Wer hats erfunden? Im Fall der elektrischen Gitarre war ein Schweizer zumindest daran beteiligt: Adolph Rickenbacher, geboren 1887 in Basel, gestorben 1976 in Los Angeles. Er konstruierte in den frühen 30er-Jahren zusammen mit dem Gitarristen George Beauchamp einen elektromagnetischen Tonabnehmer – getauft «Frying Pan» (Bratpfanne) – und schuf damit die erste elektrische Gitarre. Seine 1925 gegründete Rickenbacker Manufacturing Company stellt in Kalifornien noch heute E-Gitarren her.

Namhafte Kundschaft

Seit 2013 arbeitet Silvan Küng nun daran, die Schweiz selbst zu einem Hotspot der E-Gitarren-Produktion zu machen. Seine Firma in Sempach Station LU und die Gitarren heissen Relish – englisch für geniessen, auskosten, etwas mit wahrer Freude ausführen. Zur Kundschaft zählen inzwischen illustre Grössen der Musikszene, etwa Lionel Loueke, Gitarrist von Herbie Hancock.

Ganz andere Prioritäten

Als Silvan Küng vor sechs Jahren zusammen mit einem Kompagnon startete, hatte er keinen Kopf für Themen wie Vorsorge oder Steuern. «Ich verfolgte ganz andere Prioritäten», meint er lachend. So geht es den meisten Firmengründern. Die Folge? «Die Themen Steuern und Vorsorge sind anfänglich oft nicht im Fokus und werden gerne aufgeschoben», weiss Patrick Arnold, der als diplomierter Steuerexperte Schweizer KMU bei ihrer Vorsorge- und Steuerplanung berät. «Dabei ist es ratsam, sich mit diesen Fragen schon früh zu befassen. Denn Wissen schützt vor bösen Überraschungen.»

Rechtsform entscheidet über Vorsorge

Beispiel Vorsorge: Wer sich selbstständig macht und ein Einzelunternehmen, eine Kommandit- oder Kollektivgesellschaft gründet, kann das angesparte Vorsorgevermögen aus der zweiten und der gebundenen dritten Säule (3a) als Startkapital einsetzen. Bei einer Aktiengesellschaft oder GmbH geht das nicht. Arnold empfiehlt, das Altersguthaben für eine Firmengründung nur mit Bedacht anzuzapfen, – letztlich handelt es sich auch für die eigene Firma quasi um Risikokapital.

Relish startete 2013 als neu gegründete GmbH mit privat ersparten 20 000 Franken. Die Rechtsform GmbH bedeutet, dass der Inhaber vom eigenen Unternehmen angestellt wird und damit der obligatorischen beruflichen Vorsorge (BVG) unterliegt. Hätte Küng eine Einzelfirma gegründet, wäre er ein «Selbstständiger ohne Anschluss an eine Pensionskasse» und somit für seine eigene Vorsorge selbst verantwortlich. Er könnte jährlich bis zu 20 Prozent des Erwerbseinkommens, maximal aber 34 128 Franken (Stand: 2019) in die Säule 3a einzahlen und diesen Betrag dann vom steuerbaren Einkommen abziehen.

Im luzernischen Sempach ist ein internationaler Hotspot für innovative E-Gitarren entstanden. Relish Guitars werden in hundertprozentiger Handarbeit gefertigt.

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Hals und Kopfstück sind bei den E-Gitarren von Relish aus einem Stück, was sie entsprechend robust macht. Ein handfester Vorteil, denn auf den Rockbühnen müssen Instrumente bisweilen einiges aushalten …

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Innovatives Herzstück der Relish Guitars ist der Tonabnehmer. Der Clou: Er lässt sich dank Magnettechik innert zwei Sekunden austauschen. Bei konventionell gefertigten E-Gitarren dauert der Wechsel ganze 40 Minuten.

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Relish-Gründer Silvan Küng setzt einen Tonabnehmer ein. Warum eigentlich «Relish»? Das englische Wort für «geniessen» passe perfekt zu der Firma und ihren Instrumenten, meint Küng. «Wir lieben, was wir tun. Und wir lieben, was dabei herauskommt.»

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Nach Fertigstellung der Probelauf: Jede Gitarre wird vor der Auslieferung gründlich getestet und eingestimmt.

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Schlüsselmoment Swiss Economic Award

Inzwischen ist aus der Zweimann-GmbH Relish Guitars Switzerland die Aktiengesellschaft Relish Brothers mit acht Mitarbeitern geworden. In der Werkstatt in Sempach werden 35 Gitarren im Monat gefertigt. Nun soll das Angebot um ein Einsteigermodell ergänzt werden. Dass Küng es riskieren kann, verdankt er in erster Linie dem Umstand, dass er 2018 im Zuge der Nominierung für den Swiss Economic Award auf dem Radar von UBS auftauchte. Ein neuer Investor stieg ein – und sitzt inzwischen auch im Verwaltungsrat.


Die Vorsorge möglichst früh regeln und sich einen angemessenen Lohn aus- sowie einen Sparbetrag in die Pensionskasse einzahlen.
Silvan Küng

Achtung, Break-even!

«2020 oder 2021 erreichen wir den Break-even», schätzt Silvan Küng. Diesen Wandel zu vollziehen – vom Start-up zum KMU zu avancieren –, ist unternehmerisch zwar beglückend, steuerlich aber ernüchternd und kann den Finanzhaushalt gehörig durcheinanderbringen. Die meisten Kantone fördern Start-ups mittels Erhebung von Steuern für die Aktionäre auf den Substanzwert. Bezahlte Investorenpreise werden bei der Bewertung (noch) nicht berücksichtigt. Diese Behandlung endet, wenn regelmässige Gewinne erwirtschaftet werden. Ab dann dient der oftmals viel höhere Investorenwert als Steuergrundlage.

Ab dann fliessen Investorengelder in die Aktienbewertung mit ein und lösen eine Kettenreaktion aus: Die Vermögenssteuer schnellt in die Höhe, das Gehalt des Gründers reicht nicht mehr aus, um diese zu bezahlen, daher muss er mehr Lohn beziehen, gar Dividende, um die Steuern zu bezahlen. Das wiederum entzieht dem Unternehmen Kapital und führt auf der privaten Seite zu höheren Einkommenssteuern und so weiter.

Küng ahnt, dass einiges auf ihn zukommt. «Ich werde das alles mit UBS abklären – und handeln.» Experte Arnold pflichtet ihm bei: «Die Steuern werden an diesem Punkt des Unternehmerseins zur komplexen Sache, professionelle Beratung ist hier Gold wert.»

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