Der geopolitische Druck übte seine eigene Wirkung auf die breiteren Rohstoffmärkte aus und erhöhte Preisschwankungen sowie Verzerrungen. Das Extremrisiko einer von der Geopolitik verursachten Wachstumsbelastung der Weltwirtschaft kann zwar nicht ausgeschlossen werden. Doch unseres Erachtens dürften die Preise der Anlageklasse in den meisten Szenarien unterstützt bleiben. Wir halten an unserer zuversichtlichen Einschätzung von Gold, Öl und Basismetallen fest. Sie alle dürften über die aktuelle Zunahme des geopolitischen Drucks hinaus unterstützt bleiben.
Eskalationen im Nahen Osten helfen Gold dabei, dem Anstieg der Treasury-Renditen standzuhalten
Zufluchtskäufe angesichts des Aufflammens der geopolitischen Spannungen verstärkten die Aufwärtsdynamik von Gold. Dadurch ist der Goldpreis in diesem Jahr um 15% gestiegen und erreichte trotz des starken US-Dollar, der höheren Renditen von US-Treasuries und der verhalteneren Erwartungen an Zinssenkungen der US-Notenbank Fed ein Allzeithoch.
Zentralbanken sowie Anlegerinnen und Anleger in Asien waren bedeutende Käufer. Sie wurden zum Teil durch die Sanktionierung USD-basierter Vermögenswerte, die Furcht vor einer Abwertung des chinesischen Yuan und erneute Inflationsrisiken zu diesen Käufen ermutigt. Solche Käufer sind weniger preissensitiv und wir erwarten, dass sie auch in den kommenden Monaten Gold ansammeln werden. ETF-Anleger waren an dieser Rally nicht beteiligt: Die ETF-Bestände sind auf ein 4-Jahrestief gesunken. Unserer Meinung nach dürfte sich dieser Trend umkehren, sobald die Fed später in diesem Jahr mit Zinssenkungen beginnt, da ETF-Käufer eher im Einklang mit Zinsanpassungen handeln.
Bis zum Jahresende 2024 prognostizieren wir einen Goldpreis nahe bei USD 2500 je Feinunze. Da die Volatilität zunimmt, könnten einige Anleger auch strukturierte Strategien in Betracht ziehen, um Gold zu Preisen unter dem von uns in sechs Monaten prognostizierten Stand zu kaufen. Goldminenaktien sind eine andere Möglichkeit, diese Einschätzung umzusetzen. Sie sind allerdings eher taktische Anlagen und eignen sich nicht zur Portfolioabsicherung. Anleger können auch ein gewisses Engagement in Silber erwägen. Silber ist in der Erwartung einer höheren Aktivität im Fertigungssektor nicht so stark gestiegen wie Gold.
Risiken im Israel-Iran-Konflikt halten den Ölpreis nahe am 5-Monatshoch.
In Erwartung der Reaktion des Iran auf einen israelischen Angriff auf ein Botschaftsareal in der syrischen Hauptstadt stieg der Preis für Brent-Rohöl am 12. April auf USD 92.18 je Barrel. Der anschliessende Drohnen- und Raketenangriff des Iran auf Israel, der erste direkte Konflikt, wurde jedoch weitgehend abgefangen und hat bisher keine Reaktion Israels ausgelöst. Im Augenblick scheinen sich die beteiligten Parteien darum zu bemühen, die Spannungen einzudämmen und eine grössere direkte Konfrontation zu vermeiden. Daher halten wir an unserem Basisszenario fest, in dem sich die kühleren Köpfe durchsetzen. Dennoch dürfte es auch in den kommenden Monaten zu Angriffen und Kämpfen zwischen Israel und vom Iran unterstützten Gruppen kommen.
Kohlenwasserstoffe, darunter auch Rohöl, bleiben der wichtigste Übertragungskanal des Israel-Irak-Konflikts auf die globalen Märkte. Die Risiken umfassen eine Störung der Öltransporte durch die Strasse von Hormus oder Angriffe auf Ölanlagen in der Region. Im negativen Risikoszenario würden die Energiepreise wahrscheinlich in die Höhe schiessen. Je nach der Dauer und dem Ausmass der Versorgungsstörungen könnte der Ölpreis eine ganze Weile hoch bleiben. Dies würde wiederum ein Risiko für das Wachstum der Weltwirtschaft darstellen und dafür sorgen, dass die Inflation erhöht bleibt – ein negativer Mix für die Finanzmärkte.
Das immer noch beschränkte Angebot und unsere Prognose eines höheren Nachfragewachstums in den Jahren 2024 (1,5 Mio. Barrel pro Tag) und 2025 (1,3 Mio. Barrel pro Tag) dürften dafür sorgen, dass der Ölmarkt unterversorgt bleibt. Wir bleiben bei unserer zuversichtlichen Einschätzung von Öl und schlagen Anlegern vor, Long-Positionen in Brent-Rohöl zur Absicherung gegen eine weitere Eskalation in Betracht zu ziehen. Ungeachtet der geopolitischen Risikoprämie sind wir der Ansicht, dass sich der Brent-Preis in der oberen Hälfte unserer prognostizierten Handelsspanne von USD 85 bis 95 je Barrel bewegen dürfte. Anlegern mit einer hohen Risikotoleranz empfehlen wir noch immer, das Abwärtsrisiko des Brent-Preises zu verkaufen oder Engagements in längerfristigen Brent-Ölkontrakten aufzubauen.
Die Basismetallpreise steigen nach den von den USA initiierten Sanktionen gegen russische Metalle.
Die USA und Grossbritannien haben wichtigen Metallbörsen wie der LME und der CME verboten, neue in Russland produzierte Metalle in ihre Handelssysteme aufzunehmen. Die neuen Vorschriften gelten nicht für die russische Produktion vor dem 13. April und schliessen den bilateralen ausserbörslichen Handel zwischen einzelnen Unternehmen nicht aus. Nach der Bekanntgabe schnellte der Aluminiumpreis auf ein 22-Monatshoch und Nickel stieg auf ein 7-Monatshoch, was die zentrale Rolle Russlands als Produzent verdeutlichte.
Abgesehen von diesem jüngsten geopolitischen Schub befanden sich die Industriemetallpreise aufgrund der knapperen Angebotslage bereits seit Mitte Februar im Aufwärtstrend. Dieser Treiber sollte zwar nicht überschätzt werden. Dennoch sind wir der Ansicht, dass das fundamentale Bild nach wie vor für künftig höhere Metallpreise spricht. Die beschränkte Minenproduktion dürfte insbesondere das Angebot an raffiniertem Kupfer begrenzen. Auch die Märkte für Aluminium und Zink dürften sich nahe am Defizit befinden.
Auf der Nachfrageseite rechnen wir mit einer Belebung der Aktivität im Fertigungssektor im 2. Halbjahr, die den Basismetallverbrauch in die Höhe treiben dürfte. Obwohl die Zeitplanung für Zinssenkungen in den USA leicht nach hinten verschoben werden könnte, hat die Reduzierung der Leitzinsen weltweit bereits begonnen. Dies könnte zur Stärkung der Industrietätigkeit gegen Ende des Jahres und im Jahr 2025 beitragen. Die Renditeaussichten für den Basismetallsektor sind unseres Erachtens nach wie vor attraktiv. Wir erkennen Spielraum für hohe einstellige Zuwächse an den Spotmärkten und eine Volatilität im mittleren Zehnerbereich.