Viele Anlegerinnen und Anleger sehen ein einfaches Portfolio aus US-Aktien und -Anleihen als ihre Vergleichsbasis an. In Wahrheit muss Diversifikation jedoch umfassender betrachtet werden, um von ihren Vorzügen zu profitieren. (UBS)

Im Jahr 2022 erlitten zwar sowohl Aktien als auch Anleihen Verluste, doch das bedeutet nicht, dass Diversifikation nicht gewirkt hat. Sie half, die Erträge von Anleihen- und Aktienportfolios zu verbessern – und alternative Anlagen boten den Anlegerinnen und Anlegern, die diese hielten, Diversifikationsvorteile, die etwaige Verluste minderten.


Viele Anlegerinnen und Anleger sehen ein einfaches Portfolio aus US-Aktien und -Anleihen als ihre Vergleichsbasis an. In Wahrheit muss Diversifikation jedoch umfassender betrachtet werden, um von ihren Vorzügen zu profitieren. Anfang 2022 waren die Portfolios vieler Anleger in Bereichen, die sich in den letzten Jahren unterdurchschnittlich entwickelt hatten (Rohstoffe, Hedge Funds, Substanztitel, internationale Aktien), unterinvestiert und in anderen Marktsegmenten übergewichtet, die sich lange Zeit überdurchschnittlich entwickelt hatten.


US-Wachstumswerte hatten vom langjährigen Abwärtstrend der Zinsen profitiert und waren deshalb anfällig, als sich dieser Trend umkehrte. Im Jahr 2022 erzielten hochkapitalisierte US-Substanztitel, die stark auf den Energie- und Finanzsektor ausgerichtet sind, sehr gute Erträge, sodass die Anleger im Umfeld der steigenden Zinsen den S&P 500 deutlich übertrafen.


Um die Diversifikation zu wahren, müssen die Anleger darauf achten, das strategische Gleichgewicht zwischen Wachstums- und Substanzwerten beizubehalten. Dies umfasst auch eine solide Allokation an internationalen Märkten, um die recht starke Aktien- und Sektorkonzentration im S&P 500 auszugleichen. Es ist noch nicht zu spät für diese Veränderungen – die jahrelange Outperformance von Wachstumswerten wird durch die wenigen Monate, in denen sich Substanztitel überdurchschnittlich entwickelten, nicht völlig aufgehoben.


Barmittel konnten 2022 zur Wertsteigerung beitragen, indem sie einfach die Kaufkraft besser sicherten als andere Teile des Portfolios. Seit der globalen Finanzkrise haben sie jedoch mehr Kaufkraft eingebüsst als in jeder anderen Phase der neueren Geschichte und werden auch in nächster Zeit keine gute langfristige Anlage sein – vor allem, wenn die kurzfristigen Zinsen unter der Inflationsrate bleiben. Anleger können noch stärker von der Diversifikation profitieren und die erwarteten Erträge steigern, wenn sie überschüssige Barmittel investieren, die sie nicht zur Deckung kurz- und mittelfristiger Ausgaben benötigen.


In den letzten 40 Jahren kamen sinkende Renditen Anleihen mit mittlerer bis langer Laufzeit zugute. Da sich die Zinsen nach Covid-19 unweit ihrer Allzeittiefs befinden, sind die Anleger weltweit auf «Renditejagd» und einige setzen dabei stark auf Hochzinsanleihen. Im Jahr 2022 belasteten die steigenden Zinsen zahlreiche renditeorientierte Strategien und US-Treasuries mit langen Laufzeiten erlitten grössere Verluste als Aktien. In Anleihen mit kurzer Duration und in Senior Loans zu diversifizieren half, die Verluste abzumildern.


Die Aussichten für Anleihen haben sich zweifellos gebessert. Die Durationsrisiken, die in dem Jahr für schwache Erträge von Anleihen sorgten, sind an den Märkten nun eskomptiert. Die Zinsen liegen mittlerweile über 4% und die US-Notenbank (Fed) nähert sich ihrem endgültigen Zinssatz. Anleihen bieten daher nun eine viel bessere Ausgangsrendite und ein grösseres Polster, um Verluste aufzufangen. Dies macht sie in nächster Zeit zu einem attraktiveren Diversifikator – insbesondere, wenn die Position so lange gehalten wird, bis die Märkte beginnen, eine Kehrtwende der Fed vorwegzunehmen, die im Jahr 2023 wahrscheinlich eintreten dürfte.


Rohstoffe bleiben eine relativ schlechte langfristige Anlage, erwiesen sich 2022 aber als wertvolle taktische Anlageklasse. Aus taktischer Sicht stuften wir Rohstoffe im Jahr 2022 die meiste Zeit mit «Most Preferred» ein, da die Anleger durch die steigenden Preise die Verluste an den Aktien- und Anleihenmärkten teilweise kompensieren konnten. Aufgrund der Angebots- und Nachfragedynamik beurteilen wir Rohöl weiterhin mit «Most Preferred» und geben auch US-Energieaktien weiter den Vorzug – in beiden Fällen kann eine Allokation in diesen Anlageklassen Anlegern helfen, sich gegen das Risiko abzusichern, dass der Inflationsdruck länger anhält als erwartet.


Fazit: Diversifikation wirkt weiterhin
Diversifizierte Portfolios sind insofern vorteilhaft, als sie sich durch Widerstandsfähigkeit und Robustheit auszeichnen, in der Regel höhere risikobereinigte Erträge bieten, weniger Verlustrisiken bergen und Portfoliomanagementstrategien wie Neugewichtungen und die Realisierung von Steuerverlusten zur Wertsteigerung nutzen können. Kurzum, Diversifikation trägt dazu bei, dass der Faktor «Glück» weniger Einfluss auf das Anlageergebnis hat, weil eine breitere Vielfalt an treibenden Faktoren genutzt wird.


Zur Wahrung einer guten Portfoliodiversifikation sollten Anlageklassen gehalten – und sogar aufgestockt – werden, die sich in den letzten Jahren unterdurchschnittlich entwickelt haben. Dies bringt uns letztlich zu einem Punkt, den Sie mit Ihrem Finanzberater erörtern und künftig bei einem Rückblick auf die Performance bedenken sollten: Wenn Ihr Portfolio irgendetwas enthält, das Sie nicht mögen, dann ist das ein guter Hinweis, dass Sie diversifiziert sind. Genauso gut kann man sagen: Wenn alles gleichzeitig gut funktioniert, kann es sein, dass in einem anderen Umfeld alles in Ihrem Portfolio gleichzeitig nicht mehr gut funktioniert.


Wesentliche Beiträge von: Daniel J. Scansaroli, Justin Waring und Calum Leonard


Inhalte erstellt vom UBS Chief Investment Office.