Auf dem Radar der institutionellen Anleger sind Longer Term Investments (LTI) bislang nicht aufgetaucht, obwohl sie schon 2014 eingeführt wurden. Das ist einerseits verständlich, wenn man bedenkt, dass LTI ursprünglich für die Kundinnen und Kunden des UBS Wealth Management konzipiert waren. Andererseits erstaunt es auch, denn bei näherer Betrachtung eignen sich LTI bestens als Satelliten für die meist passiven Core-Anlagen von Pensionskassen.

Was also sind LTI, was macht sie interessant für Pensionskassen, die ohnehin in sehr langen Zyklen denken? Und weshalb kann es sich für diese lohnen, in Satelliten zu investieren? All das und mehr beantworten Alexander Stiehler und Thomas Rennemann vom CIO Office des UBS Global Wealth Management im folgenden Interview.

Focus: Herr Stiehler, wie lange dauert «länger» für Sie?

Alexander Stiehler: «Länger» umfasst für uns einen kompletten Konjunkturzyklus, also rund sieben bis zehn Jahre.

Was genau sind LTI?

Stiehler: Vereinfacht ausgedrückt, handelt es sich bei LTI um Anlagen, die den Fokus auf drei globale Treiber, das heisst auf drei Megathemen unserer Zeit, richten.

Und wie lautet die etwas ausführlichere Definition?

Stiehler: LTI konzentrieren sich jeweils auf ein Thema, das durch einen oder mehrere der drei fundamentalen Treiber – Urbanisierung in Schwellenländern, Bevölkerungswachstum sowie Altersstruktur – beeinflusst wird. Daraus resultiert eine breite Palette an Investitionsmöglichkeiten. Die Veränderung der Altersstruktur tangiert nicht nur den Gesundheitsbereich, sondern auch Aspekte wie Automatisierung und Robotik, um den zunehmenden Fachkräftemangel durch effizientere Produktion zu kompensieren. Wir gehen davon aus, dass unsere Themen über einen kompletten Konjunkturzyklus hinweg ein überdurchschnittliches Gewinnwachstum erzielen.

Thomas Rennemann: Wir setzen LTI häufig mit Fonds um, die in diese drei wachstumsträchtigen und klar abgrenzbaren Themen investieren.

Können Sie ein solches LTI-Thema an einem Beispiel erklären?

Rennemann: Nehmen wir den Klimawandel. Er wird einen starken Einfluss auf die Trinkwasserversorgung insbesondere in den Schwellenländern haben. Der Themenfonds Water Scarcity etwa basiert auf zwei unserer drei Treiber: Bevölkerungswachstum sowie Urbanisierung in Schwellenländern. Er investiert in Unternehmen, die Infrastrukturen für eine sichere Trinkwasserversorgung entwickeln. Hierzu zählen unter anderem energieeffiziente Entsalzungsanlagen, Pumpen, Rohre, Wasserqualitätsanalyse, Filter, Nutzung von Meteorwasser, Baumaschinen, Trinkwassergewinnung aus Abwasser sowie neue Technologien für wasserintensive Prozesse und Industrien.

Über die Experten

Kann man LTI somit als Nischeninvestitionen bezeichnen?

Rennemann: Ja – sofern Sie die weltweite Trinkwasserversorgung als Nische betrachten. Diese Nische ist allerdings recht gross … Zudem enthält Water Scarcity vorwiegend Mid Caps mit Potenzial. Die Portfoliomanager der von uns empfohlenen Themenfonds verfolgen ihre Märkte seit Jahren und wissen, welche Unternehmen längerfristig interessant sind. Die Fähigkeit, solche Opportunitäten zu eruieren, erfordert eine profunde Marktkenntnis, die sich nicht von heute auf morgen aneignen lässt.

Erhöht die schmalere Diversifizierung nicht das Risiko?

Rennemann: Nicht unbedingt. Sie können davon ausgehen, dass unsere drei Megathemen längerfristig zu Wachstum führen werden. Zudem bieten Themenfonds breitere Anlagemöglichkeiten als Sektorenfonds. Ein wesentlicher Aspekt in diesem Zusammenhang ist die «Themenreinheit»: Die Portfoliomanager suchen Unternehmen, deren Kerngeschäft das Thema des Fonds adäquat abbildet. Das betrifft in der Regel Mid Caps, denn grosse Unternehmen sind meistens breiter diversifiziert und nicht mehr so «themenrein». Deshalb kommen automatisch mehr Mid Caps zum Zug. Das fördert eine gewisse Diversifizierung – unsere Anleger können vom Trend profitieren und aktienspezifische Risiken entsprechend reduzieren. Zur Stabilisierung des Portfolios halten die LTI-Fonds aber natürlich auch Aktien grosser Unternehmen, die zum Thema passen.

Stiehler: Unser Spielfeld ist zudem nicht nur durch unsere drei Treiber definiert. Hinzu kommen noch drei disruptive Faktoren, nämlich technologischer Fortschritt, Ressourcenknappheit und gesellschaftliche Veränderung. Um beim Beispiel Water Scarcity zu bleiben: Es entsteht eine Wechselwirkung zwischen den thematischen Treibern – Urbanisierung, Bevölkerungswachstum – und den disruptiven Faktoren Ressourcenknappheit und technologischer Wandel. Das eröffnet vielfältige Anlagemöglichkeiten vom defensiv denkenden Wasserversorger bis zum innovativen Hightech-Industrieunternehmen.

Longer Term Investment Themen

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Bedeutet längerfristig auch nachhaltig?

Stiehler: 19 unserer 27 LTI-Anlagethemen qualifizieren sich für nachhaltige Anlagen. Sie adressieren ESG-Themen und orientieren sich an mindestens einem UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung.

Wie steht es um die Performance der LTI-Fonds?

Rennemann: 2014 starteten wir mit einer Handvoll Fonds für Anlagen in LTI wie Water Scarcity, Golden Age oder Clean Energy. Über einen Konjunkturzyklus hinweg haben diese Fonds netto/netto mehr Rendite erzielt als die Benchmark. Je nach Fonds und Benchmark beträgt die durchschnittliche jährliche Überperformance 150 bis 700 Basispunkte.

Was macht LTI für Pensionskassen interessant?

Rennemann: Die meisten institutionellen Anleger investieren hauptsächlich in passive Indexfonds. Bei einer Core--Satellite-Strategie bilden diese passiven Anlagen den Kern, während die LTI-Anlagen sich hervorragend als Satelliten eignen, um längerfristig eine Extraperformance zu erzielen.

Auf welchen Überlegungen basiert diese Einschätzung?

Rennemann: Erstens auf der langfristigen Überperformance im Vergleich zu den passiven Indexfonds. Zweitens enthalten viele LTI vorwiegend Mid Caps, was das Portfolio zusätzlich diversifiziert, denn traditionelle marktkapitalisierte Indexfonds bestehen überwiegend aus Large Caps – viele Investoren suchen deshalb auch Exposure bei Mid Caps. Drittens verfügen die LTI-Portfoliomanager über fundiertes Spezialwissen. So lässt sich besonders hinsichtlich des langen Anlagehorizonts von Pensionskassen ein deutlicher Mehrwert schaffen.

Stiehler: In strukturelle Trends investieren zu können, wird für langfristig orientierte Anleger ausschlaggebend sein. Ich bin überzeugt, dass die LTI eine sehr gute Grundlage dafür bieten – gerade für Investments mit dem Zeithorizont von Vorsorgeeinrichtungen.

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