, die zentrale Lage und die langjährige Stammkundschaft bewertet werden? Wie würde sich der Wechsel auf den Umsatz, die Mitarbeiter- und die Kundenloyalität auswirken?

«Schon als Kind wollte ich etwas Eigenes»

Die entscheidenden Fragen

Um das Wagnis der Geschäftsübernahme abzuschätzen und vorzubereiten, war ein exakt ausgearbeiteter Business- und Finanzplan als Basis für alle weiteren Verhandlungen unabdingbar. Bei dessen Erstellung konnte die heutige Miracolo-Geschäftsführerin Chantal Huber Anfang 2016 auf Vorlagen von Banken und andere Publikationen zurückgreifen. Ihr Lebenspartner und Mitinhaber Simon Huber, der beruflich mit Projektfinanzierungen zu tun hat, gab dem Businessplan den letzten Schliff.

Folgende Überlegungen standen im Fokus: In welchem Preis- und Kundensegment wollen wir tätig sein? Was bieten die Mitbewerber an? Wie viel Umsatz müssen wir erwirtschaften, um Fixkosten wie Miete und Mitarbeiterlöhne abzudecken? Wie viel bleibt am Schluss übrig, um eventuelle Kredite zu amortisieren und Zinsen zu bezahlen?

Chantal Huber hat den Zürcher Coiffeursalon Miracolo 2016 von den Vorbesitzern übernommen.

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Investitionsbedarf in IT und Kommunikation: Chantal Huber erneuerte das Kassensystem, installierte eine elektronische Lagerhaltung, liess die Website neu aufsetzen und baute einen Auftritt in Social Media auf.

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Ausgebaut hat Miracolo auch die Dienstleistungspalette. Zu den neuen Angeboten zählen zum Beispiel Extensions, Keratin- und Kosmetikbehandlungen sowie Frisieren und Schminken für Events.

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Miracolo in guten Händen: Im vierten Jahr unter neuer Führung entwickelt sich das Coiffeurgeschäft so gut, dass ein zweiter Standort in Zürich angedacht ist.

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Von Vergangenem profitieren

Chantal Huber erhielt Einblick in die Unternehmenszahlen der letzten beiden Jahre – die Grundlage für das Base-Case-Szenario. So berechnete sie den Umsatz der damaligen Mitarbeiterinnen und eine Umsatzberechnung für das erste Geschäftsjahr und erarbeitete das Entlöhnungssystem. Auch die Übernahme der GmbH mit bestehendem Firmennamen musste sorgfältig eingefädelt werden.

Ein Pluspunkt war, dass sie die Inneneinrichtung ohne grosse Veränderungen übernehmen konnte. Investitionsbedarf ergab sich für die ergonomischen Stühle mit Massagefunktion, das Kassensystem, das Online-Booking-System, die elektronische Lagerhaltung und eine neu gestaltete Website sowie den Social-Media-Auftritt.

«Schon als Kind wollte ich etwas Eigenes»

Auch den Worst Case berücksichtigt

«Der Businessplan und eine professionelle Präsentation waren für das Gespräch mit den Banken und Freunden entscheidend», sagt Chantal Huber. Trotz positiver Rückmeldungen seitens der Banken in Bezug auf die Finanzierung gelang es ihr und Simon Huber schliesslich, die finanzielle Investition mithilfe von Freunden und Familie aus eigener Kraft zu stemmen. Weil man nicht alles planen und vorhersehen kann, beleuchtete das Unternehmerpaar auch Worst-Case-Szenarien wie zum Beispiel den Verlust mehrerer Mitarbeiterinnen gleichzeitig.

Businessplan ist aufgegangen

Im jetzigen vierten Jahr unter Chantal Huber entwickelt sich das Geschäft so stabil und erfolgreich, dass es Raum gibt, an einen zweiten Standort in Zürich zu denken. Aus der Übernahme ist ein Projekt mit langfristiger Perspektive geworden. Chantal Huber möchte alle Beschäftigten in der Coiffeurbranche motivieren, etwas mutiger zu sein: «Es gibt immer weniger junge Leute, insbesondere Frauen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Man soll sich etwas zutrauen – es ist eine Menge Arbeit, aber man bekommt viel Schönes zurück.»

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