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Der S&P 500 fiel um 2,5%, da die führenden Zentralbanken die Geldpolitik weiter strafften und andeuteten, dass noch mehr getan werden müsse, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Die Europäische Zentralbank (EZB), die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Bank of England (BoE) hoben ihre Leitzinsen am Donnerstag um jeweils 50 Basispunkte (Bp.) an, nachdem die US-Notenbank am Mittwoch einen Schritt in gleicher Grössenordnung beschlossen hatte. Die Zinserhöhungen wurden zwar erwartet. Doch die begleitenden restriktiven Stellungnahmen der Zentralbankvertreter machten die Anlegerinnen und Anleger nervös.


EZB-Präsidentin Christine Lagarde erklärte, die Zinsen müssten «noch erheblich steigen, und zwar in einem zügigen Tempo» und fügte hinzu, dass bei jeder der nächsten drei Sitzungen weitere Zinserhöhungen um 50 Bp. möglich seien. Die Futures-Märkte nahmen daraufhin einen Zinshöhepunkt bei etwas über 3% vorweg, nachdem sie vor der Sitzung noch von 2,75% ausgegangen waren. In ähnlicher Weise wies der SNB-Vorsitzende Thomas Jordan darauf hin, dass es noch zu früh sei, um im Hinblick auf die hohe Inflation «bereits Entwarnung zu geben» und weitere Zinserhöhungen «nicht ausgeschlossen werden können». Die BoE warnte ebenfalls, dass es nötig werden könnte, die Zinssätze in den kommenden Monaten weiter anzuheben.


Diese Kommentare verstärkten die Botschaft des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell, der am Mittwoch erklärt hatte, die Zentralbank hätte immer noch «einiges zu tun». Während die Entscheidung der Fed am Mittwoch nur eine moderate Marktreaktion ausgelöst hatte und der S&P 500 um 0,7% nachgab, wurde die Zuversicht der Märkte durch den kumulierten Effekt der verschiedenen Zentralbankkommentare am Donnerstag gründlicher erschüttert. Der Euro Stoxx fiel um 3,5%, der Schweizer SMI um 2,5% und selbst der defensivere britische FTSE 100 gab um 0,9% nach. Die Risikoaversion wurde auch durch eine Ausweitung der Renditeunterschiede zwischen den sichersten und risikoreicheren Staatsanleihen der Eurozone betont. Die Renditedifferenz zwischen 10-jährigen deutschen Bundesanleihen und italienischen Staatsanleihen weitete sich aus, nachdem die EZB Pläne angekündigt hatte, fällig werdende Anleihen nicht mehr zu ersetzen und dadurch Liquidität abzuschöpfen.


Die US-Konjunkturdaten verstärkten die Besorgnis der Anleger. Der Rückgang der Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung in der letzten Woche unterstrich die Besorgnis der Fed, dass die Arbeitskräftenachfrage weiterhin grösser sein könnte als das Angebot. Die Einzelhandelsumsätze gingen unterdessen im November im Vergleich zum Vormonat um 0,6% zurück. Dies war der grösste Rückgang seit elf Monaten und verdeutlichte, dass die Budgets der Konsumenten trotz des angespannten Arbeitsmarktes unter Druck stehen.


Was erwarten wir?

Wir rechnen mit Wendepunkten bei der Inflation, der Geldpolitik und beim Wachstum im Jahr 2023. Doch unserer Meinung nach sind die fundamentalen Voraussetzungen für einen nachhaltigen Aufwärtstrend noch nicht gegeben und die Märkte haben zu weit vorgegriffen, als sie freundlichere Aussichten eskomptierten. Die jüngsten Stellungnahmen und Prognosen der Zentralbanken untermauern diese Ansicht.


Der US-Offenmarktausschuss machte am Mittwoch klare Andeutungen, dass er seine Aufgabe noch nicht erfüllt habe, die Preisstabilität wiederherzustellen. Aus dem «Dot Plot» ging ein starker Konsens unter den geldpolitischen Entscheidungsträgern hervor, dass die Leitzinsen mindestens um weitere 50 Bp. angehoben werden müssen – 17 der 19 Ausschussmitglieder prognostizierten den Zinshöhepunkt über 5%.


Obwohl die jüngsten Inflationszahlen – wie zum Beispiel der früher in dieser Woche veröffentlichte Konsumentenpreisindex für den November – recht ermutigend waren, betonte die Fed, dass die Preise für Dienstleistungen nach wie vor Sorge bereiten, da sie durch das starke Lohnwachstum in die Höhe getrieben würden. Powell erklärte, in den USA herrsche offenbar ein struktureller Arbeitskräftemangel. Das heisst, dass das Lohnwachstum vermutlich selbst dann nicht sinken wird, wenn mehr Menschen an den Arbeitsmarkt zurückkehren. Diese Ansicht wurde durch die jüngsten Arbeitsmarktdaten unterstützt. Demnach ist die Erwerbsquote im November im dritten Monat in Folge zurückgegangen. Die durchschnittlichen Stundenlöhne stiegen im November ebenfalls um 0,6% und die Daten für den Oktober wurden auf 0,5% nach oben korrigiert.


Die Kommentare einer Reihe von massgeblichen geldpolitischen Entscheidungsträgern deuten darauf hin, dass andere Zentralbanken ebenfalls der Ansicht sind, dass eine weitere Straffung nötig sei. Der S&P 500 notiert derzeit um rund 8,9% über seinem Tiefstwert des Jahres 2022, auf den er Mitte Oktober gefallen war. Bei diesem Niveau ist die Belastung des Wachstums durch die bisherigen Straffungen unseres Erachtens nicht ausreichend berücksichtigt. Die Konjunkturverlangsamung wird sich auch auf die Gewinne der Unternehmen im S&P 500 auswirken, die nach unseren Schätzungen im Jahr 2023 um 4% sinken dürften. Die Bottom-up-Konsenserwartungen richten sich derzeit auf ein Gewinnwachstum von 5%. Dies könnte zu optimistisch sein.


Wie investieren wir?

Bei der jüngsten Erholung der Aktienkurse stieg der S&P 500 um bis zu 14% über den Tiefstwert des Jahres 2022 von Mitte Oktober und unserer Meinung nach besteht die Gefahr eines weiteren Rückgangs. Wir ziehen es jedoch vor, die Abwärtsrisiken durch Optionen abzusichern, statt unsere Aktienallokationen zu reduzieren.


Ausserdem bevorzugen wir bei der Anhebung von Engagements nach wie vor defensivere Anlagen. Im Aktienbereich favorisieren wir das Gesundheitswesen und Basiskonsumgüter – Sektoren, die weniger anfällig gegenüber einer Konjunkturverlangsamung sind. Aus regionaler Sicht gefallen uns die günstigeren und stärker auf Substanzwerte ausgerichteten Aktienmärkte Grossbritanniens und Australiens im Vergleich zum US-Aktienmarkt, der einen höheren Anteil an Technologie- und Wachstumstiteln aufweist und ausserdem teurer bewertet ist.


Bei Anleihen bieten erstklassige und Investment-Grade-Anleihen attraktive Renditen und eine gewisse Absicherung gegenüber Rezessionsrisiken. Zudem ist die Fed im Straffungszyklus bereits weiter vorangekommen als die EZB und die quantitative Straffung ist in den USA bereits vor einiger Zeit angelaufen. Daher rechnen wir mit einer Outperformance von 10-jährigen US-Treasuries gegenüber 10-jährigen französischen OATs.


Ergänzend dazu empfehlen wir, Engagements in Hedge-Fund-Strategien mit geringerer Korrelation in Betracht zu ziehen, zum Beispiel Macro-Strategien, die gut aufgestellt sein könnten, um sich an volatilen Märkten zu bewähren.