Inflation und Arbeitslosenquote der USA vor dem jährlichen Symposium in Jackson Hole Quelle: Bloomberg, UBS, per August 2023

Als der Vorsitzende der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, im letzten Jahr seine Rede beim Symposium in Jackson Hole hielt, lag der Gesamtwert der US-Konsumentenpreisinflation auf 8,5% zum Vorjahr, der Kern-PCE befand sich auf 4,7% zum Vorjahr und die Obergrenze der Fed Funds Rate belief sich auf 2,5%. Ein Jahr später scheint der schlimmste Preisdruck überstanden, da die Gesamtinflation auf 3,2% und der Kern-PCE auf 4,1% zum Vorjahr nachgegeben haben. Gleichzeitig liegt die Obergrenze der Fed Funds Rate nun auf 5,5%.


Doch obwohl der Preisdruck geringer ist, bleibt die Kerninflation hartnäckig und die US-Konjunktur zeigt sich widerstandsfähig, obwohl die Fed ihren schnellsten Zinserhöhungszyklus seit den Achtzigerjahren durchgeführt hat.


Der Kern-PCE liegt gegenwärtig rund 200 Basispunkte (Bp.) über dem Zielwert der Fed von 2%. Im Hinblick auf die Wirtschaftstätigkeit liefern die jüngsten eintreffenden Konjunkturdaten uneinheitliche Signale, doch insgesamt bleibt die Wirtschaft robust. Die Vorabschätzung des Einkaufsmanagerindex (PMI) von S&P Global für die Industrie gab im August von 49 auf 47 nach und lag damit deutlich unter der Konsensprognose von 49,3. Auch die US-Dienstleistungen blieben hinter den Erwartungen zurück. Das GDPnow-Modell der Atlanta Fed deutet aber auf ein robustes annualisiertes Wachstum von 5,9% im 3. Quartal hin. Noch bedeutender ist die Tatsache, dass der Arbeitsmarkt stabil bleibt, was an den Anträgen auf Arbeitslosenunterstützung zu erkennen ist. In der Woche zum 19. August waren sie die zweite Woche in Folge rückläufig.


Unseres Erachtens lässt dies vermuten, dass die Fed in den kommenden Monaten einen fortgesetzt datenabhängigen Ansatz verfolgen wird. Es verbleibt das Risiko einer weiteren Straffung, falls die US-Konjunkturdaten erneut die Erwartungen übertreffen.


Untermauert wird diese Einschätzung durch Kommentare der Präsidentin der Boston Fed, Susan Collins, vom Donnerstag. Sie zeigte sich «überrascht» über die Robustheit der Wirtschaft trotz der monatelang hohen Fremdkapitalkosten. Darüber hinaus hob sie hervor, dass die Fed möglicherweise ein Zinsniveau erreicht hat, das eine gewisse Zeit beibehalten wird. Doch weitere Zinserhöhungen schloss sie ebenfalls nicht vollständig aus. Aufgrund der robusten Wirtschaft warnte sie davor, dass «unter Umständen mehr zu tun ist».


Angesichts der aktuellen Verfassung der US-Wirtschaft bleibt unser Basisszenario eine «eher sanfte» Landung, bei der sich die Inflation dem Zielwert der Fed annähert, ohne dass es in diesem Jahr zu einer Rezession kommt. Allerdings ist dieses Basisszenario kein reines «Goldilocks»-Szenario, weil die Kerninflation noch immer hoch ist und die Arbeitslosenquote mit 3,5% in der Nähe eines 50-jährigen Tiefstands liegt.


Wir erwarten, dass die Fed die Zinsen noch wenigstens bis zum Jahresende auf einem hohen Niveau halten dürfte. Deshalb gehen wir davon aus, dass sich das US-Wirtschaftswachstum auf ein Niveau unter dem Trend verlangsamen wird. Die höheren Zinsen mögen geringere Auswirkungen auf die Wirtschaft haben, als wir angenommen hatten, doch das heisst nicht, dass sie gar keine Auswirkungen haben.


Die Prognosen der Fed deuten an, dass die politischen Entscheidungsträger erst für das nächste Jahr von Zinssenkungen ausgehen, wenn sich die Inflation ihrem 2%-Ziel weiter genähert hat. Doch selbst dann wird die Fed unseres Erachtens den Leitzins im Jahr 2024 nicht um mehr als 100 Bp. senken. Unsere Einschätzung der Leitzinsen deckt sich auch mit den Bewertungen am Futures-Markt, der die erste Zinssenkung erst im Mai 2024 andeutet und insgesamt für das Jahr 2024 von Zinssenkungen im Umfang von 100 Bp. ausgeht.


Vor diesem Hintergrund geben wir Anlegerinnen und Anlegern folgende Ratschläge:


Auf Nachzügler unter den Aktien achten: Unsere Gesamtprognose für globale Aktien ist ausgewogen. Die Bewertungen sind hoch, aber die Konjunkturdaten der Industrieländer fallen besser aus als erwartet und die künstliche Intelligenz bietet Grund für langfristigen Optimismus. Da die Gewinne an den Aktienmärkten in diesem Jahr relativ konzentriert sind, erkennen wir Gelegenheiten bei Aktien, Märkten und Sektoren, die zurückgeblieben sind. Bei US-Aktien bevorzugen wir gleichgewichtete Indizes gegenüber jenen, die nach Marktkapitalisierung gewichtet sind. Aus regionaler Sicht gefallen uns Aktien aus Schwellenländern, insbesondere aus Indien. Im Hinblick auf den Anlagestil geben wir Substanzwerten weiterhin den Vorzug gegenüber Wachstumstiteln.


In hochwertige Anleihen und diversifizierte Erträge investieren. Überraschend robuste Konjunkturdaten haben den Renditen von Anleihen Auftrieb verliehen. Dies bietet Anlegern eine gute Gelegenheit, sich die aktuell erhöhten Zinsen über einen längeren Zeitraum zu sichern. Bei Anleihen gefallen uns Anlagemöglichkeiten mit einer Duration von fünf bis zehn Jahren bei erstklassigen (Staats-), Investment-Grade- (einschliesslich ausgewählter nicht nachrangiger Verpflichtungen aus dem Finanzsektor) und nachhaltigen Anleihen. Ein Engagement in aktiv verwalteten Ertragsstrategien und Renditen generierenden strukturierten Anlagen kann Anlegern helfen, die ganze Bandbreite der Möglichkeiten zu nutzen.


Für eine Schwäche des US-Dollar positionieren. Der US-Dollar hat in den vergangenen Wochen wieder etwas Boden gutgemacht. Wir erkennen jedoch nur ein begrenztes weiteres Aufwärtspotenzial, denn die Bewertungen sind hoch und die Fed nähert sich dem Höhepunkt der Zinsen. Anleger mit überschüssigen Positionen im US-Dollar sollten daher den Verkauf des Aufwärtspotenzials der Währung zugunsten einer Rendite in Erwägung ziehen. Wir bevorzugen den Euro.